Klimaaktivistinnen und Klimaaktivisten machen Schlagzeilen. Nach einer Aktion gegen eine Privatjet-Messe auf dem Flughafen Genf wurden diese Woche rund 100 von ihnen in Gewahrsam genommen. Am Osterwochenende hatten sie kurzzeitig den – ohnehin kaum rollenden – Verkehr vor dem Gotthardtunnel blockiert.
Und in Deutschland klären Ermittler nach bundesweiten Razzien ab, ob es sich bei der durch Strassenblockaden bekannt gewordenen Gruppierung «Letzte Generation» um eine kriminelle Vereinigung gemäss deutschem Gesetz handelt.
Ein solcher Vorwurf steht in der Schweiz nicht im Raum. Der Nachrichtendienst des Bundes (NDB) schreibt auf Anfrage, Klimaaktivisten in der Schweiz hätten bisher mit Ausnahme von Einzelfällen kaum Gewalt eingesetzt. Damit der NDB präventiv tätig werden könne, reiche ein ideologischer oder politischer Hintergrund von Personen oder Organisationen alleine nicht aus. Auch wenn diese sich radikalisierten, fielen sie ohne konkret feststellbaren Gewaltbezug nicht ins Zuständigkeitsgebiet des Nachrichtendiensts. Dies gelte auch für die Klimabewegung als ganze.
Dennoch beobachtet man diese Bewegung beim Nachrichtendienst offenbar mit einer gewissen Sorge: «Es ist wahrscheinlich, dass ein Teil dieser Szene sich in den kommenden Jahren radikalisieren wird, wenn ihre Forderungen im politischen Prozess kein Gehör finden sollten», so der NDB: «Einige werden dabei die Grenze zur Gewaltausübung überschreiten.»
Soziologe Simon Schaupp von der Universität Basel ist Hauptautor einer im Februar 2022 publizierten Studie über den Schweizer Klimastreik. Diese basiert auf Umfragen und Interviews mit Involvierten. Seither habe sich die Bewegung weiter in dezentrale Gruppen ausdifferenziert. Die meisten davon würden Aktionen des zivilen Ungehorsams nutzen und riskierten damit mehr als mit Demonstrationen. Das spreche für eine gewisse Radikalisierung.
Angetrieben werde diese Radikalisierung durch die rabiater werdenden Reaktionen von Strafverfolgern und Privatpersonen auf solche Aktionen und die sich zuspitzende Klimakrise. In den Augen der Aktivisten reagiere die Politik darauf ungenügend. Entsprechend gross sei deren «Enttäuschung und Entfremdung von der institutionellen Politik», so Schaupp.
Was heisst das im Hinblick auf die Abstimmung vom 18. Juni über das Klimaschutzgesetz? «Für den Klimastreik Schweiz ist klar, dass dieses Gesetz nicht reicht», so Sprecher Cyrill Hermann. Doch man sei sich bewusst, dass das Gesetz momentan das Maximum dessen sei, was in der institutionellen Politik möglich ist. Der Klimastreik fokussiere sich auf eigene Projekte und unterstütze die Kampagne nur nebenbei.
Am Samstag ruft der Klimastreik zwar zur Teilnahme an einer Demo für das Gesetz in Bern auf. Doch laut Sprecher Hermann reichten Demonstrationen alleine nicht aus, um genügend Druck auf die Politik auszuüben: «Deshalb müssen wir auch zu Aktionen des zivilen Ungehorsams greifen.»
Der Klimastreik werde «ganz sicher» auch weiterhin friedlich protestieren. Die Verhinderung von Sachschaden habe «jedoch nicht mehr die gleiche Priorität wie früher». Die in Kauf genommene Sachbeschädigung stehe «in keinem Verhältnis» zu dem schon heute durch die Klimakrise verursachten Leid und Schaden.
«Blockaden und ähnliche Aktionen sind im Abstimmungskampf sicher nicht hilfreich», sagt Nationalrätin Priska Wismer-Felder (Mitte/LU), eine der engagiertesten bürgerlichen Befürworterinnen des Klimaschutzgesetzes.
Sie werde am Rande von Podien und anderswo oft auf das Thema angesprochen. Sie habe zwar Verständnis für den Wunsch der Aktivisten, medienwirksam auf die Dringlichkeit des Kampfs gegen die Klimakrise hinzuweisen: «Aber ich habe den Eindruck, dass solche Aktionen dem Anliegen gerade in bürgerlichen Kreisen mehr schaden als nützen.»
Sophie Fürst, Co-Leiterin der Ja-Kampagne, ist hingegen überzeugt, dass die Bevölkerung den Unterschied zwischen den teilweise kritisch betrachteten Aktionen und der Abstimmung machen werde. Das Gesetz sei eine von einer breiten Allianz getragene Kompromissvorlage des Parlaments. (aargauerzeitung.ch)
Wenn man nur ausgelacht und nicht erstgenommen wird ist die Radikalisierung oft das letzte (verzweifelte) Mittel.
Es muss etwas gemacht werden fürs Klima sonst sind wir am Ar….. wenn es nicht schon zu spät ist.
Ob eine Radikalisierung zielführed sein kann wage ich zu bezweifeln.
Habe aber auch kein Erfolgsrezept wie man Politik und Menschen sonst wachrütteln könnte🤷🏻♂️