In Como legten Angela Magdici (32) und Hassan Kiko (27) einen kurzen Stopp ein, dann ging es weiter nach Romano di Lombardia, einer Kleinstadt in der norditalienischen Provinz Bergamo. Dort versteckten sich die Gefängniswärterin und der syrische Sträfling in einer Wohnung eines Hochhauses. Paolo Storoni, Polizeikommandant bei der italienischen Sondereinheit ROS, sagt: «Die beiden haben ihr Versteck schlau ausgewählt.»
Das Hochhaus, das höchste Gebäude der Stadt, «il Grattacielo» genannt, hat neun Stöcke und 36 Wohnungen. Vor allem Ausländer mit arabischen und osteuropäischen Wurzeln wohnen hier. Es sei einfach, an eine Wohnung zu kommen, weil sie allermeistens schwarz untervermietet würden, so Storoni.
Die Wohnung, wo sich das Liebespaar eingenistet hatte, gehört laut dem Polizeikommandanten einem Rumänen. «Er wusste jedoch nicht, um wen es sich bei den beiden Flüchtenden handelt. Wir haben ihn deshalb nicht verhaftet.»
Unter den vielen ausländischen Bewohnern und in dem grossen, unübersichtlichen Haus gelang es Magdici und Kiko, sechs Wochen lang unentdeckt zu bleiben. Die italienische Polizei kann das Paar von Gesetzes wegen nicht verhören.
Darum kann Storoni darüber, warum sich Magdici und Kiko gerade die Stadt Romano di Lombardia als Ort ihres Verstecks ausgesucht hat, nur mutmassen. Er sagt: «Es ist wahrscheinlich, dass Angela M. den Ort schon vorher gekannt hat. Über ihre Familie, Freunde oder über Bekannte.»
Trotz des guten Verstecks: Die Polizei fand sie schliesslich doch. Ausschlaggebend sei ein Hinweis der Schweizer Kollegen gewesen, sagt Storoni. Am Freitagmorgen um drei Uhr klopften die Carabinieri zuerst an die Haustür. «Das Paar öffnete nicht, doch aufgrund von Geräuschen hörten wir, dass jemand in der Wohnung war. Daraufhin stürmten wir.» Angela Magdici habe sich bei ihrer Verhaftung heftig gewehrt. «Mit Karate-Fusstritten hat sie nach den Polizisten getreten. Sie musste von vier Männern überwältigt werden.»
Im Flur, im Schlafzimmer und in der Küche stiess die Polizei auf arabische Schriftzeichen, die auf die Wand gemalt gemalt worden waren. Darunter findet sich das bekannte «Allahu Akbar» – «Gott ist gross» und «Im Namen Gottes des barmherzigen Erbarmers».
Dass Hassan Kiko mit dem sogenannten Islamischen Staat sympathisiert hat, ist jedoch eher unwahrscheinlich. Am 21. März 2015, dem Tag des kurdischen Neujahrs, bekundete er auf Facebook seine Solidarität mit dem Widerstand der Kurden gegen den Terror des IS.
Mitarbeit: Sarah Loffredo