Wenn die Liebe fort ist und jede Erinnerung an den Verflossenen oder die Verflossene schmerzt, gibt es oft nur eines: Weg mit den Andenken an die gemeinsame Zeit, weg mit den Fotos. Nur schade, wenn damit auch gleich die Erinnerungen an die Reise durch Südamerika oder an die Hochzeit der besten Freundin im Abfall landen.
Des Dilemmas Lösung hat einen Namen: Christian Messikommer. Der Zürcher bietet unglücklich Getrennten seine Photoshop-Dienste an.
Zur ungewöhnlichen Geschäftsidee kam er zufällig: Auf der Plattform Reddit stiess der Journalist und einstige Banker auf die Bitte eines Users, jemand möge ihm helfen, seine Ex-Freundin aus einem Bild zu entfernen. Messikommer erfüllte ihm den Wunsch. Vom Ergebnis war ein anderer Nutzer so begeistert, dass er ihn per Direktnachricht kontaktierte und ebenfalls um seine Dienste bat.
«Es ging um ein altes Familienfoto, das nicht nachstellbar war, weil die Grossmutter in der Zwischenzeit verstorben war.» Auch hier galt: Die Ex-Freundin sollte die Erinnerungen nicht trüben, also musste sie weg.
Messikommer zeigte das Resultat einer Kollegin, einer Werberin. Diese nahm das Angebot in ihr Portfolio auf und holte so weitere Aufträge herein. Oft habe er Fotos von Reisen bearbeitet oder solche, die noch aus einer Zeit stammten, in der Bilder nicht im Akkord mit der Handy-Kamera geschossen wurden. «Kurz: unwiederbringliche Momente mit der falschen Person.»
80 bis 300 Franken verrechnet der Photoshop-Künstler pro Bild. «Je nach Aufwand.» Nicht jede Frau sei gleich leicht zu vergessen, so Messikommer augenzwinkernd. «Frauen mit langen, glatten Haaren lassen sich besonders leicht wegretuschieren. Locken machen die Aufgabe schwieriger.»
Hintergründe nachzubauen, sei meist ein Leichtes. «Mühsam wird es hingegen, wenn die wegzushoppende Person eine andere teilweise verdeckt.» In dem Fall ist Geduld und künstlerisches Geschick gefragt. «Da suchst du dich im Internet dumm und dämlich, bis du ein Bein findest, das zur verdeckten Person passt und die richtige Qualität aufweist. Oder du spiegelst ein Bein – hast dann aber Probleme, weil die Lichtverhältnisse nicht mehr stimmen.»
Ohnehin sei das Licht das meistunterschätzte Problem, führt der 54-Jährige weiter aus: «Teilweise musste ich den Lichteinfall künstlich auf ein Gesicht malen, damit das Foto wieder authentisch wirkte.»
Man merke: Wer sich mit dem Partner nicht sicher ist, lässt ihn lieber nicht mit aufs Familienfoto. Oder bugsiert ihn zumindest so weit zur Seite, dass zwischen ihm und dem betagten Grosi noch etwas Luft ist.
(jbu)
Seine Werke kann Messikommer aus Rücksicht auf seine Kunden nicht zeigen. Doch im Internet tummeln sich diverse Photoshop-Künstler mit dem gleichen Spezialgebiet. Ihre Arbeit siehst du in der Bildstrecke.