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Die Arbeitslosigkeit verbindet die drei Männer, denen wir unsere Nationalmannschaft anvertraut haben. Patrick Fischer (40) und Felix Hollenstein (51) hatten nach ihrer Entlassung als Cheftrainer in Lugano bzw. Kloten keinen neuen Job gefunden. Und Reto von Arx (39) suchte nach dem Ende seiner Spielerkarriere im letzten Herbst immer noch eine Beschäftigung im Eishockey.
Was bedeutet nun die Berufung dieses Trio an die nationale Bande? Mit etwas Boshaftigkeit können wir sagen: eine Erlösung aus der Arbeitslosigkeit. Eine Notlösung. Nach der überstürzten Entlassung von Nationaltrainer Glen Hanlon im letzten Herbst blieb Verbandsdirektor Florian Kohler nichts anders übrig, als aus der Not eine Tugend zu machen, das Programm «Swissness» auszurufen und die drei arbeitslosen Spielerlegenden zu verpflichten.
Aber es gibt auch eine andere Sichtweise: Es ist ein Glücksfall für unser Hockey, dass drei Kultspieler, die mehr als 2500 NLA-Spiele bestritten und über 10 Titel gewonnen haben, im Herbst 2015 keinen Job hatten. Nur so ist dieses «Dream Team» möglich geworden. Zum ersten Mal in unserer Geschichte führen gleich drei «Alphatiere» die Nationalmannschaft.
Zwei «Alphatiere» hatten wir schon: 1992 coachten John Slettvoll und Bill Gilligan die Schweiz sensationell in den WM-Halbfinal. Aber ein Jahr später kam es zur Ego-Kernschmelze und die Schweiz stieg 1993 mit diesen beiden Coaches ab. 1998 erreichte die Schweiz mit Ralph Krueger und Bengt-Ake Gustafsson erneut das WM-Halbfinale. Aber gleich drei «Alphatiere»? Das hat es so noch nie gegeben.
Wie funktionieren die drei? Diese helvetische Dreimann-Lösung ist im Grunde eine NHL-Kopie. Ein «NHL-Modell» für unsere Nationalmannschaft. Die grossen Bandengeneräle, die alles selber machen, eine Strategie entwickeln, das Spielsystem einüben, den emotionalen Haushalt in der Kabine in Ordnung halten und dann auch noch das Coaching übernehmen, sind im 21. Jahrhundert ein Auslaufmodell. Die Belastung ist so gross geworden, dass Aufgabenteilung immer wichtiger wird.
Heute gibt es in allen wichtigen Ligen der Welt, auch in der NHL und nun auch bei unserer Nationalmannschaft, den Trend zur Aufgabenteilung. Der Cheftrainer entwirft die Strategie, kümmert sich um die Medienarbeit, überlässt es aber seinen Assistenten, diese Strategie in Taktik umzugiessen, das Training zu gestalten und auch die Pflege der Spieleregos überlässt er im Alltag immer wieder mal seinem Betreuerstab.
Wie die Aufgaben unter dem «Trio Grande» hier in Moskau verteilt sind, erklären wir am einfachsten mit dem Cockpit eines alten Verkehrs-Flugzeuges. Dort sitzen drei Mann: der Chefpilot, der Co-Pilot und der Bord-Ingenieur. Patrick Fischer ist der Chefpilot. Er trägt die Verantwortung, bestimmt den Kurs und er entscheidet, wann es für die Passagiere (die Spieler) Zeit ist, sich anzuschnallen. Er hat bei der Auswahl der Spieler und bei der Formation der einzelnen Blöcke das letzte Wort und er hält die Kabinenreden.
Die Verbandsführung positioniert ihn zudem recht geschickt als «Hockeygott» in der Öffentlichkeit. In der Schweiz ist ja der Nationaltrainer auch immer der erste Verkäufer des Eishockeys. Ist die Nationalmannschaft erfolgreich, so wird es der Erfolg von Patrick Fischer sein. Aber es wird auch sein Scheitern sein.
Felix Hollenstein ist der Co-Pilot. Er könnte, wenn nötig, durchaus auch das Flugzeug steuern. Vom Naturell fühlt sich der kluge Opportunist aber in der Rolle des «zweiten Mannes» viel wohler. Er kümmert sich um die Trainings (er hat ja in diesem Trio mit grossem Abstand am meisten Erfahrung als Trainer) und coacht die Verteidiger. Ihm obliegt es, den taktischen Haushalt in Ordnung zu halten.
Reto von Arx ist der (mentale) Bordingenieur. Er hat mit der Steuerung des Flugzeuges nichts zu tun. Er hat keine bestimmte Rolle bei der Trainingsgestaltung oder beim Coaching. Seine wichtigste Aufgabe ist die Betreuung der Spieler auf der Bank. Er sorgt dafür, dass sich die Passagiere an Bord (die Spieler auf der Bank) wohl fühlen und er hat ein feines Gespür dafür, wenn an Bord (in der Kabine) etwas nicht mehr stimmt.
Patrick Fischer erklärt die Aufgabenverteilung ganz pragmatisch so: «Fige kümmert sich beim Coaching um die Verteidiger, ich um die Stürmer. Arxi beobachtet, was die gegnerische Mannschaft macht und kümmert sich auf der Bank um die Spieler. Er hat einen sehr guten Draht zu allen und kann die Spieler mit wenigen Worten gut beeinflussen. Er ist für die Stimmung auf der Bank und in der Garderobe unglaublich wichtig.»
Diese Aufgabenverteilung kann funktionieren. Patrick Fischer, Felix Hollenstein und Reto von Arx waren als Spieler Leitwölfe und trugen alle drei im Klub oder in der Nationalmannschaft die Captain-Binde. Aber sie sind vom Naturell her so verschieden, dass es keine Ego-Kernschmelze geben wird. Felix Hollenstein und Reto von Arx werden, wenn es gut läuft, ihrem Chef gerne die Bühne und das Scheinwerferlicht überlassen und sind, wenn es nicht läuft, noch so froh, wenn sie nicht den Kopf hinhalten müssen.
Die Wahrscheinlichkeit, dass die Verträge nach der WM verlängert werden und dieses Trio nicht wieder arbeitslos wird, steht bei 99,90 Prozent.