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Formel 1 ist endlich wieder spannend – und sorgt für echtes Drama

epa11490390 McLaren driver Oscar Piastri of Australia celebrates on the podium after winning the Formula One Hungarian Grand Prix at the Hungaroring circuit, in Mogyorod, near Budapest, 21 July 2024.  ...
Ist der 7. Sieger der laufenden Saison: Oscar Piastri feiert seine Premiere.Bild: keystone

Endlich ist die Formel 1 wieder spannend – und sorgt noch dazu für echtes Drama

So viele verschiedene Sieger wie in diesem Jahr hatte die Formel 1 lange nicht mehr – und zur Spannung kommen auch noch einige Kontroversen.
22.07.2024, 11:0922.07.2024, 13:23
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Die letzten beiden Saisons waren für Formel-1-Fans nur schwer erträglich. In vielen Rennen bot sich an der Spitze gähnende Langeweile: Max Verstappen gewann 2022 15 von 22 Rennen, im letzten Jahr überliess er den Sieg gar nur in drei der 23 Grand Prix einem anderen. Ein völliger Kontrast zur bis zur letzten Runde dramatischen Saison 2021, als sich Verstappen gegen Lewis Hamilton durchsetzte. Die beiden folgenden Triumphe dürften selbst Sympathisanten des Niederländers auf Dauer als nicht besonders spannend empfunden haben.

Umso glücklicher dürften die Freunde des Motorsports über die derzeitige Situation in der Formel 1 sein. Vier verschiedene Sieger gab es in den letzten vier Rennen: Verstappen (Spanien), George Russell (Österreich), Lewis Hamilton (Grossbritannien) und Oscar Piastri (Ungarn). Insgesamt gab es in den 13 Grand Prix dieser Saison bereits sieben verschiedene Sieger – die Ferrari-Piloten Carlos Sainz und Charles Leclerc sowie Lando Norris im McLaren standen ebenfalls schon zuoberst auf dem Podest.

epa11490075 Red Bull Racing driver Max Verstappen of Netherlands arrives to paddock before the Formula One Hungarian Grand Prix at the Hungaroring circuit, in Mogyorod, near Budapest, 21 July 2024. EP ...
Eine ungewöhnlich lange Durststrecke: Max Verstappen verpasste nun dreimal in Folge den Sieg.Bild: keystone

So viele verschiedene Sieger gab es zuletzt 2012, damals waren es gar acht. Aber möglicherweise gesellt sich in den verbleibenden elf Rennen der laufenden Saison ja noch ein weiterer hinzu. Der Rekord mit elf verschiedenen Siegern datiert übrigens aus dem Jahr 1982, als lediglich 16 Rennen ausgetragen wurden.

Zwar ist die Fahrer-Weltmeisterschaft in diesem Jahr aufgrund Verstappens anfänglicher Dominanz schon fast entschieden – der 26-Jährige führt mit 76 Punkten Vorsprung vor Norris – doch ist die Formel 1 trotzdem so spannend wie lange nicht mehr. Zumal die einzelnen Rennen auch echtes Drama bieten. Der Grosse Preis von Ungarn war das beste Beispiel dafür.

Norris nach Stallorder enttäuscht

Piastris Sieg wurde kontrovers diskutiert, weil diesem eine Stallorder vorherging. Norris musste seinen Teamkollegen auf Befehl von McLaren vorbeilassen, da sich der britische Rennstall bei der Boxenstopp-Strategie verschätzt hatte. So wurden die Reifen an Norris' Boliden zwei Runden vor jenen bei Piastri gewechselt – auch, um einen möglichen Undercut des Drittplatzierten Verstappen zu verhindern – doch gelang es dem Briten dann, seinerseits einen Platz gutzumachen. Das korrigierte McLaren in der Folge, wobei sich Norris lange weigerte und Piastri erst drei Runden vor Schluss vorbeiziehen liess.

Dadurch erhielt der Premierensieg für den Australier einen faden Beigeschmack. Norris' Gemüt war direkt nach dem Rennen noch sichtlich erregt, als er sich vor der Siegerehrung ein Wortgefecht mit Lewis Hamilton lieferte. Piastri erklärte derweil, dass er es als fair empfand, dass Norris ihm den 1. Platz zurückgab, sagte aber auch: «Meine Geschwindigkeit war nicht ganz so gut, wie ich mir erhofft habe.» Grenzenlose Freude nach dem ersten Sieg in der Königsklasse des Motorsports sieht anders aus.

Immerhin zeigte sich der 24-jährige Norris, der gerne den zweiten Sieg seiner Karriere gefeiert hätte, später einsichtig. Die Enttäuschung war so kurz nach dem Rennen zwar noch nicht verflogen, doch sagte er: «Mir wurde gesagt, dass ich ihn vorbeilassen soll, und das habe ich getan. Es ist sehr hart, weil mir ein Sieg so wichtig ist. Aber ich habe mich in seine Lage versetzt und dann gemerkt, dass ich das Richtige tun muss.»

Verstappen schiesst gegen Red Bull und seine Kritiker

Anders war dies bei Max Verstappen. Der Frust des dreifachen Weltmeisters über sein Team war auch Stunden nach dem Rennen nicht verflogen. Der Red-Bull-Pilot wetterte über die Strategie, über seine Kritiker und die Rennleitung. «Wir lassen uns undercutten und verkacken dadurch mein Rennen», entfuhr es dem Seriensieger schon am Funk. Danach klagte er: «Die Strategie heute war sehr schlecht. Alles haben wir schlecht gemacht.»

Von Red-Bull-Motorsportberater Helmut Marko bekam Verstappen, der nun in drei Rennen in Folge ohne Sieg blieb, recht: «Es ist klar, es war unsere Schuld.» Man habe die Situation «falsch eingeschätzt» und den Undercut durch Hamilton «bewusst in Kauf genommen». Der österreichische Rennstall dachte, «dass wir mit neuen Reifen entsprechend schneller sind. Aber wir sind an Hamilton einfach nicht vorbeigekommen.» Dies lag auch daran, dass sich Verstappen bei einem versuchten Überholmanöver verbremste und deshalb von Hamilton touchiert wurde.

Obwohl der Fehler wohl bei Verstappen lag, beschuldigte er Hamilton kurz danach am Funk: «Er hat im Bremsvorgang noch eingelenkt.» Sein hörbar genervter Renningenieur Gianpiero Lambiase konterte direkt: «Ich fange jetzt nicht über Funk einen Streit mit anderen Teams an, Max. Wir lassen die Stewards entscheiden.» Und weiter in Richtung Verstappen: «Das ist kindisch über den Funk, kindisch.»

Die Rennleitung untersuchte den Vorfall und entschied am Sonntagabend, keinen der Fahrer zu bestrafen. Für Unmut sorgte die Untersuchung bei Verstappen dennoch. Als Lambiase ihn informierte, dass der Gesundheitsbeauftragte des Automobilverbands FIA ihn untersuchen wolle – nach einem Unfall eine ganz normale Praxis – antwortete Verstappen: «Wir können den Gesundheitsbeauftragten zu den Stewards schicken. Da kann er sich angucken, ob die alle in Ordnung sind.»

Die Highlights des Rennens.Video: YouTube/FORMULA 1

Damit war der Rundumschlag des WM-Führenden aber noch nicht beendet. In Richtung der Kritiker, die sein Verhalten gegenüber Red Bull sowie der Rennleitung als respektlos bezeichnen, sagte er: «Die können mich mal. Ich weiss nicht, warum die Leute meinen, man dürfe nicht deutlich über den Funk sein. Das ist Sport. Wem es nicht gefällt, der soll zu Hause bleiben.»

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Red Bull: Max Verstappen (26): Niederlande, 3-facher Weltmeister, 185 Rennen, 54 Siege, 98 Podien. Stand: 1. März 2024.
quelle: keystone / darko bandic
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12 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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RocketGT
22.07.2024 13:21registriert Juli 2023
Bei McLaren scheint man auch davon auszugehen, dass das WM Rennen entschieden ist, anders kann ich mir nicht erklären warum man Norris die 7 Punkte wegnimmt. Aber es sind gerade mal ein wenig mehr als die Hälfte der Rennen gefahren und ich denke da ist noch gar nichts entschieden.
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dWayne Gronson
22.07.2024 16:40registriert Mai 2014
Max hat mal wieder sein wahres Gesicht gezeigt. Wenn sei Auto überlegen ist, fährt er allen mit einem Grinsen davon. Sobald er kämpfen muss, wirds dreckig, denn er glaubt, alle gehen für ihn auf die schmutzige Spur. Das funktioniert schon seit den go-Kart Rennen so. Was McLaren abgezogen hat, ist einfach peinlich und hat nichts mit Racing zu tun. Norris war deutlich schneller und hätte gewinnen müssen. Aber offenbar glaubt man dort nicht an den Fahrertitel. Anders ist das nicht zu erklären. Zu Sauber sagen wir lieber nix, wir wissen alle, woran es liegt.
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Pedro Rodriguez
22.07.2024 13:11registriert November 2018
Habe mir mal wieder ein Rennen von Anfang an angeschaut und war wirklich positiv überrascht. Wirklich ein cooles Rennen! Einfach schade, dass dann Norris für den Fehler seines Team bestraft wurde. Norris war Piastri in den letzten Runden überlegen und hätte den Sieg verdient.
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