Nun ist es also passiert. Das Volk hat das E-ID-Gesetz deutlich abgelehnt. Für den Bundesrat und das Parlament ist das eine unglaubliche Schlappe: Sie wollten getreu der neoliberalen Lehre eine Public-Private Partnership für die digitale Identifizierung einführen, damit die E-ID nicht nur bei Behördengängen, sondern auch bei Einkäufen oder Vertragsabschlüssen ein Erfolg wird.
Das ist an sich nichts Schlechtes: Die Schweiz lebt von Kompromisslösungen zwischen Staat und Privaten. Und sie passen auch zum Föderalismus, wo der Bund eigentlich neben den Kantonen eine untergeordnete Rolle zu spielen hat.
Diese Aufgabenteilung darf aber nicht die Entschuldigung für halbgare Lösungen sein. Genau das hat aber die Bevölkerung in den vergangenen Jahren immer wieder serviert bekommen, wenn es um die Digitalisierung ging.
Wir kennen das von den Steuererklärungen, die man in einigen Kantonen lieber auf Papier als digital ausfüllt. Wir erinnern uns an zahlreiche Informatik-Skandale beim Bund und Kantonen. Wir erlebten es etwa beim teuren Relaunch der instabilen Parlamentswebseite. Und wir schämten uns beim technisch zurückgebliebenen elektronischen Impfbüchlein.
Es ist nicht alles schlecht. Geht es aber um das grundsätzliche Vertrauen der Bevölkerung in die Digitalkompetenz der Behörden, schoss der Bund während der Corona-Pandemie viele Böcke. Der Staat präsentierte sich bei manch einer Stimmbürgerin und Stimmbürger als total inkompetent in Sachen Digitalisierung, Daten und Datenschutz.
Da überrascht es niemanden, dass das Volk keine Lust mehr auf halbgare Lösungen hat. Das «Nein» liest sich deshalb als klares «So nicht!»-Signal an die Adresse des Bundes.
Er muss dieses Verdikt ernst nehmen.
Die Schweiz war schon immer ein Land der Ingenieurinnen, Techniker, Planerinnen und Entwickler. Wir zählen mit den ETH, Hochschulen und Universitäten international renommierte Institutionen, die wissen, wie man Digitalisierung, Datenschutz und Innovation verbindet. Ergänzt werden sie durch hunderte Bürgerinnen und Bürger, die schon während der Pandemie immer wieder Verbesserungsvorschläge eingebracht hatten – aber zu häufig ignoriert wurden.
Die Behörden stehen nun in der Verantwortung, IT-Expertinnen und Nerds einzubinden – anstatt sie als Gegner anzuschauen. Das Volk hat nämlich angefangen, ihnen mehr zu glauben, wenn es um gute oder schlechte Digitalisierungslösungen geht.
Gemäss Ihrer Argumentation hätte man ja zustimmen müssen, da eben genau, kompetente Private an Bord geholt werden können. Hat man nicht, sondern legt das Projekt komplett in Bundeshände, trotz all den Fehlern in der Vergangenheit. Denn eine E-ID kommt jetzt. Durch den Bund.
Imho war das ein Misstrauensvotum gegenüber der Privatisierung hoheitlicher Aufgaben, Datensammlungen in Privathänden und gegenüber der gewinnorientierten Wirtschaft die in solch sensible Themen eingreifen und Macht will.