Er war der grosse Renner der letzten Schweizer Winter: der Jackenhersteller Canada Goose. Hätte man für jede Sichtung dieser omnipräsenten Parkas mit Kojotenkapuze einen Franken gekriegt, hätte man sich selbst bald schon eines der teuren Exemplare leisten können. Und das alles trotz heftiger Kritik der Tierschutzorganisationen.
Diese Saison hatten die Status-Parkas aber einen schweren Start. «Im Vergleich zu 2017 ist der Verkauf der Jacken und Mäntel der Marke stark eingebrochen», sagt Galaxus-Sprecher Alex Hämmerli zu watson. Der Internet-Gigant führt seit dem Frühjahr aber auch weniger Artikel der Marke im Sortiment, nämlich nur noch solche ohne Pelzbesatz.
Das Thema Pelz ist so heikel, dass ein grosser Player nur anonym sagen will: «Jacken von Canada Goose sind bei unseren Kunden diese Saison weniger gefragt als in den Jahren zuvor. Diejenigen mit Pelz sowieso.»
Die kanadische Marke war das sichtbarste Element eines Pelz-Booms, der in den letzten Jahre wieder auffachte. Künftig werden es Canada Goose und seine Konkurrenz aber schwieriger haben auf dem Schweizer Markt. Die hiesige Branche kehrt dem Pelz langsam aber sicher den Rücken.
Das Modegeschäft Jelmoli hat erst vor einigen Wochen den Ausstieg aus dem Pelzgeschäft bekanntgegeben. Die Lagerbestände werden noch verkauft, ab Frühjahr 2019 soll aber kein Fell mehr in den Regalen liegen. Bei Globus suchen Pelzliebhaber bereits seit letztem Jahr vergeblich danach.
Auch bei dem Modehaus PKZ dreht der Wind. Sprecherin Katja Grauwiler: «Aktuelle Gespräche mit Lieferanten und Besuche an Modemessen bestätigen den Trend, dass der Pelz-Hype in der Mode in Zukunft weiter abnimmt und neue Materialien Aufwind haben.» Deshalb reduzierte die Modekette die Anzahl Artikel mit Pelzbesatz diese Saison stark und setzt vermehrt auf «Fake-Fur».
Die Anti-Pelz-Bewegung erreichte dieses Jahr auch die exklusivsten Laufstege, die die Materie jahrelang als Luxusgut schlechthin vergötterten. Gucci verzichtet neu auf den Verkauf von Mode mit Pelz und auch die italienische Designerin Donatella Versace liess kürzlich verlauten, dass sie Pelz künftig aus ihren Kollektionen verbannen will.
Die Modebranche reagiert mit dem Pelz-Bann auf die gesellschaftlich hitzig geführte Debatte. Letztes Jahr gab es schweizweit Demonstrationen und Kampagnen gegen das Pelztragen. In Zürich bekamen Passanten, die ihre Fuchskragen und Co. ausführten, gar einen Sticker auf die Jacke geklebt, der wenig Interpretationsspielraum offen liess: «Ich bin ein Arschloch und trage Pelz.»
Die aufgeheizte Stimmung macht sich auch bei Händlern bemerkbar: Mehrere angefragte Boutiquen geben an, Morddrohungen erhalten zu haben. Und in Kommentarspalten von Internet-Verkaufsportalen wird Pelz als «Mode des Todes» bezeichnet.
Die Kehrtwende erstaunt dennoch, war die Schweizer Pelzindustrie doch noch 2016 auf dem Weg, ihr bestes Jahr seit 1992 zu erreichen. Die Branche sei zurück, Pelz wieder Mode, hiess es.
Wirtschaftspsychologe Christian Fichter versucht sich an einer Erklärung: «Es gibt Megatrends, das wäre beispielsweise der Trend zum bewussten Konsum, und dann gibt es kleinere Trends, die zwei, drei Jahre andauern. Ich denke, der langfristige Trend geht klar in Richtung Anti-Pelz, und der Pelz-Boom der letzten Jahre war nur vorübergehend.»
Dass solche Gegenbewegungen auftreten, sei keine Seltenheit: «Gerade bei solch emotional aufgeladenen Themen ist es möglich, dass sich die Konsumenten in ihrer Wahlfreiheit eingeschränkt fühlen – und dann in eine Art Protestreaktion verfallen.»
Pablo Labhardt, von Animal Rights Switzerland, resümiert: «Der Pelz hat kurzzeitig als Kragen und Bommel ein Comeback gefeiert; es hat einen Moment gedauert, bis wieder allen klar war: Das ist immer noch die gleiche Tierquälerei wie früher an den langen Pelzmänteln.»