Zwei Millionen Tiere, Pflanzen und Pilze sind weltweit vom Aussterben bedroht – und das betrifft nicht nur ferne Länder. Auch in der Schweiz ist die Biodiversität stark gefährdet: Laut dem Bundesamt für Umwelt (Bafu) ist fast die Hälfte der Lebensräume bedroht.
Zu den Gründen zählt unter anderem die Ausdehnung von Siedlungen und Verkehrsinfrastrukturen sowie die intensive Nutzung landwirtschaftlicher Flächen.
Vor gut zwei Jahren haben 200 Staaten, darunter auch die Schweiz, das Weltnaturabkommen «30 by 30» unterzeichnet. Das Abkommen verfolgt das Ziel, bis 2030 insgesamt 30 Prozent der Land- und Meeresflächen unter Schutz zu stellen.
So steht das ambitionierte Ziel dem Papier. Doch wie gut wird es in der Praxis umgesetzt?
Eine neue Untersuchung des Online-Fachmagazins «Carbon Brief» und der Zeitung «The Guardian» hat ergeben: Mehr als die Hälfte der Länder, welche das Abkommen unterzeichneten, haben entweder nur geringere Schutzflächen als Ziel festgelegt oder gar keine.
Zu diesen Staaten gehören Länder mit aussergewöhnlichem Artenreichtum wie Indonesien, Peru, Südafrika sowie Industrieländer wie Finnland, Norwegen und die Schweiz, heisst es in dem Bericht.
Noch schlechter schneidet die Schweiz bei einer Vergleichsstudie von Umweltorganisationen zur Bekämpfung der Biodiversitätskrise ab. Der Schweizer Plan landet auf dem letzten Platz.
Statt konkrete Massnahmen lege die Schweiz nur Studien und Berichte vor, kritisiert WWF. «Die im Schweizer Aktionsplan vorgesehenen Studien und Analysen sowie die minimalen finanziellen Mittel werden keine einzige Art retten», sagt Thomas Wirth, Biodiversitätsexperte bei WWF Schweiz. Ausserdem reiche die Finanzierung bei weitem nicht aus.
Schon 2022 nannte die Akademie der Naturwissenschaften Schweiz (SCNAT) ungenügende personelle und finanzielle Ressourcen als eine der grossen Herausforderungen bei der Umsetzung des Ziels. Weiter verwies sie auf das sogenannte «Don’t Look Up»-Syndrom, also die fehlende gesellschaftliche Wahrnehmung der aktuellen Dringlichkeit.
Wie schwierig es ist, konkrete Ziele festzulegen, zeigt sich am Beispiel Finnlands: Das dünn besiedelte Land mit einer grossen Holzindustrie erklärte, dass es noch dabei sei, seine Ziele zu definieren. Ein Regierungssprecher räumt gegenüber «The Guardian» aber ein, dass das Erreichen des Ziels eine enorme Herausforderung darstelle: «Um dieses Ziel zu erreichen, müsste beispielsweise jährlich um mehr als 700'000 Hektar Land als Naturschutzgebiet ausgewiesen werden.»
Das Bundesamt für Umwelt (BAFU) weist die Kritik gegenüber SRF zurück und betont, dass der Aktionsplan eine Ergänzung zu den bereits bestehenden Massnahmen zum Schutz der Biodiversität in verschiedenen Bereichen wie Landwirtschaft und Wald darstellt. Der Plan sei nur ein Teil der umfassenden Biodiversitätspolitik des Bundes. Die finanziellen Mittel seien erhöht worden: Mehr als 600 Millionen investiere der Bund jährlich in den Schutz der Biodiversität.