In der vergangenen Woche haben gleich zwei der grossen europäischen Fussballklubs mit einer Ankündigung für ein kleines Erdbeben gesorgt. Besonders die Nachricht aus Liverpool überraschte. Jürgen Klopp, der seit fast neun Jahren – was im Trainerbusiness eine halbe Ewigkeit ist – beim FC Liverpool an der Seitenlinie steht, gab seinen Rücktritt per Ende Saison bekannt. «Ich brauche eine Auszeit», begründete er seine Entscheidung.
Auch der Trainer des FC Barcelona hat genug. Xavi gab am vergangenen Samstagabend nach der spektakulären 3:5-Niederlage seines Teams gegen Villarreal bekannt, dass er sein Amt als Barça-Trainer am 30. Juni niederlegen wolle. Xavi, der als aktiver Fussballer mit seinen 505 Spielen für die Katalanen zu einer lebenden Legende avanciert war, wird bei seinem Rücktritt gut zweieinhalb Saisons als Trainer des spanischen Klubs absolviert haben.
Die Rücktrittankündigungen von Klopp und Xavi bringen Bewegung in die Fussballwelt – im Zentrum steht die Frage, wer die Nachfolge der beiden Meistertrainer antreten wird.
Die Fussstapfen, in welche die Nachfolger treten werden, sind – insbesondere in Liverpool – riesig. Jürgen Klopp überzeugte bei den Reds nicht nur mit seiner Treue, er hat auch einige Erfolge vorzuweisen. Der Deutsche brachte Liverpool auch durch die Transfers von Sadio Mané und Mohamed Salah zurück in die Spitzengruppe der Premier League und gewann 2019 die Champions League. 2020 schaffte Klopp mit Liverpool schliesslich etwas, worauf die Fans 30 lange Jahre warten mussten: Er holte den ersten Meistertitel seit 1990 in die Stadt am Ufer der Mersey.
Auch Xavi ist ein Meistermacher. In der Saison 2022/23 gewann er mit Barcelona die spanische Meisterschaft. In der aktuellen Saison hinken die Katalanen der Tabellenspitze jedoch hinterher. Bereits 11 Punkte beträgt der Rückstand auf Leader Girona. Der Druck auf den Trainer des erfolgsverwöhnten Klubs wurde indes riesig. So sagte Xavi bei der Ankündigung seines Rücktritts dann auch: «Das Gefühl, Barça-Trainer zu sein, ist unangenehm, es ist grausam, man hat oft das Gefühl, respektlos behandelt zu werden, dass die eigene Arbeit nicht wertgeschätzt wird.»
So oder so. Die Aufgabe der neuen Trainer der beiden Traditionsklubs wird keine einfache. Zeit, einen Blick auf das Reservoir an Trainern zu werfen, welche dieser Herausforderung gewachsen scheinen.
Er scheint der derzeit logischste Kandidat zu sein. Mit Bayer Leverkusen zeigt Xabi Alonso in der Bundesliga gerade eindrücklich, dass er das Zeug zu einem Erfolgstrainer hat, weshalb er in Liverpool ebenfalls als Kandidat gilt. Zumal der Baske als Klopp-Nachfolger auch die Fussballromantiker bedienen würde. Bei den Reds stabilisierte Alonso einst das Mittelfeld und war Mitte der 2000er Jahre massgeblich an der Wiedergeburt des Vereins beteiligt, die 2005 im Gewinn der Champions League mündete.
Alsonso dürfte in Liverpool als vergleichsweise junger Trainer ganz oben auf der Liste stehen – nicht nur wegen seiner Vergangenheit mit den Reds, sondern auch deshalb, weil seine Leistung in Leverkusen für sich spricht. Die Werkself steht in der Bundesliga nach wie vor an der Tabellenspitze.
Ein weiterer Kandidat mit einer Vergangenheit im Klub wäre Steven Gerrard. Der 44-Jährige absolvierte zwischen 1998 und 2015 sage und schreibe 504 Spiele für Liverpool und erzielte dabei 120 Tore. Nach seiner erfolgreichen Zeit bei den Glasgow Rangers, wo er in seiner zweiten Saison als Trainer die schottische Meisterschaft gewann, ohne ein Spiel zu verlieren, schien er der prädestinierte Nachfolger für Jürgen Klopp zu sein.
Dann wechselte der Engländer zum Premier-League-Klub Aston Villa, wo er nach einer enttäuschenden Saison aber bereits wieder entlassen wurde. Nun coacht Gerrard in Saudi-Arabien den Verein Al-Ettifaq. Eine Rückkehr nach Europa wie jene des englischen Nationalspielers Jordan Henderson, der auf der Arabischen Halbinsel nicht mehr glücklich war und deshalb von Al-Ettifaq zu Ajax Amsterdam wechselte, ist nicht ausgeschlossen. Dennoch dürfte Liverpool derzeit wohl andere Kandidaten bevorzugen.
Zum Beispiel der Italiener Roberto De Zerbi, der in Brighton für Aufsehen sorgt. Mit offensivem Fussball und beeindruckenden Neuzugängen schafften es die Seagulls in der vergangenen Saison in die Europa League und schielen auch in der aktuellen Spielzeit auf die europäischen Plätze.
De Zerbi war als Spieler unter anderem bei Napoli aktiv und wagte als Trainer nach verschiedenen Stationen in Italien den Sprung in die Ukraine zu Schachtar Donezk. Seit 2022 steht er bei Brighton unter Vertrag. Dass er seit anderthalb Jahren erfolgreich ein Premier-League-Team coacht, macht ihn auch für Liverpool zu einem interessanten Kandidaten.
Auch der Name Graham Potter fällt im Zusammenhang mit der Klopp-Nachfolge. Für den Engländer spricht aber einzig, dass er momentan tatsächlich auf Klubsuche ist, wobei der 49-Jährige auch als Nachfolger Erik ten Hags bei Manchester United gehandelt wird. Sein relativ erfolgloses Intermezzo bei Chelsea, wo er in der vergangenen Saison nach nur sechs Monaten wieder entlassen wurde, macht ihn in Liverpool vermutlich ebenfalls kaum zum Wunschkandidaten.
Besonders erfreulich für die deutsche Fussballwelt wäre es natürlich, wenn nach Jürgen Klopp erneut ein deutscher Trainer bei Liverpool übernimmt. Nagelsmanns Vertrag beim DFB läuft nach der EM 2024 im eigenen Land aus – so könnte er rechtzeitig zur nächsten Saison seinen Posten als Liverpool-Trainer antreten. Eine Rückkehr in den Vereinsfussball steht für Nagelsmann angeblich an erster Stelle, der sechsfache Champions-League-Sieger wäre da wohl eine willkommene Adresse.
Eine interessante, aber doch eher unwahrscheinliche Nachfolge wäre der Portugiese José Mourinho. Erst vor kurzem wurde «The Special One» bei der AS Roma entlassen. Als ehemaliger Manchester United- und Chelsea-Trainer dürfte er bei der Liverpooler Fanbasis aber wenig Kredit geniessen. Auch machte er sich mit seiner Bilanz als Trainer in den letzten Jahren nicht unbedingt zum Wunschkandidaten eines Klubs, der auf dem höchsten Niveau mitspielen will.
Zidane war in Real Madrid nicht nur als Spieler ein wichtiges Puzzleteil für den Erfolg – als Coach führte er die Madrilenen in zwei Jahren zu zwei La-Liga-Titeln und drei Champions-League-Triumphen.
Der Franzose hatte seit seinem Abgang in Madrid im Jahr 2021 kein Traineramt mehr inne, wird aber immer wieder genannt, wenn ein grosser Klub auf Trainersuche ist. Der 51-Jährige wäre aber auch der Wunschkandidat der Franzosen als Nachfolger des französischen Nationaltrainers Didier Deschamps. Dennoch wäre der Job als Liverpool-Trainer wohl auch für Zidane verlockend.
Arteta hat sich bei Arsenal als Trainer bewährt. Auch Nati-Captain und Ex-Arsenal-Söldner Granit Xhaka schwärmte während seiner Zeit in London in den höchsten Tönen vom Spanier: «Ich geniesse jeden Tag mit ihm auf dem Platz. Es macht mich stolz, von einem wie ihm lernen zu dürfen.»
Der 42-Jährige entstammt der Juniorenabteilung des FC Barcelona und war einst Co-Trainer des überragenden Pep Guardiolas – er kennt also die Spielphilosophie der Katalanen. Arteta scheint in Arsenal aber ein langfristiges Projekt zu verfolgen. Seit 2019 ist er beim Premier-League-Verein im Amt und es ist fraglich, ob er dies für eine Rückkehr in seine Heimat aufgeben würde.
Nach seiner Zeit in Liverpool spielte der Spanier zwischen 2009 und 2014 für den Barça-Rivalen Real Madrid. Trotz dieses Wermutstropfens dürfte auch Barcelona am spanischen Trainer-Talent interessiert sein. Kein Wunder also, dass die Fans in Leverkusen nervös werden.
Roberto de Zerbi ist nicht nur in Liverpool, sondern auch in Barcelona ein valabler Kandidat. Der Italiener, der noch nie bei einem Klub vom Kaliber Liverpools oder Barcelonas an der Seitenlinie stand, teilt weder mit den Nordengländern noch mit den Katalanen eine Vergangenheit. Die spanische Liga kennt er weder als Spieler noch als Trainer. Dass er bereits in der Premier League aktiv ist, spricht also vielleicht eher für den FC Liverpool.
Die Erfahrung, die Roberto De Zerbi fehlt, hat Thomas Tuchel im Überfluss. Der aktuelle Bayern-Trainer stand mit Paris Saint-Germain und dem FC Chelsea nämlich bereits bei zwei weiteren europäischen Grossklubs als Trainer unter Vertrag.
Mit Bayern befindet sich Tuchel aktuell in einem packenden Zweikampf mit Leverkusen um den Meistertitel in der Bundesliga. Auch der Deutsche wird als Xavi-Nachfolger gehandelt. Tuchel goss am vergangenen Sonntag dann gleich selbst Öl ins Feuer, das in der Gerüchteküche lodert. An einem Treffen eines Bayern-Fanklubs in Heidenheim sagte der 50-Jährige: «Ein Wechsel ins Ausland würde mich wieder reizen. Spanien hat eine aussergewöhnliche Liga.»
Anfang Jahr sagte er zudem in einem Interview, dass er sich an seinen Stationen im Ausland mehr wertgeschätzt gefühlt habe als in Deutschland. Gut möglich also, dass Tuchel in Barcelona eine neue Herausforderung sucht.
Ebenfalls auf der Liste des FC Barcelona soll laut deutschen Medien auch Hansi Flick stehen. Der momentan arbeitslose, ehemalige deutsche Bundestrainer soll bereits vor einigen Jahren ein Angebot aus Spanien erhalten haben. «Wir wissen, dass Hansi Flick ein Kandidat ist. Es gab schon 2021 einen Video-Call mit Präsident Joan Laporta. Der wollte ihn überzeugen. Damals hat Flick allerdings abgesagt und dann kam Xavi», sagt Bild-Journalist Christian Falk zu diesem Gerücht.
Mit Remo Freuler, Dan Ndoye und Michel Aebischer trainiert der Italiener derzeit unter anderem drei Schweizer Nationalspieler. Beim FC Bologna leistet Thiago Motta, der einst selbst bei Barça gespielt hat, gute Arbeit und steht mit seinem Klub auf Platz 7 der Serie A. Der Rückstand auf die Champions-League-Plätze beträgt dabei nur drei Punkte. Kein Wunder, ist Barça-Präsident Joan Laporta angeblich ein grosser Fan der Arbeit Mottas.
Das in dieser Umfrage der Name Uli Forte nicht vorkommt, ist fast schon frech! 🙃🙃
Ich finde nicht, dass Mourinho eine "interessante" Nachfolge von Klopp wäre. Erstens lässt Mourinho keinen interessanten Fussball spielen und zweitens liegen seine Erfolge doch schon einige Zeit zurück. Es macht also keinen Sinn, im Zusammenhang mit Liverpool den Namen Mourinho auszugraben.