Damals wie heute ein bevorzugtes Motiv: Das Matterhorn.
Vertraut und doch ganz anders – so sah die Schweiz vor hundert Jahren aus
Um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert gelang es erstmals, kolorierte Fotografien in grossen Stückzahlen zu drucken. Die Schweizer Tourismusindustrie hat sich dies zunutze gemacht.
Es sind Zeugnisse einer anderen Zeit. Bilder in milchig-verfremdeten Farben, die uns die Schweiz der Belle Époque zeigen, eine Schweiz, die wir kennen und doch nicht kennen.
Man macht Bekanntes aus – Städte, Berge, Seen. Und doch wirken die Sujets mitunter eigenartig entrückt, arrangiert, fast wie gemalt.
Die Bilder heissen Photochrome und hatten ihre Blütezeit zwischen 1880 und dem Ersten Weltkrieg (mehr dazu später).
Zürich, Utoquai mit Quaibrücke und Stadthausquai.
Interlaken, mit Jungfrau. Bild:
Bern, untere Stadt mit Nydeggbrücke.
Blick auf den Silsersee im Oberengadin.
Rhonegletscher mit Furkapassstrasse. Die Gletscherzunge hat sich inzwischen weit hinauf zurückgezogen.
Propagandabilder der Tourismusindustrie
Die Inszenierung der Bilder ist Programm. Dass sie wie Gemälde wirken, ist kein Zufall. Was wir vor uns haben, sind Propagandabilder einer sich entwickelnden Tourismusindustrie, eine heile Welt in fahlen Farben. Die Schweiz präsentiert sich als Land der Berge, Seen und Städte, von Bahnen und Schiffen erschlossen, mit Hotels und einer touristischen Infrastruktur selbst in den abgelegensten Gegenden.
Jungfraubahn mit Eiger und Mönch.
Maloja, Hotel Kursaal.
Furka, Hotel und Post.
Lugano, Funiculare auf den San Salvatore.
Aletschgletscher mit distinguiert gekleideten Touristen.
Solis-Viadukt auf der Albulabahnstrecke.
Die Erfindung der Postkarten-Schweiz
Möglich machte diese Art Bilder das sogenannte Photochrom-Verfahren. Der Zürcher Lithograf Hans Jakob Schmid (1856-1924) hatte die Technik in den 1880er Jahren für Orell Füssli resp. deren Tochter Photoglob marktreif entwickelt.
Dabei werden von Schwarzweiss-Fotografien mehrere Duplikate erstellt, die als Vorlagen für den Steindruck in bis zu 14 Farben verwendet werden.
Beatenberg mit Eiger, Mönch und Jungfrau.
Pilatus, Blick auf Vierwaldstättersee, Bürgenstock und Rigi.
Schwarzsee mit Matterhorn.
Bern, Altstadt.
Davos mit Seehorn.
Das Photochrom-Verfahren blieb bis zum Ersten Weltkrieg die bevorzugte Methode, um Farbbilder in hoher Qualität und grosser Stückzahl herzustellen. Und Photoglob blieb das führende Unternehmen in dieser Technik und versah ihre Farbbilder gut sichtbar mit dem Zusatz «P.Z.» für «Photochrom Zürich».
Auf den Photochromen wurde die touristische Schweiz in allen möglichen Facetten gezeigt:
Städte
Lausanne.
Bern. Das Münster hat noch keine Spitze. Diese wurde erst zwischen 1889 und 1893 aufgesetzt.
Bern, mit Aare und Bundespalast.
Zürich. Der Üetliberg im Hintergrund sieht noch ziemlich nackt aus.
Zürich, mit Opernhaus und Utoquai.
Luzern, mit dem alten Bahnhof und dem Pilatus. Einmal bei Tag ...
... und einmal bei Nacht.
Schaffhausen, Rheinfall, bengalisch beleuchtet.
Berge
Eiger, Mönch (von der Wengernalp aus) ...
... und Jungfrau (von der Kleinen Scheidegg aus).
Monte Rosa.
Titlis.
Piz Bernina, von der Diavolezza aus.
Und immer wieder ... das Matterhorn.
Gletscher
Rhonegletscher.
Gletsch mit Blick auf den Rhonegletscher und die Furkapassstrasse.
Morteratschgletscher.
Fornogletscher.
Pässe
Oberalppass.
Theodulpass.
Berninapass, Hospiz.
Gemmi, Hotel Schwarenbach mit Altels und Rinderhorn.
Wassen an der Gotthardstrecke, mit Eisenbahn und Kehrtunneln.
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Die beliebtesten Kommentare
Tom Garret
18.03.2016 12:58registriert Juli 2014
Sehr schöne Bilder! Schon krass wie viel weniger Platz man heute hat an gewissen Orten... Auch entlang dem Zürichsee sicherlich einiges gemütlicher ohne Strasse, wobei man ja langsam wieder in diese Richtung geht...
Bei solchen Bilder wünschte ich mir manchmal einen Tag in diese Zeit reisen zu können und mit einem damaligen gleichaltrigen ein Bier zu trinken und über den Alltag zu plaudern... Die Zeit ändert sich so verdammt schnell
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