«Pflanzendrinks sind kein Milchersatz», stand gestern in grossen Lettern in der Printausgabe von «20 Minuten». Es handelte sich um eine sogenannte Publireportage von Swissmilk, der Vereinigung der Schweizer Milchproduzenten. Eine Werbung also, die ähnlich aufgebaut ist wie ein normaler Artikel. Swissmilk scheute dafür keine Kosten: Ein einseitiges Inserat kostet laut Katalog rund 64'250 Franken.
In der Werbereportage zu lesen ist, dass Pflanzendrinks auf keinen Fall als Milchersatz dienen können. Milch sei ein Naturprodukt und ohne viel Aufwand verarbeitet – im Gegensatz zu Pflanzendrinks. Zudem heisst es, dass Pflanzendrinks von Natur aus nährstoffarm seien und oftmals Süssungs- und Verdickungsmittel enthielten.
Die Vegane Gesellschaft Schweiz (VGS) liess die Reportage nicht unkommentiert. Auf Facebook veröffentlichte sie einen Kommentar mit den Worten: «Wir behaupten jetzt nicht, dass Swissmilk Angst hat vor Pflanzendrinks, aber es sieht halt schon e bitzeli so aus ...»
Es ist nicht das erste Mal, dass sich die beiden Organisationen in die Haare geraten. Mitte April 2016 erschien im «Migros Magazin» eine ähnliche Publireportage. Sie trug den Titel «Natur ja, Kunstprodukt nein». Auf diese Werbung reagierte die Vegane Gesellschaft Schweiz mit einer Konterreportage – im exakt gleichen Layout. «Pfui, swissmilk, spar dir deine Schleichwerbung», hiess es im Titel.
«Swissmilk scheint in Pflanzendrinks eine echte Konkurrenz zu sehen und investiert seit einiger Zeit vermehrt Ressourcen, um Negativaussagen über die pflanzlichen Alternativen zur Kuhmilch zu verbreiten», erklärt Raphael Neuburger, Vorsitzender der VGS. Die Reaktionen von Swissmilk seien auf den zunehmenden Erfolg von veganen Kuhmilchalternativen zurückzuführen, so Neuburger und meint weiter: «Das freut uns natürlich!»
Auf die Frage, ob sich Swissmilk durch Pflanzendrinks bedroht fühle, antwortet Barbara Paulsen Gysin, Abteilungsleiterin Public Relations: «Wir nehmen die für uns relevanten Gesellschaftstrends auf und reagieren darauf.» Man stelle zunehmend Verunsicherungen punkto Ernährung fest, vor allem bei der jüngeren Bevölkerung. «Es gehört zu unserer Aufgabe, Aufklärung zu betreiben und Fehlinformationen richtigzustellen», so Paulsen Gysin weiter.
Zudem vergleiche die VGS Äpfel mit Birnen. Ein angereichertes und stark verarbeitetes Produkt wie ein Sojadrink könne nicht mit einem naturbelassenen Produkt wie Milch verglichen werden. «Veganer bezeichnen Pflanzendrinks meist als Milch. Damit suggerieren sie, dass sie gleichwertig oder zumindest ein vergleichbarer Ersatz für Kuhmilch sind. Das ist jedoch nicht der Fall», erläutert Paulsen Gysin.
Vor allem für Kinder sei eine rein pflanzliche Ernährung gefährlich. «Pflanzendrinks enthalten zu wenig Energie und Nährstoffe, was vor allem für Kinder gesundheitliche Risiken birgt», heisst es in der Publireportage.
Dieser Meinung widerspricht Raphael Neuburger klar. «Die Behauptung, Milchprodukte seien notwendig für stabile Knochen, ist falsch und wurde in Studien widerlegt», erklärt Neuburger. Ausreichende Kalziumzufuhr sei zwar wichtig, diese sei in Westeuropa aber auch problemlos mit einer veganen Ernährung möglich.