Pana
Das wären aber komische Fussball-Junioren, wenn die nicht wüssten, wer Chapuisat ist ;)
Sieht Stéphane Chapuisat die Bilder von damals, dann huscht ein Lächeln über sein Gesicht. Mehr als 21 Jahre sind seit jenem unvergesslichen Abend vergangen, an dem Borussia Dortmund die Champions League gewann und der Schweizer seine prachtvolle Karriere krönte.
Auf einem dieser Fotos von damals ist zu sehen, wie der Portugiese Paulo Sousa den Henkelpott stemmt, während der herzhaft lachende Chapuisat daneben steht und seine berühmte Zahnlücke zeigt. «Das sind wunderschöne Erinnerungen», sagt der 49-Jährige. «In jenem Moment war uns zwar bewusst, dass wir das grosse Juventus geschlagen hatten, doch was der Gewinn der Champions League wirklich bedeutete, realisierten wir erst viel später.»
So ist Chapuisat bis heute der einzige Schweizer, der diese Trophäe als Stammspieler gewonnen hat, während Ciriaco Sforza und Xherdan Shaqiri im Final lediglich auf der Ersatzbank sassen, als sie mit Bayern München den Titel holten.
Chapuisat indes stand fast immer auf dem Platz, schoss drei Tore und war auch beim 3:1-Triumph im Endspiel in der Startaufstellung. «Wir waren Aussenseiter, wurden aber von Ottmar Hitzfeld perfekt eingestellt und hatten die nötige Siegermentalität», sagt Chapuisat.
Es war die Zeit, als die Champions League noch eine Liga war, die ihrem Namen gerecht wurde, weil nur die echten Champions mitmachen durften und nicht auch noch Tabellenvierte wie heute. «Trotzdem ist das aktuelle Format mit den vielen Topmannschaften eindeutig attraktiver», sagt Chapuisat.
Der Schweizer nahm drei Mal an diesem Wettbewerb teil und war dabei, als sich der bis heute denkwürdigste Vorfall ereignete: Der Torfall von Madrid. «Ich erinnere mich gut. Wir sassen in der Kabine und dachten, es müsse jeden Moment losgehen. Aber es dauerte und dauerte ...»
Es war kein Aprilscherz, was sich an jenem 1. April im Madrider Bernabeu-Stadion zutrug. Real-Fans hatten den Zaun hinter dem einen Tor zum Einknicken gebracht und dieser wiederum hatte das Gehäuse mitgerissen.
Weil ein Ersatztor aber zuerst vom Trainingsgelände herbeigeschafft werden musste, vergingen 75 Minuten, bis das Spiel endlich angepfiffen werden konnte. Zum Glück für TV-Reporter Marcel Reif, der an diesem Abend einen Spruch für die Ewigkeit kreierte: «Noch nie hätte ein Tor einem Spiel so gutgetan.»
Wenn es nun am Mittwoch im Stade de Suisse zur grossen YB-Premiere in der Sternenliga kommt, treffen gelb-schwarze Grünschnäbel auf «Red Devils», die zum 23. Mal in der Königsklasse auflaufen und diese auch schon zwei Mal gewonnen haben.
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— BSC Young Boys (@BSC_YB) 14. September 2018
Dieser geballten Routine hat YB nebst den paar Spielen eines Hoarau, Sulejmani und Benito nur etwas entgegenzusetzen: die Champions-League-Erfahrung von seinem Chefscout und Stürmertrainer Chapuisat. Dieser sagt: «Natürlich ist YB gegen Manchester der viel grössere Aussenseiter, als wir es damals mit Dortmund gegen Juve waren. Aber wichtig ist einfach, dass YB genauso an sich glaubt, wie wir mit Dortmund an uns geglaubt hatten.»
Seit zehn Jahren arbeitet Chapuisat nun schon als Funktionär für YB, nachdem er im Herbst seiner Laufbahn noch drei Jahre für die Berner aufgelaufen war und in 108 Spielen 58 Tore erzielt hatte. Er hat miterlebt, wie sein Arbeitgeber vor zwei Jahren noch in der tiefen Krise steckte und ein Meistertitel oder gar die Champions League weiter entfernt waren als der Mars von der Erde.
«Aber dann kam Christoph Spycher. Er hat mit seiner sachlichen Art und mit seinem Know-how die Wende herbeigeführt», sagt Chapuisat und ergänzt, dass das YB-Funktionsteam unter Spycher näher zusammengerückt sei. «Er ist ein Teamplayer und bezieht uns perfekt in die Arbeit mit ein. Er ist ein toller Chef.» Bei GC waren die beiden während einer Saison Teamkollegen gewesen.
Drei Mal in der Woche steht Chapuisat auf dem Platz und übt mit 15- bis 21Jährigen den Torschuss. Vermutlich wissen diese nicht einmal, was für eine Kapazität vor ihnen steht. Eine, die 103 Länderspiele auf dem Buckel hat und in 228 Bundesligaspielen sagenhafte 106 Tore schoss.
«Stürmer auszubilden, ist viel schwieriger als Verteidiger oder Aufbauer», sagt Chapuisat. «Vor allem brauchen sie mehr Biss und Geduld, weil die meisten Mannschaften nur mit einem Angreifer spielen und die Trainer oft nur fertige Stürmer einsetzen, die auch Tore garantieren.»
Dass «Chappi» aber nicht nur das Auge für Stürmer hat, sondern erfolgreich auch andere Positionen bestückt, zeigen die Beispiele von Goalie Yvon Mvogo und Aufbauer Denis Zakaria, die er in der Romandie entdeckt und nach Bern gelotst hatte und die zusammen für 19.5 Millionen Franken nach Deutschland verkauft werden konnten.
Wie viel von Chefscout Chapuisat steckt denn eigentlich in dieser YB-Mannschaft, die nun die Sterne glitzern lässt? «Einen Hoarau, Sulejmani oder von Bergen musste ich natürlich nicht scouten», sagt Chapuisat, «bei anderen war ich involviert, wie andere auch.»