Die Operation Libero ist nicht zu bremsen. Als Teil einer breiten Allianz gegen die Selbstbestimmungs-Initiative gewinnt sie erneut gegen die SVP. Mit 66,2 Prozent schmetterte die Bevölkerung das Anliegen der Schweizer Volkspartei ab. Wesentlich daran beteiligt: Die beiden Libero-Co-Präsidentinnen Laura Zimmermann und Flavia Kleiner.
Als «aggressiv und diffamierend» bezeichnet SVP-Präsident Albert Rösti am Sonntag den Abstimmungskampf der Gegner. Die Reaktion im Berner Restaurant Grosse Schanze, dort wo sich die SBI-Gegner versammelt haben, folgt prompt: lautes Lachen. Es kommt aus der ersten Reihe. Dort sitzen Flavia Kleiner und Laura Zimmermann.
Einige Stunden später, als der grosse Medienrummel vorbei ist und alle Stimmzettel gezählt, sitzt Flavia Kleiner mit Kuchen und Kaffee allein an einem Tisch. Sie müsse sich auf ein einstündiges Interview mit einem holländischen Fernseh-Team vorbereiten, antwortet sie. Darin gehe es um die Zukunft Europas und den Aufstand der Zivilgesellschaften. Zeit für einen kurzen Blick in die Zukunft hat sie dennoch.
«Die Operation Libero muss sich weiterentwickeln. Bislang kamen wir immer zum letztmöglichen Zeitpunkt ins Spiel. Dann, wenn es darum ging, das Schlimmste abzuwenden», sagt Kleiner ohne Umschweife. Es fehle das konstruktive Arbeiten. «Die Liberos sollen in Zukunft auch die politische Agenda beeinflussen und selbst Themen setzen.»
Eine überparteiliche Organisation wird die Operation Libero auch weiterhin sein. «Wir bleiben unseren Anfängen treu», sagt die 28-Jährige bestimmt. In diesem Moment tritt Heinz Karrer, Präsident des Wirtschaftsverbands Economiesuisse, an den Tisch. Mit den Worten «bis bald» verabschiedet sich Karrer von Kleiner. Diese lächelt etwas müde, aber voller Tatendrang zum Abschied – und wendet sich sofort wieder dem Gespräch zu.
Klar habe sie sich überlegt, an den nationalen Wahlen 2019 anzutreten. «Verantwortung zu übernehmen, etwas bewegen – das ist genau das, wofür ich einstehe», so Kleiner. Das Parlament wäre für sie der richtige Ort – vor allem als junge Frau. Doch Kleiner zögert. «Ehrlich gesagt, weiss ich nicht, auf welcher Parteiliste ich antreten würde.» Ob die Parteien sie dennnoch umwerben könnten? «Vielleicht», antwortet Kleiner mit einem schelmischen Lächeln.
Doch es ist nicht nur die fehlende Parteimitgliedschaft, die Kleiners Parlamentskarriere im Wege stehen könnte. Es ist noch etwas anderes, das ihr auf der Zunge brennt. «Ich habe in den letzten Monaten sehr viele, sehr spannende Kontakte geknüpft.» Kontakte wie kein geringerer als der ehemalige US-Präsident Barack Obama zum Beispiel, den Kleiner im Oktober dieses Jahres in Amsterdam traf.
Kleiner spielt mit dem Gedanken, die Operation Libero auf eine internationale Ebene zu heben. «Das zivilgesellschaftliche Engagement in anderen Ländern ist unglaublich hoch. Vielleicht ist es an der Zeit, aus dem kleinen Gärtchen der Schweiz auszubrechen und grösser zu denken», sagt Kleiner. Kämpfen für ein funktionierendes und chancenreiches Europa möchte sie, sagt Kleiner zum Abschied. Sie muss weiter. Das holländische Filmteam wartet.
Unweit von Kleiner entfernt wuselt auch Laura Zimmermann noch immer durch die sich lichtende Menge. Die 27-Jährige blieb als eines der spannendsten Gesichter der No-Billag-Debatte in Erinnerung und auch beim Kampf gegen die SBI scheute sie keinerlei Konfrontationen.
Doch Zimmermanns Zukunftspläne unterscheiden sich von denen Kleiners. Ins Parlament wolle sie derzeit nicht. «Für mich ist die Operation Libero meine politische Heimat. Unser Baby ist jetzt vier Jahre alt, es braucht auch weiterhin noch Begleitung», sagt Zimmermann bestimmt und fügt kampfeslustig hinzu: «Der Sieg heute war ein Richtungsentscheid. Wir sind aber noch lange nicht fertig, das ist erst der Anfang.» Die Abstimmung zur Verschärfung des Waffenrechts, die Kündigungs-Initiative – das alles stehe noch bevor.
Zimmermann sieht jedoch ein, dass man im Parlament an den Schalthebeln der Politik sitzt. Auch sie will nicht mehr nur Initiativen abwehren, sondern selber Debatten prägen. «Natürlich braucht es Leute der Operation Libero im Parlament. Das wäre die richtige und wichtige Weiterentwicklung.»
Sie selbst könne sich nur schwer einer Partei zuordnen. «Ich komme wie Flavia aus einem FDP-Haushalt.» Doch der fehlende Mut der Partei und die Angst anzuecken, enttäuschen Zimmermann. «Ich sage das nicht, weil ich der Partei eins auswischen will, sondern weil ich sie eine extrem wichtige Kraft finde.» Sie wünsche sich klare Positionen in der Europapolitik und bei gesellschafts-liberalen Themen.
So ganz nimmt man es ihr nicht ab, dass sie nicht doch mit einem Sitz im Parlament liebäugelt. Die Nachfrage lächelt Zimmermann weg. «Wir schauen mit Freude auf das Wahljahr 2019. Es werden spannende Dinge auf uns zukommen», sagt sie und steht auf. Es geht weiter an die Afterparty. Und morgen? «Da muss ich arbeiten», schmunzelt Zimmermann und zieht sich den dunkelblauen Mantel über.