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Space Eye – das neue Observatorium auf der Uecht nimmt den Betrieb auf

Das neue Space-Eye-Observatorium auf der Uecht bei Niedermuhlern BE.
Das neue Observatorium auf der Uecht wurde von Stararchitekt Mario Botta entworfen. Bild: watson

Space Eye – das grösste Teleskop der Schweiz nimmt den Betrieb auf

17.09.2023, 02:5517.09.2023, 14:07
Daniel Huber
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Am 23. September ist es so weit: Auf der Uecht, etwa 13 Kilometer südlich von Bern und auf rund 950 Meter Höhe, öffnet das Space Eye Observatorium für Weltraum und Umwelt seine Tore für die Öffentlichkeit. Damit nimmt dort, auf dem Gebiet der bernischen Gemeinde Niedermuhlern, das grösste öffentliche Teleskop der Schweiz seinen Betrieb auf. Und das beste, wie die Besitzerstiftung Sternwarte Uecht am Freitag den Medien mitteilte.

Das Space Eye, das sich als multimediales Erlebniszentrum für Besucherinnen und Besucher jeden Alters versteht, fällt mit seinem markanten Turm – entworfen vom Tessiner Stararchitekten Mario Botta – sofort ins Auge. «Diese natürliche, hügelige und feine Umgebung erforderte meiner Meinung nach einen minimalen Eingriff», bemerkt Botta dazu. Er habe versucht, ein kleines «Bijou» in diese Landschaft zu stellen, sagte er an der Medienkonferenz.

Space Eye: Architekt Mario Botta (l.) begutachtet den Zugang zum Teleskop.
Architekt Mario Botta (l.) begutachtet den Zugang zum Teleskop. Neben ihm der Vizepräsident der Stiftung Sternwarte Uecht, Astronomieprofessor Thomas Schildknecht.Bild: watson

Die Uecht, auf der sich bereits eine ältere Sternwarte befindet (siehe Box unten), ist ein idealer Standort für ein Observatorium, da der Ort durch den Längenberg vor dem Streulicht der Stadt Bern geschützt wird. Der Weiler, der meist nebelfrei ist, befindet sich damit in der sogenannten Dunkelkammer des Kantons Bern, dem Dark-Sky-Gebiet des Naturparks Gantrisch – also in der Zone mit der geringsten Lichtverschmutzung.

Planetarium im Untergeschoss

Der Turm, auf dem sich das Teleskop befindet, ist allerdings nur ein kleiner Teil der gesamten Anlage. Der weitaus grössere Teil befindet sich unter der Erde: Dort warten neben dem Empfang interaktive Ausstellungsinseln auf die Besucher. Sie vermitteln nicht nur Wissen über den Weltraum, sondern geben auch Einblick in Umweltthemen, insbesondere zur Veränderung unseres Planeten. Dabei wird auch der regionale Bereich besonders berücksichtigt; etwa die Lichtverschmutzung in der Region Bern.

Space Eye: Im Untergeschoss befinden sich neben dem Empfang und dem Planetarium auch mehrere multimediale Stationen zur Vermittlung von Wissen zu Weltraum- und Umweltthemen.
Im Untergeschoss befinden sich neben dem Empfang und dem Planetarium auch mehrere multimediale Stationen zur Vermittlung von Wissen zu Weltraum- und Umweltthemen.Bild: watson
Space Eye: Das interaktive Relief zeigt unter anderem die Lichtverschmutzung in der Region Bern.
Dieses interaktive Relief zeigt unter anderem die Lichtverschmutzung in der Region Bern.Bild: watson

Im Untergeschoss des Observatoriums befindet sich zudem ein kleines, aber sehr leistungsfähiges 8K-Planetarium, dessen hochauflösende Projektion sich über die gesamte Halbkugel erstreckt und überlichtschnelle virtuelle Reisen zu fernen Galaxien bis hin zum Ende des uns bekannten Universums ermöglicht. Daneben zeigt es auch spektakuläre Aufnahmen unserer Erde. Es bietet Platz für 80 Besucher.

Kernstück des Observatoriums: Das Teleskop

Vom Planetarium führen eine Rundtreppe und ein Lift auf die Aussichtsterrasse. Hier befindet sich das Kernstück des Observatoriums: das 1,2 Tonnen schwere 1-Meter-Teleskop der österreichischen Firma Astro Systeme Austria (ASA). Es besteht aus einem Hauptspiegel, der über eine Gitterstruktur mit dem Sekundärspiegel verbunden ist. Thomas Schildknecht, Astronomieprofessor an der Uni Bern und Vizepräsident der Stiftung, lobt die Präzision der Konstruktion; die Lichtstruktur des neuen Teleskops sei von einer ausgezeichneten Stabilität – sie müsse Bruchteile von Mikrometern stabil bleiben.

Space Eye: Das Teleskop auf der Aussichtsplattform.
Das Teleskop auf der Aussichtsplattform.Bild: watson

Trotz aller Präzision ist das Teleskop jedoch nicht dafür geeignet, hochaufgelöste Aufnahmen des Alls zu machen, etwa wie die Weltraumteleskope James-Webb oder Hubble. Darum gehe es auch gar nicht, stellte der Space-Eye-Projektbotschafter und Astrophysiker Claude Nicollier, der als bisher einziger Schweizer Astronaut im All war, fest. Das Observatorium könne vielmehr dazu beitragen, der Bevölkerung die Mysterien des Himmels und die Notwendigkeit des Schutzes dieses Planeten zu vermitteln.

Der Astrophysiker und ehemalige Astronaut Claude Nicollier (l.) und der Vizepräsident der Stiftung Sternwarte Uecht, der Astronom Thomas Schildknecht, auf der Aussichtsplattform des Observatoriums. Hi ...
Der ehemalige Astronaut Claude Nicollier (l.) und Thomas Schildknecht auf der Aussichtsplattform des Observatoriums. Bild: watson

Die aktuellen Aufnahmen des Teleskops sind zudem im Planetarium zu bestaunen, in dem sie direkt abgebildet werden können. Eine Auswahl der besten Bilder zeigt eine Ausstellung im Untergeschoss. Überdies können hier Live-Aufnahmen von Partnerteleskopen auf der ganzen Welt zugeschaltet werden.

Neben dem Teleskop verfügt das Space-Eye-Observatorium auch über ein Instrument, mit dem die Sonne beobachtet werden kann. Auch tagsüber ist so die Beobachtung des Himmels möglich. Mobile Teleskope und das historische Teleskop der Schaerer-Sternwarte, die sich in unmittelbarer Nachbarschaft der neuen Anlage befindet, ergänzen das Angebot.

Im Untergeschoss ist auch ein Modul einer Versorgunsrakete für die Internationale Raumstation (ISS) ausgestellt.
Im Untergeschoss ist auch ein Modul einer Versorgungsrakete für die Internationale Raumstation (ISS) ausgestellt. Bild: watson

Kosten von 19 Millionen Franken

Zu Beginn rechnete die Stiftung Sternwarte Uecht noch mit Baukosten in der Höhe von 2 Millionen Franken. Mittlerweile sind daraus 19 Millionen Franken geworden – von denen 11 Millionen durch Institutionen und Firmen beigesteuert wurden. Weitere 4 Millionen kamen als Darlehen dazu, und noch einmal 4 Millionen in Form von Freiwilligenarbeit.

Die Stiftung geht derzeit davon aus, dass die neue Sternwarte pro Jahr gut eine halbe Million Franken Umsatz machen wird. 20'000 bis 30'000 Besucher soll sie jedes Jahr anlocken – auch mithilfe der sozialen Medien, durch die das Space-Eye-Observatorium seine Bekanntheit steigern will. Den Besuchern bietet Space Eye diverse «Erlebnispakete» an, die online gebucht werden können; etwa für Hobbyastronomen. Das Observatorium soll nach dem Willen der Stiftung aber nicht nur Astronomiebegeisterte ansprechen, sondern auch Kinder, Jugendliche und Ausflügler.

Space Eye: Schnitt durch die Anlage.
Schnitt durch die Anlage. Der grösste Teil befindet sich unter dem Boden. Bild: watson/Space Eye

Per Shuttle auf die Uecht

Parkplätze beim neuen Space-Eye-Observatorium gibt es nur für Personen mit eingeschränkter Mobilität. Diese Beschränkung des Privatverkehrs war laut Stiftungspräsident Andreas Blaser eine Auflage in der Baubewilligung. Wer mit dem Auto kommt, kann sein Fahrzeug unweit der Postauto-Haltestelle Baumgärtli in Niedermuhlern auf einem eigens eingerichteten Parkplatz abstellen. Da der Weg zu Fuss von dort bis zur Uecht je nach Route bis zu 45 Minuten dauern kann, bietet das Observatorium einen Shuttle-Service an. Die Busse fahren jeweils eine Viertelstunde vor Öffnung des Observatoriums auf die Uecht.

Wer den Weg zu Fuss vorzieht, kann sich entweder für die Strasse zur Uecht entscheiden oder den Erlebnispfad nehmen, der etwas länger ist und auf 15 virtuellen, per App aufrufbaren Stationen Informationen zu Umwelt- und Weltraumthemen anbietet. Die speziell entwickelte App dient auch zur zusätzlichen Informationsvermittlung im Observatorium selbst.

Space Eye: Lage des neuen Observatoriums auf der Uecht.
Die Uecht befindet sich oberhalb des Dorfs Niedermuhlern BE. Bild: OpenStreetMap

Schon an diesem Wochenende hat die Stiftung Sternwarte Uecht das neue Observatorium geöffnet – allerdings erst für ein ausgewähltes Publikum von Unterstützern und Partnern.

Die alte Sternwarte
Die erste Sternwarte auf der Uecht wurde 1951 vom Berner Fabrikanten und Ingenieur Willy Schaerer direkt neben dem heutigen Observatorium als private astronomische Beobachtungsstation erbaut. In den vergangenen 50 Jahren entwickelte sich diese Sternwarte zu einem viel beachteten Observatorium weiter, die der Forschungssternwarte Zimmerwald der Universität Bern als wertvolle Ergänzung diente. Seit 1993 gibt es auch öffentliche Führungen.
Sie genügt jedoch den heutigen Anforderungen nicht mehr und soll in Zukunft als Museum ein Bestandteil der neuen Anlage werden.
Space Eye: Die alte, von Willy Schaerer errichtete Sternwarte auf der Uecht.
Die alte Sternwarte. Bild: watson
«Bauarbeiten zum Observatorium Space Eye in den Endzügen.»Video: YouTube/Freiburger Nachrichten
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quelle: nasa, esa, hubble/william ostling
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Mit einem Teleskop zur Sonne
Video: srf
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