Die Wände müssen gebrannt haben in der Kabine des FC Basel. «Er hat uns so richtig heiss gemacht», sagt Fabian Frei nach dem Spiel gegen Xamax. Gemeint ist Alex Frei. Rekord-Torschütze der Nationalmannschaft, FCB-Legende, Verwaltungsrat, U18-Trainer und nun Interimscoach der ersten Mannschaft. Alex Frei, der Mann für alles, der Brandstifter, der diesem FCB Feuer unter dem Hintern machen soll.
Denn der Krösus ist zum Durchschnitt verkommen. Gegen Xamax, den Aufsteiger, kommt er nicht über ein 1:1 hinaus. Ein gerechtes Unentschieden, da sind sich alle einig. Eigentlich ist es der Anspruch des FC Basel, solche Spiele zu gewinnen. Schön gewinnen wollte man sie, das war neben der Verjüngung und der Verbaslerung die Maxime der Führung um Präsident Bernhard Burgener und Sportchef Marco Streller.
Alex Frei aber musste den schlafenden Riesen nicht nur wachrütteln, er musste ihm in Erinnerung rufen, dass er kein Zwerg, sondern eben ein Riese sei. Das Selbstvertrauen dieser von der Führung als Titel-Zurückeroberer präsentierten Mannschaft ist nach fünf Niederlagen in Folge arg angekratzt.
«Darum wollten wir einen, der brutal Emotionen reinbringt. Einen wie Alex Frei. Er und Marco Schällibaum sind das komplette Gegenteil von Raphael Wicky und Massimo Lombardo», sagt Sportchef Marco Streller.
Und Frei bringt Emotionen rein. Zum einen, indem er die Startelf im Vergleich zur Paok-Pleite auf fünf Positionen umstellt, das System wechselt (von 4-2-3-1 auf 4-4-2), Talent Noah Okafor den Vorzug vor Routinier Valentin Stocker gibt und den Fünf-Millionen-Transfer Dimitri Oberlin auf die Tribüne setzt.
Zum anderen mit neuen Ritualen. Eine halbe Stunde vor dem Spiel versammeln sich Staff und Spieler im Kreis. Schällibaum ist Wortführer, der Assistent schwört das Team ein. Frei sagt: «Fussball ist Psychologie. Es gibt Momente, da kommst du nur raus, wenn du doppelt so viel rennst wie der Gegner.»
Dann geht’s los in der Maladière. Alex Frei, 39 Jahre alt, schwarze Turnschuhe, braune Chino-Hose, dunkelgraues Poloshirt, hat einen Kaugummi zwischen den Zähnen. Er malträtiert ihn im Sekundentakt. Er rudert mit den Händen, winkt, schreit, hüpft, fuchtelt.
Daneben Xamax-Trainer-Urgestein Michel Decastel. Dunkelblaue Hose, blaues Hemd, Schirmmütze. Die Hände hat er oft hinter dem Rücken, manchmal auch in den Hosensäcken, selten sonst irgendwo. Kontrastprogramm auf Kunstrasen.
Und dann die 64. Minute. Der 18-jährige Noah Okafor schiebt nach herrlichem Angriff über Kevin Bua, Albian Ajeti und Luca Zuffi zum 1:0 ein. Frei ballt beide Fäuste, schreit, zeigt auf Okafor.
Als der wenig später rausmuss, klatscht Frei so heftig mit ihm ab, dass Okafor die Hand danach wohl mehr schmerzte als die von Krämpfen geplagte Wade. Von der Bank muss er mit ansehen, wie Nuzzolo in der 86. Minute ausgleicht. Die Maladière im kollektiven Freudentaumel. Alex Frei tobt, schlägt sich mit den Händen auf die Brust.
Für Sekundenbruchteile lässt Frei den Kopf hängen, dann geht er zu Decastel, gratuliert und eilt auf den Platz zu den Spielern, gestikuliert, redet ihnen zu, diskutiert mit Schiedsrichter Hänni über den Platzverweis gegen Samuele Campo und verschwindet im Bauch des Stadions. Keine zwei Minuten sind seit Schlusspfiff vergangen.
Durchatmen in der Kabine. Frei: «Die Anspannung war grösser als noch als Spieler. Da hatte ich wenigstens das Gefühl, ich könnte etwas beeinflussen. Als Trainer kann ich nur rufen und auswechseln. Ein Gefühl der Ohnmacht.»