Mehrfache sexuelle Nötigung, mehrfache sexuelle Handlungen mit einem Kind und mehrfache harte Pornografie: Diese Tatbestände, für die ein 30-jähriger Mann am Donnerstag vom Bezirksgericht Uster verurteilt wurde, sind zwar ohne Zweifel schändlich, finden jedoch nur in besonders schwerwiegenden Fällen den Weg in die Berichterstattung.
Was den Fall des Zürchers jedoch speziell macht, fasste sein Anwalt Diego Gfeller so zusammen: «Eine grosse Aufmerksamkeit gibt es hier nur, weil es unglückliche Umstände gab, die zum tragischen Tod des Mädchens führten.»
Der 30-jährige Zürcher lernte im Winter 2016 auf einem Chatportal ein 14-jähriges Mädchen aus Finnland kennen. Es gab sich ihm gegenüber als zwei Jahre älter aus. Er schickte ihr Nacktfotos von sich und verlangte von ihr, ihm ebenfalls solche zuzusenden. Nachdem sie seinem Wunsch nachgekommen war, veröffentlichte er die Bilder im Internet auf einer Pornoseite. So wollte er sie unter Druck setzen, ihm weitere Fotos zu schicken.
Sie bat ihn, die Bilder zu entfernen, und drohte, sich ansonsten etwas anzutun. Zum Beweis, dass sie es ernst meinte, schickte sie ihm ein Bild, auf dem sie sich ein Messer an den Hals hielt. Daraufhin löschte er die Fotos aus dem Internet und der Kontakt brach ab.
Zwei Monate nach dem letzten Kontakt zum Zürcher nahm sich die 14-Jährige das Leben. Die vom Anwalt erwähnten «unglücklichen Umstände» waren schwere psychische Probleme, Essstörungen, ein Aspergersyndrom und Suizidalität.
Nicht aber die Handlungen des 30-jährigen Zürchers. Das betonte auch der Staatsanwalt in seinen Ausführungen vor Gericht. Für den Mann sei der Tod des Mädchens nicht vorhersehbar gewesen, er habe ihn auch nicht gewollt. Es bestehe also kein kausaler Zusammenhang zwischen dem Suizid und der Tat.
Während der Gerichtsverhandlung hielt der Mann den Kopf gesenkt, hielt mal die Hand vor die Stirn, drehte nervös einen Kugelschreiber zwischen den Fingern. Das schwarze Jackett spannte sich über seinen breiten Schultern, das zurechtgestutzte kurze Haar hatte er mit etwas Gel frisiert. Er machte einen ordentlichen, aufgeräumten Eindruck, sprach mit leiser, aber gefasster Stimme.
Es gehe ihm nicht gut, sagte er. «Ich bin angeschlagen und mache mir viele Gedanken. Darüber, wieso ich das gemacht habe.» Richtig erklären kann er es nicht. Er sei erregt gewesen, habe nicht nachgedacht. Das eine habe zum anderen geführt. «Mein Hirn war ausgeschaltet und ich hab' nur auf meine Bedürfnisse geschaut.»
Er sei davon ausgegangen, dass das Mädchen die Wahrheit über sein Alter gesagt hatte. Obwohl es aufgrund seiner Magersucht sehr jung aussah, fragte er nicht nach, ob sie wirklich 16 Jahre alt war. «Ich wusste auch nicht, dass sie an einer psychischen Krankheit litt. Davon erfuhr ich erst in Haft. Auch, dass sie sich das Leben nahm.»
Eine Pädophilie wurde ihm in einem psychiatrischen Gutachten nicht attestiert, jedoch ein Interesse an Pubertierenden. Er finde Mädchen im Alter der Finnin anziehend, gestand der Zürcher.
Obwohl er bereits mehrfach für ähnliche Delikte verurteilt worden war, habe er sich keine Gedanken darüber gemacht, dass er mit ihr etwas Verbotenes tue. «Ich wusste schon, dass es illegal war, aber ich dachte nicht weiter darüber nach.» Schliesslich sei er die letzten Male nur mit einer Busse bestraft worden.
Schuld am Suizid ist der Mann laut Gericht nicht, bestraft wurde er trotzdem. Dafür, dass er eine 14-Jährige zielgerichtet und manipulativ ausnutzte, sie sexuell unter Druck setzte mit dem Motiv, die eigenen Triebe zu befriedigen.
In der Begründung seines Urteils sagte der Gerichtspräsident am Donnerstagabend: «Sie haben aus rein egoistischen Gründen ein Mädchen zu Ihrem Spielball gemacht. Sie haben ihre Ohnmacht schamlos ausgenutzt und einer 14-Jährigen die letzten Lebensträume geraubt. Ihr Handeln ist unerklärlich.»
Die Staatsanwaltschaft forderte eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren, das Gericht erhöhte auf 42 Monate. Der Zürcher habe aus seinen Vorstrafen nichts gelernt, so die Erklärung. In der Vergangenheit wurde er bereits drei Mal für sexuelle Handlungen mit einer unter 16-Jährigen, für Nötigung und für Verbreitung von Pornografie bestraft. Weil ihm im Gutachten eine psychische Störung attestiert wurde, muss der 30-Jährige aber nicht ins Gefängnis. Die Strafe wird zugunsten einer ambulanten Therapie aufgeschoben.
Sollte der 30-Jährige sich nicht an die Therapievorschriften halten oder rückfällig werden, bewahrt ihn nichts mehr vor dem Gefängnis. «Jetzt müssen Sie hart an sich arbeiten», sagte der Gerichtspräsident abschliessend.