Die günstigsten Prämien steigen deutlich stärker als 4,4 Pronzent
Im Vergleich zu den Vorjahren wirkt das Plus fast moderat. Die Krankenkassenprämien sollen diesmal im Schnitt um «nur» 4,4 Prozent ansteigen, wie Gesundheitsministerin Elisabeth Baume-Schneider vor rund einer Woche verkündete. Der Aufschlag liegt zwar damit noch immer über dem langjährigen Mittel von 3,2 Prozent, aber deutlich unter den heftigen Prämienschüben der Vorjahre.
Doch Durchschnittswerte sind trügerisch. Sie verschleiern, dass die jeweils günstigsten Prämien in den 42 vordefinierten Prämienregionen per Anfang 2026 im Schnitt deutlich stärker ansteigen als die besagten 4,4 Prozent. Das zeigt eine neue Studie des Beratungsunternehmens Deloitte.
Demnach wird im Mittel die günstigste Prämie für Erwachsene um ganze 7,1 Prozent oder 23 Franken pro Monat teuer. Das entspricht einem durchschnittlichen Prämienaufschlag von 276 Franken pro Jahr. Für all jene also, die Jahr für Jahr auf die günstigste verfügbare Prämie setzen, fällt die Prämienerhöhung deutlich höher aus als vom Bund kommuniziert.
Arme Tessiner, glückliche Zuger
Auch bei den Preisaufschlägen bei den günstigen Prämien gibt es wohnortsabhängig beachtliche Unterschiede. Während die günstigste Monatsprämie in der Mehrheit der Prämienregionen um 15 bis 25 Franken teurer wird, beträgt das Plus im Oberwallis, im Thurgau und einem Teil der Kantone Baselland und Zürich 26 Franken, im Kanton Solothurn 27 Franken, in der Agglomeration Luzern 28 Franken, im Aargau 30 Franken und im Unterwallis gar 35 Franken. Den höchsten Prämienschub erleidet erneut das in zwei Prämienregionen aufgeteilte Tessin mit 40 respektive 52 Franken.
Vergleichsweise gut wegkommen die Schnäppchenjäger in Appenzell Innerrhoden und Neuenburg mit einem Aufschlag von «nur» 14 Franken respektive 10 Franken pro Monat. Am meisten profitieren aber die Zuger: Ihre günstigste Prämie sinkt gar um ganze 46 Franken pro Monat oder 552 Franken pro Jahr, weil der Kanton 99 Prozent der Spitalkosten aus der Staatskasse bezahlt. Deloitte-Gesundheitsexperte Marcel Thom kann sich an vereinzelte Prämienreduktionen aus den Corona-Jahren erinnern, «doch in diesem Ausmass ist das ein Novum».
Übung macht den Meister beim Kassenwechsel
Historisch betrachtet gibt es eine Korrelation zwischen der Höhe des Prämienaufschlags und der Wechselquote. Oder anders gesagt: Je stärker die Prämien steigen, desto grösser die Anzahl der Versicherten, welche ihre Kasse wechseln. Dennoch geht Thom davon, dass auch in diesem Herbst überdurchschnittlich viele ihre Kasse wechseln werden. «Die Sensibilität bei diesem Thema ist hoch.»
Zudem haben die Versicherten nach den vergangenen Jahren mit grossen Prämiensprüngen eine gewisse Übung darin. Mittlerweile haben schon 65 Prozent mindestens einmal ihre Grundversicherung gewechselt, wie die repräsentative Deloitte-Umfrage zeigt. Und sie werden es wieder tun, wobei hier nicht der prozentuale Aufschlag entscheidend ist, sondern der Frankenbetrag: Wird die monatliche Prämie um rund 30 Franken teurer, kündigt mehr als die Hälfte der Befragten einen Wechsel an.
Aufgrund des erhöhten Leidensdrucks, der wachsenden Übung sowie des Schwellenwerts um die 30 Franken erwartet Thom auch heuer eine rege Wechseltätigkeit: «Wir gehen davon aus, dass 600'000 bis 900'000 Personen per Anfang 2026 die Kassen wechseln werden.» Das würde einer Wechselquote von 7 bis 10 Prozent entsprechen.
Jedenfalls ist der Wechselwille gross. Gemäss der neusten, repräsentativen Deloitte-Umfrage wollten Anfang September 52 Prozent ihre Prämie optimieren: 20 Prozent mit einer Anpassung beim Versicherungsmodell oder der Franchise, 32 Prozent mit einem Kassenwechsel.
Beliebte Einheitskasse
Die besten Karten im Rennen um die wechselwilligen Kunden haben in diesen Herbst gemäss der Deloitte-Auswertung die Sanitas, die Helsana, die CSS und die Visana. Die vier Kassen weisen im gesamtschweizerischen Durchschnitt die attraktivsten Prämienränge auf. Die Helsana und die Visana rangieren in 9 Prämienregionen unter den Top 3 der günstigsten Prämien, die CSS in 12 und die Sanitas in 13 Prämienregionen.
Das Wechselkarussell dreht. Und das wird auch so bleiben. Denn 77 Prozent gehen davon aus, dass sich die Situation bei den Prämien auch im kommenden Jahr nicht entspannen wird: Dabei rechnen 60 Prozent «mit ähnlichen Anstiegen wie bisher», 17 Prozent gehen gar von noch stärkeren Prämienaufschlägen aus.
Und noch etwas zeigt die Umfrage: die Versicherten spielen das Spiel mit, sind im Grossen und Ganzen mit ihrer – auch jährlich wechselnden – Kasse zufrieden, die Identifikation mit ihr bleibt aber tief. Das ist vielleicht ein Grund, warum sich erneut 69 Prozent der Befragten für die Einheitskasse aussprechen. Damit pendelt der Wert in den halbjährlich von Deloitte durchgeführten Umfragen weiter zwischen 63 und 70 Prozent – wobei im Prämienherbst die Zustimmung jeweils leicht höher ausfällt als im Frühjahr, und damit nach dem potenziellen Kassenwechsel. (aargauerzeitung.ch)