Gesamtweltcupsieger, Super-G-Gesamtsieger, Riesenslalom-Gesamtsieger, Abfahrts-Gesamtsieger: Nach drei Kristallkugeln in der letzten Saison, sahnte Marco Odermatt in dieser Weltcupsaison mit vier Kugeln so richtig ab.
20 Mal stand er in dieser Saison auf dem Podest, 13 Siege holte er. Total steht Odermatt bei 37 Weltcupsiegen. Jetzt hat nur noch ein Schweizer mehr Weltcup-Triumphe gefeiert: Pirmin Zurbriggen. Aber wenn alles normal läuft, ist der Walliser diese Bestmarke (40 Siege) in der nächsten Saison los.
Um die noch immer eher junge Karriere Odermatts mit anderen Grössen des Skisports zu vergleichen, ist es eigentlich noch zu früh. Hinzu kommt, dass die Wandlung des Skisports, des Kalenders und der Disziplinen historische Vergleiche erschweren. Aber wenn es so weitergeht, dürfte der 26-jährige Überflieger noch so manchen Rekord knacken – und einige hat er nach der Fabelsaison im letzten Jahr auch in dieser Saison schon aufgestellt.
Die Marke von 2000 Punkten, welche Hermann Maier in der Saison 1999/2000 aufstellte, war für die Ewigkeit gedacht. Diese Ewigkeit endet in der letzten Saison aber nach 23 Jahren: Marco Odermatt sammelte 2042 Punkte – und das, obwohl er drei Rennen verletzt verpasste.
In dieser Saison knackte Odermatt die 2000er-Marke knapp nicht. 1947 Punkte totalisiert er. Nur 98 Punkte fehlten, um den eigenen Rekord zu verbessern – und dies, obwohl in der Männersaison 13 Rennen abgesagt werden mussten. Trotzdem erreichte der Überflieger am drittmeisten Zähler, seit der aktuellen Punktevergabe (Saison 1992/93).
Die Vergleichbarkeit erschwert sich zum einen durch die gesamte Anzahl Rennen, welche seit 1992/93 zwischen 33 und 44 schwankte, zum anderen auch durch die Anzahl Rennen, welche ein Athlet tatsächlich bestritt.
Maier stand bei seinem Rekord 30-mal am Start (40 mögliche Rennen). Odermatt griff in der Saison 2022/23 bei 26 Rennen ins Geschehen ein, in der aktuellen Saison 25-mal. Unverwüstlich waren hier Bode Miller (2005) und Aksel Lund Svindal (2007): Sie bestritten damals alle 36 Wettkämpfe.
Möglich machte die erneut starke Ausbeute grandiose Leistungen im Riesenslalom und Super-G, sowie in der Abfahrt. Odermatt holte in zehn Riesenslaloms neun Siege – im letzten Rennen schied er nach der Halbzeitführung aus und vergab die perfekte Saison hauchdünn. Macht einen sagenhaften Punkteschnitt von 90 Punkten pro Rennen. Pikant: Im letzten Jahr feierte er in neun Riesenslalom-Rennen zwar «nur» sieben Siege, aber einen Punkteschnitt von 93,3. Das schaffte noch kein Fahrer zuvor.
Und auch Rang 2 in dieser Wertung geht an den Nidwaldner. Im Super-G sammelte er in der letzten Saison in acht Rennen 740 Zähler, macht 92,5 Punkte im Schnitt pro Rennen. Dieses Jahr reichten ihm 495 Zähler für die Super-G-Kugel (70,1 Punkte pro Rennen).
Die 900 Zähler vom Riesenslalom übertraf einzig Marcel Hirscher in einer Disziplin einmal. Allerdings fuhr der Österreicher während der Saison 2013 deren elf Slaloms:
Eingestellt hat Odermatt einen anderen Rekord erneut. Der Nidwaldner erreichte 13 Weltcuptriumphe in diesem Jahr – genauso wie schon in der Vorsaison.
Mehr als 13 Weltcupsiege innert einer Saison schaffte bisher noch kein Athlet. Ingemar Stenmark, Hermann Maier und Marcel Hirscher erreichten diese Marke mehr oder weniger im 20-Jahresschnitt. Gut möglich, dass Odermatt hier bald diese drei Legenden noch übertrumpft:
Blicken wir zurück in die Anfänge der Karriere. Oder besser gesagt zu seinem definitiven Durchbruch: 22 Jahre, 1 Monat und 29 Tage war Marco Odermatt alt, als er am 6. Dezember 2019 in Beaver Creek den Super-G gewann und sich fortan Weltcupsieger nennen durfte. 41 Rennen benötigte er, bis er erstmals zuoberst auf dem Treppchen stand.
Damit war Odermatt im Vergleich zu den jüngsten Siegern bereits ziemlich alt. Der jüngste Sieger aller Zeiten ist Piero Gros, der beim Triumph im Riesenslalom von Val d'Isère im Jahr 1972 lediglich 18 Jahre und 39 Tage alt war.
Auffallend ist, dass die Sieger früher jünger waren. Zum Vergleich haben wir darum noch einige Premierensieger der Neuzeit, die danach auch im Weltcup tragende Figuren wurden, herangezogen. Hier war Henrik Kristoffersen der jüngste. Marcel Hirscher war bei seinem ersten Sieg rund 16 Monate jünger als Odermatt.
Odermatt steht seit dem Riesenslalom-Sieg am 2. März 2024 in Aspen bei 37 Siegen im Weltcup. Damit gehört er zu einem ziemlich exklusiven Klub von sieben Athleten, welche ebenfalls mindestens so oft zuoberst auf dem Podium standen.
Nur Ingemar Stenmark war beim 37. Sieg noch jünger als Odermatt. In der Neuzeit erreichte kein Athlet diese Marke in einem jüngeren Alter – auch wenn Marcel Hirscher nur unwesentlich jünger war.
Auch hier geht der Blick auf den Gesamtweltcup: Odermatt ist seit dieser Saison einer von acht Athleten, welche die grosse Kristallkugel mindestens dreimal gewinnen konnten. Den ersten Gesamtweltcupsieg sicherte er sich mit 24 Jahren, 11 Fahrer waren bei ihrem ersten Triumph jünger. Auch hier zeigt sich also: Odermatt war kein Frühstarter, auch wenn er hoffentlich noch viele Jahre seiner Karriere vor sich hat.
Odermatt fuhr seine 37 Weltcupsiege bislang in Riesenslalom Super-G und Abfahrt ein. Im Super-G feiert er von Januar bis März 2023 vier Siege in Serie – womit er den Rekord von Hermann Maier egalisierte.
Um die längste Siegesserie im Riesenslalom zu knacken, müsste Odermatt länger als eine komplette Saison alle Rennen gewinnen. Die 14 Erfolge von Stenmark schienen von einem anderen Stern. Doch Odermatt kam mit zwölf Siegen bis zum Ausfall im Saisonfinale 2024 sehr nahe an diese Marke heran.
Schauen wir noch etwas detaillierter auf die beste Disziplin von Marco Odermatt, den Riesenslalom, wo er bisher 23 Weltcupsiege feiern konnte. Zwölf davon gelangen ihm in Serie, nuir Stenmark hatte eine längere Siegesserie.
Immerhin gelang es in der Neuzeit niemandem mehr als fünf Siege in Serie zu feiern – ausser dem Nidwaldner.
Wir wechseln zu den Podestplätzen disziplinenübergreifend. In der ersten Saisonphase 2022/23 stellte Odermatt (saisonübergreifend) eine Serie von 12 Podestplätzen auf. Der Schweizer trat dabei in drei verschiedenen Disziplinen an. Mehr Podestplätze hintereinander in drei verschiedenen Disziplinen holte vor ihm einzig Jean-Claude Killy in den Jahren 1967/68 mit deren 14.
Auch noch vor dem Schweizer liegen Ingemar Stenmark (14 Podestplätze) und Alberto Tomba (13 Podestplätze). Diese beiden traten allerdings nur in Slaloms und Riesenslaloms an. Stenmark erreichte in der Saison 1979/80 zudem einmal 13 Podestplätze in Serie.
Blicken wir auch hier noch auf Odermatts Paradedisziplin Riesenslalom. In der Neuzeit stand Marcel Hirscher hier 18-mal in Serie auf dem Treppchen, was bis zu dieser Saison Rekord war. Odermatt überflügelte den Österreicher mit 26 Podestplätzen en suite – das sind gar noch vier mehr als Stenmark bei seiner längsten Serie (22).
Stenmark und Hirscher stehen bei der Gesamtzahl an Podestplätzen während der gesamten Karriere ganz vorne. Möchte der aktuell beste Skifahrer in diese Sphären stossen, müsste er bei durchschnittlich 15 Podestplätzen pro Saison noch rund sieben Saisons auf diesem Niveau fahren und von Verletzungen verschont bleiben. In der soeben zu Ende gegangen Saison stand Odermatt 20 Mal auf dem Treppchen (2022/23: 25 Mal).
Was am Ende der Karriere im Weltcup zählt, steht in Form von Kristallkugeln in den Vitrinen der Fahrer. Marcel Hirscher schwingt hier mit acht Erfolgen im Gesamtweltcup und zwölf Disziplinenweltcups oben aus.
Auch hier gilt: Eine Prognose für Odermatt abzugeben, wäre deutlich zu früh. Aber nur schon in die Nähe dieser Erfolge zu kommen, bedingt hohe Konstanz über viele Jahre.
Um Ungleichheiten auszugleichen, blicken wir noch auf die gesammelten Punkte pro gefahrenem Rennen. Marcel Hirscher bestritt in der Saison 2017/18 deren 20 Rennen und sammelte im Schnitt dabei 81 Punkte, was jedes Mal Rang 2 entspricht.
Odermatt sackte in der Saison 2022/23 78,5 Punkte pro bestrittenem Rennen ein. Die «Abschiffer» in der Abfahrt verhinderten eine noch bessere Quote. Trotzdem reicht dies für Rang 3 in dieser Wertung. In der aktuellen Saison kommt Odermatt auf 77,9 Punkte im Schnitt bei 25 Rennen – Rang 4 in dieser Sparte.
Zum Abschluss eine Bestmarke, die Odermatt nur beschränkt beeinflussen kann: Der Abstand zum Rest. In der Saison 2021/22 distanzierte er Kilde um 467 Punkte, was schon einem der grössten Unterschiede in den letzten 30 Jahren entspricht. Odermatt legte 2022/23 702 Punkte zwischen sich und seinen ersten Verfolger. In der aktuellen Saison stellte Odermatt mit 874 Punkten Differenz einen neuen Rekord auf. Diesen hielt zuvor Hermann Maier seit der Saison 2000/01.
Im Februar verglichen wir die Karrieren von Marco Odermatt und dem achtfachen Gesamtweltcupsieger Marcel Hirscher ausführlich. Nach Saisonende haben wir den Vergleich upgedatet. Hier die Kurzversion:
Dieser Artikel erschien erstmals im Januar und März 2023 und wurde nach Saisonende 2024 upgedatet.
Die Dichte an der Spitze und das Niveau in der Breite sind heute wohl höher - in den 60/70/80er haben sich die jeweils besten 5-10 das Meiste untereinander aufgeteilt - oder bin ich da völlig auf dem Holzweg?
Danke für die Vergleiche und hoffen wir, Odermatt macht noch lange so weiter.
Mein Bauchgefühl sagte mir dass Bode Miller einer der grössten aller Zeiten war, die Statistiken sagen doch etwas anderes. Er war wohl einfach ein bunter Hund welcher in allen Disziplinen angetreten ist.