Kostet das olympische Turnier den SCB die Titelverteidigung? Die Frage ist mehr als billige Polemik. 13 SCB-Stars, darunter alle fünf Ausländer, reisen nach Südkorea. Kari Jalonen muss während der Olympia-Pause ohne die bessere Hälfte der Mannschaft trainieren. Er sagt: «So etwas habe ich noch nie erlebt.» Der ehemalige finnische Nationaltrainer macht sich keine Sorgen um seine olympischen Helden. «Ein olympisches Turnier ist ein inspirierendes Erlebnis. Sie werden eher Energie gewinnen als verlieren. Das einzige Risiko sind Verletzungen.
Der SCB-Meistertrainer macht sich mehr Gedanken über die Spieler, die in der Schweiz bleiben. Diese «zweite Hälfte» des Teams wird in den Playoffs entscheidend sein. Sie trägt die Stars in meisterliche Höhen. Durch Härte, Fleiss, Disziplin und Wille. Eine hohe Trainingsintensität während der olympischen Pause ist also wichtig. Aber wie die Playoffs simulieren, wenn die Besten weg sind? Wie verhindern, dass es nur noch ein «Operetten-Training» wird.
Kari Jalonen hat nächste Woche erst einmal trainingsfrei gegeben und will dann die Mannschaft in den Trainings jeweils mit fünf Junioren und fünf Spielern aus der MySports League – der neu geschaffenen dritthöchsten Liga in der Schweiz – ergänzen. «Das ist aber nicht so einfach», sagt Sportchef Alex Chatelain. «Die besten Junioren sind mit den Junioren-Nationalteams unterwegs und viele unserer Nachwuchsspieler sind in Schulen und Berufslehren integriert und können nicht einfach zu jeder Zeit trainieren. Aus der MySports League bekommen wir lediglich Spieler aus den Teams, die sich nicht für die Playoffs qualifiziert haben.
Es wäre immerhin möglich, die Situation zu vermarkten. Warum nicht eine Reality-Show «Be a big bad bear» über die eigene Internet-TV-Station «SCB TV» mit Marc Lüthi als Moderator lancieren? Immerhin war der SCB-Manager einst beim Lokalsender TeleBärn ein beliebter Moderator. Wer will, kann sich im Rahmen dieser Show einen Platz im SCB-Training kaufen.
Und sollte der SCB in den Final kommen, folgt eine zweite Staffel. Titel: «Be Mark Streit». Der Teilnehmer könnte wie Mark Streit während des Stanley-Cup-Finals einfach dabei sein, ohne zu spielen. Für ein solches Marketing-Konzept kann sich Marc Lüthi allerdings nicht begeistern: «Ich habe auch eine Idee: Wir schlagen Sie fürs Dschungel-Camp vor.»
Die Konzentration auf das heimische Training macht Sinn. Aber möglicherweise unterschätzt Kari Jalonen den olympischen Energieverlust. Zumal es ja auch noch die Zeitverschiebung von acht Stunden (!) zu verarbeiten gilt. Grundsätzlich gilt für Spitzensportler: Pro Stunde Zeitverschiebung braucht es einen Tag Angewöhnungszeit.
Bis heute hatte erst ein Klub eine halbwegs ähnliche Ausgangslage zu verarbeiten. Lugano im Frühjahr 2006. Sieben Spieler traten in Turin an, darunter die drei finnischen Stars Ville Peltonen, Jukka Hentunen und Petteri Nummelin. Trainer Larry Huras erinnert sich noch lebhaft an diesen Albtraum.
«Wir haben alles Menschenmögliche vorgekehrt und auch Saul Miller beigezogen.» Saul Miller ist einer der weltweit besten Sportpsychologen. «Aber es hat alles nichts geholfen. Es war einfach für die Spieler nicht möglich, nach dem olympischen Turnier schon für den Playoff-Start mental wieder bereit zu sein.»
Lugano (2. Qualifikation) startete damals im Viertelfinal mit zwei Niederlagen gegen Ambri. Larry Huras wurde gefeuert und durch Harold Kreis ersetzt. Schliesslich gelang es, die Serie nach drei Niederlagen doch noch zu kehren und den bisher letzten Titel zu holen. Dass es in Bern so kommt, ist ausgeschlossen: Der SCB kann zwar Meister werden – aber bevor Kari Jalonen mit Vertrag bis 2020 entlassen wird, gibt es ein Amtsenthebungsverfahren gegen den Papst.