Den Schweizern wurden am Dienstagabend bei der 1:4-Niederlage in der WM-Hauptprobe gegen Weltmeister Kanada die Grenzen aufgezeigt. Dennoch kann die Vorbereitung als gelungen bezeichnet werden. Das Team von Headcoach Patrick Fischer gestaltete sechs von neun Partien siegreich und spielte dreimal zu Null – jedes Mal stand Jonas Hiller im Tor.
«Wir sind stabiler als im vergangenen Jahr», sagte Fischer. Das hat auch mit dem neuen Assistenten Tommy Albelin zu tun; der Schwede bestritt 1037 NHL-Partien als Verteidiger und leistet betreffend Defensive wichtige Detailarbeit. Zudem wird nach einer Korrektur im System mit weniger Risiko gespielt.
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— Swiss Ice Hockey (@SwissIceHockey) 3. Mai 2017
Vor allem auf der Goalie-Position sind die Schweizer im Vergleich zur letztjährigen Weltmeisterschaft in Moskau, wo sie lediglich den 11. Platz belegt haben, besser besetzt. Hiller bildet zusammen mit SCB-Keeper Leonardo Genoni ein hochkarätiges Duo, das in jedem Spiel für die Differenz sorgen kann.
Die Verteidigung ist allerdings mit Ausnahme von Captain Raphael Diaz und Philippe Furrer sehr unerfahren. Dean Kukan, Romain Loeffel, Christian Marti und Dominik Schlumpf kommen zusammen auf 23 WM-Partien, Joël Genazzi und Ramon Untersander sind erstmals dabei. Insgesamt nominierte Fischer acht WM-Neulinge, unter ihnen die «Nordamerikaner» Denis Malgin (Florida Panthers) und Tanner Richard (Syracuse Crunch).
Umso wichtiger ist der Start ins Turnier. Mit Slowenien treffen die Schweizer zum dritten Mal in Folge in der ersten Partie auf den Aufsteiger. In den letzten beiden Jahren setzte es eine Niederlage nach Penaltyschiessen ab. Ein solches Szenario gilt es diesmal unter allen Umständen zu vermeiden. Dann sind der Reihe nach Norwegen (Sonntag), Gastgeber Frankreich (Dienstag), Weissrussland (Mittwoch), Kanada (Samstag), Finnland (Sonntag) und Tschechien (Dienstag) die Gegner.
Die Schweizer bekommen es somit erneut zuerst mit den vier in der Weltrangliste hinter ihnen klassierten Mannschaften zu tun. «Das hat ganz klar Vorteile», so Fischer. «Gegen diese Teams ist die Chance grösser, dass wir gewinnen. Die beste Medizin für das Selbstvertrauen sind Siege. Wenn wir einen guten Start hinlegen, kann das Vertrauen stärker wachsen. Man hat in Stockholm (die Schweiz holte WM-Silber, Red.) gesehen, was mit einem guten Beginn passieren kann.»
Ein Gewinn ist sicherlich, dass Fischer diesmal während der gesamten Saison in der Verantwortung stand. Das war bei seiner WM-Premiere vor einem Jahr nicht der Fall, hatte er doch sein Amt im Dezember 2015 angetreten. «Das war für die Spieler nicht einfach, und auch für uns Trainer war es nicht optimal», sagte Fischer, der in der unmittelbaren WM-Vorbereitung noch mehr Wert auf die Physis legte. Als weitere Optimierung macht der einstige NHL-Stürmer die viel Energie erfordernde Teambuilding-Arbeit nicht mehr selber. Dafür ist neu der renommierte Sportpsychologe Saul Miller zuständig.
Fischer blickt dem Turnier mit grosser Vorfreude entgegen. «Ich fühle mich extrem hungrig und motiviert. Von der letzten WM sind wir mit leeren Händen heimgekehrt. Das wollen wir ganz klar ändern. Wenn wir unser Potenzial abrufen, dann schaffen wir den Einzug in die Viertelfinals.» Es sei jedoch kein Selbstläufer, das wisse jeder, der im Eishockey involviert sei.
Verbesserungspotenzial gibt es insbesondere im Spiel mit dem Puck. Das Toreschiessen gehört ohnehin nicht zu den Stärken der Schweizer. Insofern sind die Absagen der NHL-Stürmer Nino Niederreiter, der wegen der bevorstehenden Vertragsverhandlungen kein Risiko eingehen will, Sven Andrighetto (Leistenzerrung) und Sven Bärtschi (Nackenprobleme) umso gravierender. Andrighetto (7 Punkte) und Nino Niederreiter (6) waren vor einem Jahr die besten Skorer der Schweizer. Diesmal ist der 20-jährige Malgin der einzige NHL-Spieler im Team.
Das dürfte sich auch nicht ändern, da Roman Josi und Yannick Weber mit Nashville vor dem Einzug in die Halbfinals stehen. Die Predators führen in der Best-of-7-Serie gegen die St.Louis Blues 3:1. Kein Thema mehr sind Timo Meier und Mirco Müller, die mit den San Jose Barracuda in der Nacht auf Mittwoch in den AHL-Playoffs die Viertelfinals erreicht haben.
Patrick Fischer, warum übersteht die Schweiz diesmal die Vorrunde? «Weil wir den besten Teamgeist haben, weil wir extrem ‹committed› sind und wir von allen Mannschaften am härtesten arbeiten.» (pre/sda)