Lugano hat seine drei Finalsiege gegen die ZSC Lions alle nach dem praktisch selben Muster eingefahren. Die Luganesi gingen stets in Führung und verwalteten danach geschickt, liessen die Zürcher anrennen, stellten den eigenen Slot zu und blockten massenhaft Schüsse.
Gestern ging aber Zürich in Führung und kopierte anschliessend die Lugano-Taktik. Sie verzichteten auf die blinde Offensive, sondern versuchten hauptsächlich, Lugano vom eigenen Tor fernzuhalten. Total blockten die Lions 20 Schüsse. Wie schwierig es für Lugano war, überhaupt zu Abschlüssen zu kommen, zeigt die Schussstatistik. Als die «Bianconeri» im Mittel- und Schlussabschnitt den Rückstand hätten aufholen sollen, schafften sie es bloss 13 Schüsse auf das ZSC-Tor zu bringen.
Die Zürcher haben auf das Spektakel verzichtet und das Spiel bewusst abflachen lassen. Wäre es nicht die Finalissima des Playoff-Finals gewesen – die Partie wäre als stinklangweilig abgestempelt worden. Aber es war aus ZSC-Sicht die absolut richtige Taktik, denn wenn es in der Resega zu Spektakel kommt, dann meist mit dem besseren Ende für den HC Lugano.
Dass die Lions die Lugano-Taktik kopieren konnten, liegt an einer alles entscheidenden Komponente: Dem Torhüter. Lukas Flüeler hatte im Playoff-Final zwar eine deutlich tiefere Fangquote (90.91%) als sein lettisches Gegenüber Elvis Merzlikins (95.31%), doch Lukas Flüeler ist ein Champion. Der meistunterschätzte Torhüter auf Schweizer Eis ist gestern zum dritten Mal als Stammgoalie Schweizer Meister geworden.
➡️Eine Schlüsselszene zum Titel: Lukas Flüeler rettete die @zsclions mit diesem Bigsave wenige Minuten vor Schluss!#MySportsCH #HomeofSports #NationalLeague #Playoffs2018 pic.twitter.com/9VUBsMZEj7
— MySportsCH (@MySports_CH) 27. April 2018
Wichtiger als die Fangquote ist die Tatsache, dass der Torhüter da ist, wenn es ihn wirklich braucht. Lugano kam gestern in der 56. Minute zur grössten Chance der Partie. Doch Topskorer Maxim Lapierre brachte die Scheibe nicht im scheinbar leeren Tor unter, weil eben Lukas Flüeler noch seine Fanghand ausfahren konnte. Es war der Big Save zum Titelgewinn. Und wie wichtig kann eine Fangquote sein, wenn du in der Resega im Playoff-Final zwei Mal einen Shutout feierst? Eben.
Die Luganesi haben den Playoff-Final zwar mit 3:4 verloren, obwohl sie 16 Treffer erzielt haben. Die ZSC Lions trafen derweil nur 13 Mal ins Schwarze.
Der HC Lugano hat in den Playoffs am meisten Tore pro Spiel erzielt (3.50) und am wenigsten Tore pro Spiel erhalten (2.33). Die Zürcher haben mit ihrem Torverhältnis von 2.67 zu 2.39 pro Spiel deutlich das Nachsehen und sind trotzdem Meister.
➡️Der @zsclions -Meistertorschütze heisst Patrick Geering. Sein Treffer zum 1:0 entschied die Finalissima!#MySportsCH #HomeofSports #NationalLeague #Playoffs2018sp pic.twitter.com/8DTWMAWgel
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Die Zürcher haben im Finale alle ihre Partien mit einem Tor Differenz gewonnen (den Empty-Netter zum 2:0 gestern mal ausgenommen). Das war schon in den Viertel- und Halbfinals der Fall. Die ZSC Lions haben bloss beim 5:0 gegen den EV Zug «wirklich» mit mehr als einem Tor Differenz gewonnen.
Das will auch heissen, dass die ZSC Lions in 11 der 12 Playoff-Partien bis zum Schluss kämpfen, zittern und bangen mussten. Sie haben die mental höchst schwierigen Situationen mit Bravour gemeistert. Diese Erfahrung, dass man knappe Spiele nicht nur gewinnen kann, sondern auch gewinnen wird, hat im 7. Finalspiel geholfen.
Der Eismeister schreibt, der unfaire Check von Fredrik Pettersson gegen Maxim Lapierre in Spiel 6 im Hallenstadion hat die Meisterschaft entschieden. Das ist gar nicht so falsch. Allerdings nicht wegen Lapierre, der auch in Spiel 7 einer der besten Luganesi war, sondern wegen der Sperre gegen Pettersson.
Der Schwede war in der Finalserie ein Schatten seiner selbst, kam in sechs Partien auf einen einzigen Assist und eine Minus-4-Bilanz. Pettersson-Ersatz Lindey Vey zerriss zwar offensiv ebenfalls keine Stricke, doch der Kanadier schadete der Mannschaft immerhin nicht. ZSC-Trainer Hans Kossmann hätte ohne die Spielsperre wohl wieder auf seinen Topskorer gesetzt.
Die Bully-Statistik gilt als die wohl unwichtigste aller Hockey-Statistiken. Und doch war sie in der Serie zwischen dem ZSC und Lugano mitentscheidend – weil die Zürcher darin krass überlegen waren. Denn auch gestern haben die ZSC Lions wieder satte 57.14% aller Bullys gewonnen. Das ist eine hohe, sogar sehr hohe Quote.
Gestern hat der ZSC sieben Bullys mehr gewonnen als Lugano. Das sind sieben Chancen mehr, kontrolliert mit der Scheibe etwas anzufangen. In solch einer knappen Playoff-Serie kann das entscheidend sein. Über die gesamten 7 Spiele waren es immerhin 60 Bullys mehr, welche die Zürcher (total 57,46% gewonnene Faceoffs) für sich entscheiden konnten. Es sind die kleinen Unterschiede, die in solch eine ausgeglichenen Serie über Meister oder Vizemeister entscheiden können.