Seit der Nacht vom letzten Donnerstag auf Freitag rollt eine organisierte Beanstandungswelle: Teilweise im 10-Sekunden-Takt trafen die immer gleichlautenden Eingaben auf der Ombudsstelle der SRG Deutschschweiz ein und müllten die Mailbox zu.
Die Beanstander wenden sich gegen die Aufklärungs-Sendereihen «Dr. Bock» und «Jenny-Wanessa» – mit markigen Worten: Man müsse Frühsexualisierung und Genderideologie verhindern, die Sprache in den Videos sei «durchgehend ordinär», es werde «völlig skrupellos» zu Selbstbefriedigung «vorehelichem Verkehr» aufgefordert und Mädchen mit dem Satz «ein Kind verändert dein Leben» gezielt Angst vor dem Kinderkriegen gemacht.
Kurz: Das – Zitat – «gebührenfinanzierte Staatsfernsehen» verderbe unsere Jugend. Zum Beispiel:
Hinter der Massen-Beanstandung stehen die in Deutschland beheimatete «PatriotPetitionen», die auf ihrer Website zur Petition gegen SRF aufrufen. Unter den über 8'000 Einsendern befinden sich Deutsche, Österreicher, Schweizer und Südtiroler. Die Urheber (Slogan «Wir sind das Volk!») positionieren sich unter anderem auch als Abtreibungsgegner (bzw., in ihren Worten «gegen Abtreibungsmord»), Flüchtlingsgegner, Krippengegner und Ehe-für-alle-Gegner.
Zu No Billag äussern sich die Urheber auf ihrer Website nicht, die Sendungen existieren allerdings schon ein halbes Jahr, bislang ohne Beschwerden.
«Bei einer Petition ist es normal, dass die Urheber die Unterschriften sammeln und die Petition dann gesamthaft einreichen», sagt Ombudsmann Roger Blum. «Hier aber wird jede einzelne Unterzeichnung gleich an die Ombudsstelle geschickt. Das ist ein massiver Missbrauch des Beanstandungsverfahrens.» Da aber eine Postadresse einer Unterzeichnerin vorliegt, will Ombudsmann Roger Blum gleichwohl auf die Beanstandung eintreten. Der Schlussbericht wird vermutlich Anfang März vorliegen.
Die Ombudsstelle als Institution gibt es im Rundfunkbereich seit 25 Jahren. Sie dient erstens dazu, dem Publikum direkte und unkompliziert zu kontaktierende Ansprechpartner zur Verfügung zu stellen. Zweitens fungiert sie als Vermittlungsinstanz vor dem Begehen des Rechtswegs. Und drittens entlastet sie die Unabhängige Beschwerdeinstanz für Radio und Fernsehen (UBI). So war und ist auch die Ombudsstelle der SRG.D gleichzeitig offenes Ohr für die Anliegen des Publikums und Verteidigerin der Pressefreiheit. (sda)