Am Stammtisch in der Wirtschaft zum Klosterstübli im aargauischen Wislikofen gab es gestern Mittag nur ein Gesprächsthema: Das Einbürgerungsgesuch der 40-jährigen Bangladescherin Kaniz Fatema Khan, die alle im Dorf Fatema nennen.
Sie bestand den Einbürgerungstest, doch der Gemeinderat empfiehlt der Gemeindeversammlung, ihr Gesuch wegen «zu schwacher Sprachkenntnisse» und «fraglicher Integration» abzulehnen.
Wirt Daniel Schneider hat eine klare Meinung: «Der Gemeinderat sagt, sie spreche nicht gut Deutsch – das stimmt nicht. Und dass sie nicht gut integriert sein soll, stimmt auch nicht. Sie hat schon einige Feste für die Bevölkerung organisiert. Ich werde ihrer Einbürgerung zustimmen.»
Kaniz Fatema Khan wohnt seit zehn Jahren in der 342-Seelengemeinde und arbeitet oberhalb des Dorfs als Köchin in der Maia-Stiftung Haus Goldenbühl, einer Institution für Menschen mit kognitiver Beeinträchtigung.
Institutionsleiter Benedikt Hebing hat kein Verständnis für die Haltung des Gemeinderates. Sie spreche zwar mit Akzent, aber die Verständigung funktioniere problemlos. Gut integriert sei sie zweifellos – sie nehme an Veranstaltungen in Wislikofen teil, unterhalte sich mit Dorfbewohnern.
Wenn er nicht anwesend ist, nimmt Fatima Khan die Telefonanrufe entgegen, die im Haus Goldenbühl eintreffen. Die Kritik des Gemeinderates an ihren Sprachkenntnissen kann Khan nachvollziehen, auch wenn sie sich im Dorf mit allen gut unterhalten könne. Integriert aber sei sie gut.
Sabine Meier, die in Wislikofen arbeitet, sagt: «Ich unterhalte mich mit Fatema seit fünfeinhalb Jahren auf Deutsch. Sie interessiert sich für die Schweiz, wir diskutieren über Religion, sie ist freundlich. Ich frage mich, wo das Problem sein soll.»
Gemeindeammann Heiri Rohner (parteilos) sagte diese Woche, der Gemeinderat habe sich extrem schwergetan, eine Empfehlung abzugeben. Man könne Integration nicht messen wie die Zeit in einem Hundertmeterlauf.
Nun ergänzt er: «Sowieso finde ich es überflüssig, dass der Gemeinderat eine Empfehlung abgeben muss. Insbesondere in einer kleinen Gemeinde wie Wislikofen, in der es nur selten Einbürgerungssuche gibt, macht das keinen Sinn. Wie sollen wir die Sprachkenntnisse und die Integration fair beurteilen, wenn wir kaum Vergleichsmöglichkeiten haben? Diese Aufgabe müsste eine Kommission übernehmen, die regelmässig Gesuche prüft, oder ein ähnliches Gremium. Es gibt zwar für Gemeinderäte einen Leitfaden, aber wie dieser ausgelegt werden soll, darüber könnte man stundenlang diskutieren. Zum ersten Mal in meiner Zeit als Gemeindeammann haben wir ein Gesuch zur Ablehnung empfohlen. Frau Khan hat einige Fragen nicht verstanden beziehungsweise falsch beantwortet, ihr Wortschatz war sehr begrenzt.»
Zudem nannte sie bei der Frage nach den Nachbargemeinden Wislikofens «bei weitem nicht alle Ortschaften». Und auf die Frage, welche Veranstaltungen im Dorf stattfinden, nannte sie nur ein, zwei Beispiele.
Rohner sagt: «Mit Ausnahme eines Falles vor 30 Jahren war Wislikofen Menschen, die sich einbürgern lassen wollen, so weit ich mich erinnern kann stets wohlgesinnt. Gut möglich, dass dies auch im Falle von Frau Khan der Fall sein wird.»