Wir sind alle ersetzbar. Die Konkurrenz lauert nicht nur in Gestalt von gescheiteren, schnelleren und besseren Mitbewerbern, die sich auf dem Arbeitsmarkt tummeln. Sondern mehr und mehr auch in Form von Robotern. Schlagzeilen, wonach Maschinen schon in naher Zukunft jeden zweiten Job in der Schweiz überflüssig machen, verunsichern.
Weltweit zerbrechen sich Wissenschaftler und Politiker den Kopf darüber, wie die gewaltigen Erschütterungen, die dem Arbeitsmarkt noch bevorstehen, abgefedert werden können. Im Kleinen hat nun auch ein Genfer Sozialdemokrat einen Vorschlag lanciert: Mit einer happigen Steuer auf Self-Checkout-Kassen will Roger Deneys Verkäuferinnen davor schützen, von Robotern ausgebootet zu werden.
10’000 Franken pro Automat und Monat scheinen dem Politiker dafür angemessen. Allein Coop müsste so im Kanton Genf jährlich rund 22 Millionen zusätzlich an Steuern abliefern. Ein Grossteil der Gelder – 70 Prozent – sollen in Form von «Prämien» an Geschäfte fliessen, in denen ausschliesslich Menschen aus Fleisch und Blut die Kunden bedienen. So soll die «Ausbreitung von automatischen Kassen gebremst werden», argumentiert Deneys.
Anders ausgedrückt: Fortschritt soll bestraft werden, das Verharren in veralteten Strukturen hingegen belohnt. Eine solche Logik ist rückwärtsgewandt und kurzsichtig.
Zurecht wiesen zahlreiche Leser in den Kommentarspalten darauf hin, dass dann konsequenterweise auch andere Maschinen mit einer Strafsteuer belegt werden müssten. Die Traktoren von Bauern? Ersetzen Feldarbeiter! Die Bankomaten? Denkt doch nur an die wegrationalisierten Schalterangestellten! Und erst all die Computer in Büros? Was dadurch an menschlicher Schreib- und Rechenarbeit verschmäht wird!
Im Zuge der Industrialisierung und Automatisierung verschwanden zahlreiche Berufe von der Bildfläche – mit teils gravierenden Folgen für die einzelnen Arbeiter. Dafür entstand gleichzeitig eine Vielfalt an neuen Jobs, primär im Dienstleistungsbereich. Diese Entwicklung wird sich im Zuge der Roboterisierung fortsetzen – wohl in einem viel rasanteren Tempo, als wir es uns bisher gewohnt waren.
Taxifahrer braucht es nicht mehr, wenn das automatisierte Fahren erst voll ausgereift ist. Auch für den Pöstler könnte das letzte Stündchen geschlagen haben, wenn Drohnen die Päckchen einst zuverlässig vor den Haustüren absetzen können. Es ist wichtig, dass sich die Politik Gedanken darüber macht, was mit diesen Menschen passiert. Investitionen in Weiterbildungen sind nötig, damit sich Betroffenen neue Perspektiven auftun.
Bisher führte die Automatisierung, allen Unkenrufen zum Trotz, nicht zu einer höheren Arbeitslosigkeit. Allerdings sind sich Ökonomen uneinig, ob es auch in Zukunft gelingen wird, die wegfallenden Jobs durch neue zu kompensieren. Lautet die Antwort «Nein», dann steht unser System tatsächlich vor einer gewaltigen Herausforderung. Denn: Roboter bezahlen weder Steuern noch Sozialabgaben.
Die Idee einer Automaten-Steuer, wie sie Roger Deneys vorgebracht hat, ist deshalb im Grundsatz nicht falsch. Auch Microsoft-Gründer Bill Gates oder der Genfer Rechtsprofessor Xavier Oberson haben schon dafür geworben. Im Nationalrat ist zudem ein Postulat der Genfer Grünen Lisa Mazzone hängig, das den Bundesrat auffordert, Steuern und Sozialbeiträge für Roboter zu prüfen.
Gates schlägt vor, die Einnahmen in Bereichen einzusetzen, in denen menschliche Empathie auch in Zukunft unverzichtbar ist. Etwa in der Pflege oder in der Pädagogik. Auch sollen die wegrationalisierten Mitarbeiter damit für neue Jobs geschult werden. Mazzone plädiert dafür, dass die Menschen den technologischen Fortschritt für sich nutzen – und die zusätzliche Freizeit, die dank der Roboter-Arbeit entsteht, geniessen. Weniger Stress und eine bessere Gesundheit der Bevölkerung wären die Folgen, ist sie überzeugt.
Im Unterschied zum Genfer Vorstoss hätte die Roboter-Steuer von Gates oder Mazzone also keinen strafenden Charakter. Sie beträfe nicht willkürlich einzelne Maschinen in einer einzelnen Branche. Und sie wäre nicht von der Motivation beflügelt, Fortschritt um jeden Preis zu verhindern.