Abstieg! Ja, seit Einführung der Nations League müssen auch Nationalteams mit diesem unschönen Szenario rechnen. Widerfahren ist es den Schweizern noch nie, seit der Lancierung des Formats im Jahr 2018 hält sie sich in der Liga A, dem Konzert der grossen Nationen. Gleich bei der Premiere qualifizierte sie sich sogar für die prestigeträchtige Final-Four-Endrunde. Ein Leistungsausweis – denn: In der aktuellen Ausgabe etwa tritt der EM-Zweite England nur in der Liga B an.
Doch nun ist das, was man in der Teppichetage des Schweizer Fussballverbands unbedingt verhindern will, vielleicht nur noch ein Spiel entfernt: Verlieren die Schweizer auch das Spiel am Dienstag gegen Dänemark und gewinnt gleichzeitig Serbien in Spanien, ist der Abstieg vorzeitig fix.
Nach den resultatmässig schlechten, spielerisch indes ordentlichen Partien gegen Dänemark (0:2) und Spanien (1:4) wollten die Schweizer in Serbien die schnelle Trendwende herbeiführen. Passiert ist das Gegenteil – ein Rückfall in den Herbst 2023: Viel Ballbesitz, mit dem die Nati grösstenteils nichts anzufangen wusste. Und Gegentore wie das 0:2 kurz nach der Pause, bei denen man sich wie vor einem Jahr fragt, wie ein Stammspieler von Manchester City (Manuel Akanji) sich im Nationaltrikot so schlecht anstellen kann.
Kurz: Es war die schwächste Leistung in diesem Jahr. Das allein ist Grund genug zur Sorge. Doch das Gesagte nach dem Grottenkick macht alles noch schlimmer: Selbstkritik? Maximal in Ansätzen hör- und spürbar. Und Allgemeinplätze, wie etwa von Dan Ndoye, dem noch gefährlichsten Offensivspieler einer zahnlosen Schweizer Nati: «Wir müssen schauen, dass wir schnell wieder in die Spur kommen.»
Vor allem kommen Ausreden. Akanji, von dem man auch mal Klartext à la Granit Xhaka erwarten darf, redet von «einem der schlechtesten Plätze, die ich je gesehen habe». Die billigste aller Begründungen, spielte der Gegner doch auf der gleichen Unterlage.
Goalie Gregor Kobel fand, die Nati habe eine gute Startphase hingelegt, übersah in seiner Analyse aber grosszügig: Serbien wollte den Ball gar nicht, und die erste von nur drei Schweizer Torchancen gab es erst nach einer knappen halben Stunde. Fabian Rieder schob Leistung und Resultat auf eine «schlechte Phase, die es halt gibt im Fussball».
Trainer Murat Yakin sah eine kreative Schweiz und viele Torchancen. Wies wie vor einem Jahr darauf hin, dass vieles gegen sein Team laufe. Und dann auch darauf, dass die Gegner die Spielweise der Schweizer entschlüsselt hätten: «So schnell unsere DNA verändern können wir aber nun mal nicht.» Immerhin räumt Yakin ein, dass man sich bei den Gegentoren nicht gut angestellt hätte. Anders gesagt: Auf die entscheidende Disziplin in dieser Begegnung war Serbien besser vorbereitet. Ein Armutszeugnis für die Schweizer Nati.
Dass von ihr in Leskovac mehr Arbeit denn Kunst gefragt sein würde, war von vornherein klar. Ebenso, dass Serbien körperlich aggressiv ans Werk gehen und bei Standardsituationen am meisten Torgefahr ausstrahlen würde. Das 0:1 fällt dann nach einem Freistoss von der Seitenlinie. Dem 0:2 geht liederliches Zweikampfverhalten von Akanji voraus. Serbiens Nationaltrainer Dragan Stojkovic attestiert den Schweizern eine «gute Spielkultur». Messerscharf dann seine Antwort auf die Frage, warum Serbien gewonnen habe: «Weil wir in den entscheidenden Zweikämpfen aggressiver waren.»
Nach der Ankunft in Serbien hat Yakin gesagt: «Anfang September hatten wir mit Fehlentscheiden, Sperren und Verletzungen zu kämpfen. Nun haben wir alle Spieler an Bord, wir konnten eine Woche lang trainieren: Die Partie wird ein Gradmesser!» An dem sind die Schweizer gescheitert. Mit der Folge, dass es in der Nations League wohl nur noch gegen den Abstieg geht. Das Spiel am Dienstag in St. Gallen gegen Dänemark wird die Frage beantworten, wie ernst die Spieler diese Gefahr nehmen. (aargauerzeitung.ch)
Ich habe beide Spiele nicht gesehen. Aber ich finde es schon abenteuerlich, bei einem Spiel, wo man 4 Tore kassiert, von "ordentlich" zu sprechen...