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Ein 28-jähriger Kosovare kämpft gegen seine Ausschaffung

Ein 28-jähriger Kosovare könnte schon bald ausgeschafft werden. (Symbolbild)
Ein 28-jähriger Kosovare könnte schon bald ausgeschafft werden. (Symbolbild)bild: keystone

Kosovare deckt Behördenfehler auf – und muss jetzt gegen seine Ausschaffung kämpfen

Ein vorbestrafter Kosovare macht das kantonale Migrationsamt aus Versehen auf einen Behördenfehler aufmerksam. Jetzt muss er vielleicht die Schweiz verlassen.
22.03.2017, 01:2822.03.2017, 07:01
Nicola Imfeld / aargauer zeitung
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Dem 28-jährigen Familienvater Dardan (alle Namen geändert) aus dem Kosovo droht die Ausschaffung. Sein Vorstrafenregister ist lang: Sexuelle Handlungen mit einem Kind, bandenmässiger Diebstahl, Hausfriedensbruch, diverse Verkehrsdelikte und ein Verstoss gegen das Betäubungsmittelgesetz. Dardan wurde mehrmals verurteilt, hat viele Schulden und sass schon in Untersuchungshaft.

Das Aargauer Migrationsamt entzog ihm 2016 die Aufenthaltsbewilligung und will ihn in den Kosovo ausschaffen. Der Kosovare hat dagegen Rekurs eingereicht, welcher von der Vorinstanz abgelehnt wurde. Er gelangte mit einer Beschwerde ans Aargauer Obergericht, wo er gestern ohne Anwalt zur Verhandlung erschien.

Dardan spricht fliessend Deutsch. Während der Verhandlung hat er seinen Kopf meist gesenkt. Seine Lebensgeschichte hört sich am Anfang relativ normal an. Mittels Familiennachzug holte ihn sein Vater zusammen mit seiner Mutter und Schwester 1992 in die Schweiz. Als er sechs Jahre alt war, starb sein Vater an einem Herzinfarkt. «Das Migrationsamt wollte uns damals schon ausschaffen», erinnert sich Dardan. Weil seine Mutter aber eine dauerhafte Anstellung fand, durfte die Familie in der Schweiz bleiben.

Jetzt auf

Seine Schulzeit sei bis zur 8. Klasse gut verlaufen, dann habe er im letzten Schuljahr dem Unterricht nicht mehr folgen können. Eine Anlehre bei einem Grossverteiler brach Dardan 2005 ab, weil er sich unter den «vielen serbischen Mitarbeiterinnen» als Kosovare nicht wohlfühlte. Danach erhielt er keinen Job mehr, gab sich mit den falschen Freunden ab und beging seine ersten Straftaten. Inmitten seiner «schlimmsten Zeit» lernte er 2008 seine Ehefrau Donjeta kennen, mit der er heute noch zusammen ist und eine Tochter hat.

Die Beziehung stand von Anfang an auf dem Prüfstand: Dardan sass im Jahr 2009 für rund zwei Monate in Untersuchungshaft, weil er in Genf mit fünf Kilogramm Heroin im Kofferraum erwischt wurde. Diese Geschichte sei «dumm gelaufen.» Er sei mit einem Freund von Spreitenbach aus nach Genf gefahren, um sich die Stadt anzusehen. Sein Kumpel habe einen Rucksack im Kofferraum platziert, was er zwar bemerkt, aber nicht als ungewöhnlich taxiert habe. Kurz vor Genf seien sie dann auf einer Kreuzung von Polizisten angehalten und festgenommen worden.

Dass Dardan nichts vom Heroin-Transport wusste, nahmen ihm die Richter vor sieben Jahren nicht ab und verurteilten ihn zu einer zweijährigen bedingten Gefängnisstrafe. Das Migrationsamt leitete daraufhin ein Verfahren ein, um den vorbestraften Kosovaren auszuschaffen. Doch weil Dardan das Urteil bis vor Bundesgericht weiterzog, musste das Verfahren zweimal sistiert werden. Letztlich glaubte ihm auch das Bundesgericht nicht und sprach ihn 2011 schuldig.

Behördenfehler kostete viel Zeit

Dardan glaubte zu diesem Zeitpunkt nicht mehr an eine Zukunft in der Schweiz. Doch er hatte Glück: Das Bundesgerichtsurteil wurde nicht an das Migrationsamt geschickt – ein klassischer Behördenfehler, wie auch das Aargauer Obergericht konstatierte. Dardan selber war es letztlich, der 2015 seine Ausschaffung erneut lancierte. Er informierte sich telefonisch beim Migrationsamt über den Stand der Dinge. «Hätte ich das nie gemacht, sässe ich heute vielleicht nicht hier», sagt er verbittert.

Dardan wurde in der Zwischenzeit noch wegen einer Schlägerei vor einem Nachtclub verurteilt. Auch bei dieser Geschichte habe er Pech gehabt. Er sei in der Zwischenzeit ein besserer Mensch geworden. Seine Ehefrau Donjeta sagte als Zeugin vor dem Aargauer Obergericht aus: «Wenn Dardan in den Kosovo gehen müsste, wäre dies für unsere Familie eine Katastrophe.» Ein Urteil wird in ungefähr zwei Wochen erwartet. 

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25 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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fadnincx
22.03.2017 07:21registriert Oktober 2014
So wie es für mich anhört, ist er meiner Meinung nach total selber schuld. Das alles "dumm gelaufen" ist kaufe ich ihm nicht ab. Und mit so vielen Verurteilungen sollte er schon lange weg sein!
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Baccaralette
22.03.2017 07:37registriert Oktober 2015
Natürlich würde jeder behaupten, nicht gewusst zu haben, dass da im Rucksack 5 Kilo Drogen sind. Und die Schlägerei, da hat er sicher auch wirklich Pech gehabt. Und das Kind, dass er missbraucht hat, hat sich vermutlich auch uuu mega an ihn herangemacht, da war er total hilflos. Und das Auto fuhr auch selber zu schnell und über die doppelte Sicherheitslinie, is' schon klar.
Ernsthaft? Na hoffentlich wird er ausgeschafft.
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Mia_san_mia
22.03.2017 06:10registriert Januar 2014
Wow der Arme hatte ja nur Pech im Leben 😂
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