Es waren eigenartige Vorgänge, die sich zwischen Mitte November und Mitte Dezember in Brüssel abspielten. Eigentlich hatte die EU-Kommission für die Erteilung der Gleichwertigkeits-Bescheinigung der Schweizer Börsen-Regeln bei den EU-Staaten schon grünes Licht eingeholt. Im letzten Moment aber änderte sie ihre Meinung und beantragte lediglich eine auf ein Jahr befristete Äquivalenz.
Der Grund: EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker kam nach seinem Treffen mit dem Bundesrat vom 23. November frustriert nach Brüssel zurück. Er erkannte, dass es im Rahmenabkommen einfach nicht vorwärts geht. Der Schweiz sollte dafür eine Lektion erteilt werden.
Juncker (oder seine Mitarbeiter) hätten am Rande des EU-Gipfels vom 15. Dezember «von höchster Stelle» freie Bahn erhalten haben, den Ton Richtung Bern zu verschärfen, hiess es bislang in Brüssel. Nun zeigt sich, dass das Vorgehen wohl doch nicht so koordiniert war, wie es gerne dargestellt wird.
In einem gemeinsamen Brief beschweren sich elf EU-Mitgliedstaaten über die Art und Weise, wie es zum Entscheid der Börsen-Äquivalenz kam. Nur in «Ausnahmefällen» sei es erlaubt, einen gemachten und bereits adoptierten Vorschlag den Mitgliedstaaten nochmals vorzulegen. Die dafür notwendigen «veränderten Umstände» seien im Fall der Schweiz nicht gegeben gewesen, heisst es in dem Schreiben, das dem Westschweizer Radio und Fernsehen «RTS» vorliegt.
Die Mitgliedstaaten bemängeln ausserdem die von Brüssel gegebene Antwortfrist von nur fünf Tagen. Offensichtlich fühlen sie sich von der Hau-Ruck-Aktion der EU-Kommission überrumpelt. Unterzeichnet wurde der Brief von Deutschland, Österreich, Grossbritannien, Luxemburg, der Niederlande, Ungarn, Tschechien, der Slowakei, Estland, Lettland und Slowenien.
Trotz dem Unbehagen über das brüske Vorgehen votierten sämtliche EU-Staaten für die Befristung der Börsenäquivalenz. Einzig Grossbritannien enthielt sich der Stimme. Diesen Umstand rechtfertigen die elf Länder damit, dass sie eine fortlaufende Anerkennung der Gleichwertigkeit per 3. Januar 2018 nicht gefährden wollten.
Zudem halten sie klar fest, dass sie sich künftig eine unlimitierte Anerkennung der Regeln der Schweizer Börsenaufsicht wünschen.