«Ist das eine Stadt oder ein Land?», fragt mich die nette Dame am Telefon, als ich vor der Abreise bei einer grossen Schweizer Bank Geld für Gabun wechseln will. Als die Länderfrage geklärt ist, liest sie die Währungsbestimmungen vor: «Man darf die Landeswährung weder ein- noch ausführen.» Ich erhalte kein Geld.
Ein wenig stutzig versuche ich es bei einer anderen Grossbank. Die Dame ist genauso nett, weiss erst genauso wenig, was sie mit «Gabun» anfangen soll. Aber dann sagt sie: «Kein Problem. In zwei Tagen ist das Geld hier. Ja, Einführen kann man eine unbeschränkte Menge, ausführen den Gegenwert von 400 Franken.»
Nichts könnte eine Reise in unbekanntere Länder Afrikas besser beschreiben. Niemand weiss so richtig, wie es funktionieren wird, jeder hat ein bisschen andere Angaben und Vorschriften. Aber irgendwie klappt's dann. Meistens. Oder eigentlich immer. Einfach nicht ganz so, wie geplant.
Mit dem Visum war's ähnlich. Weil ich 2010 in Angola das Visum erst am Abflugtag per Express-Sendung erhielt und 2015 in Äquatorialguinea nach einem Irrlauf ohne Visum anreiste, aber dann am Flughafen eines erhielt, wollte ich dieses Mal vorsorgen und ich kümmerte mich schon im Oktober um die Angelegenheit.
Da Gabun in der Schweiz keine Botschaft unterhält, wende ich mich an diejenige in Paris und schreibe gleichzeitig dem Schweizer Konsulat im Kongo (Kinshasa), das für Gabun zuständig ist. Aus dem Kongo heisst es, man werde sich wieder melden. Aus Paris erhalte ich die Infos zu den benötigten Unterlagen. Es trifft mich fast der Schlag:
Ich suche alles zusammen. Bis auf die Hotelbestätigung klappt's. Im Internet buche ich ein Hotel mit Gratis-Stornierung. Schreibe das Hotel an, dass ich eine zusätzliche Bestätigung benötige und warte. Antwort erhalte ich keine. Die Buchung kürze ich daraufhin auf meinen Ankunftstag.
Mittlerweile ist es Mitte Dezember. Die Akkreditierungsfrist wurde vom Afrikanischen Fussball-Verband kurzerhand noch um ein paar Tage verlängert – bis einen Monat vor Turnierbeginn. Dazu muss man wissen: Journalisten-Akkreditierungen von anderen grossen Turnieren wie beispielsweise der EM sind sechs Monate vorher verteilt, für Olympische Spiele muss man sich rund 18 Monate vor Beginn erstmals melden.
Weihnachten kommt und ich warte noch immer auf die Akkreditierung, mein Visum ist weit und breit nicht in Sicht. Dann – am 25. Dezember! – dem Tag, an dem praktisch niemand arbeitet, erhalte ich die Bestätigung. Auf einem Blatt Papier steht zudem in einem Satz: «Wenn im Herkunftsland keine gabunische Botschaft existiert, erhält man mit diesem Zettel das Visum am Zoll.»
Ich bin beruhigt. Allerdings nur, bis ich dann drei Tage vor der Abreise doch noch eine Antwort des Schweizer Konsulats in Kinshasa erhalte: Ich benötige neben der Gelbfieberimpfung auch diejenige gegen Hepatitis und Meningitis. Hepatitis habe ich, Meningitis nicht. Die Zeit ist zu knapp, ich reise ohne die Impfung, dafür mit einem mulmigen Gefühl, ab.
Schon beim Check-in in Zürich stutzt der Mitarbeiter ob der Visum-Erklärung. Er zögert erst, doch weil nebenan ein anderer Journalist mit der gleichen Begründung bedient wird, checkt er mich ebenfalls ein.
Das Gefühl bleibt unsicher. Weil man in Afrika eben nie weiss, was läuft, bis es eingetroffen ist. Tatsächlich verläuft die Zollkontrolle nach der Landung morgens um 4 Uhr mehr oder weniger geordnet. Nur dauert alles ewig. Ich habe noch nie eine soooo langsame Dame gesehen. Sie schreibt in Zeitlupe, kontrolliert alles supergenau und beim Stempel lässt sie sich unglaublich viel Zeit. Immerhin lässt sich das Ergebnis sehen: Nie hat mir jemand einen perfekter platzierten Stempel in den Pass gezaubert:
Egal. Ich bin drin. Und alles, was ich zeigen musste, waren der Pass und die Bestätigung. Gekostet hat es statt den 85 Franken fürs Visum: nichts. Manchmal hat es Vorteile, wenn man dank einer Akkreditierung ein wenig gleicher ist als andere.
Problemlos verläuft der Ankunftsmorgen doch nicht. Mein Taxifahrer irrt in der Dunkelheit durch Libreville. Hin und wieder geht es durch Strässchen bei denen er sagt: Fenster hoch, Türe abschliessen, Handy weg. Aber das Hotel lässt sich nicht finden, niemand kennt es, die Telefonnummer funktioniert nicht. Jetzt wird mir auch klar, warum ich keine Antwort auf meine Email mit der Bitte um eine zusätzliche Bestätigung erhielt. Vermutlich gibt es die Unterkunft gar nicht (mehr). Vielleicht klärt sich auch alles in den nächsten Stunden und Tagen. Fürs erste habe ich mal eine Nacht in einem anderen Hotel gebucht.
PS: Auf dem Flug nach Libreville, der wie erwähnt um 4 Uhr morgens ankam, war ab Casablanca auch die ganze Delegation Malis. Die Spieler hauten am Flughafen noch Pommes und Burger rein. In drei Tagen ist ihr erstes Spiel. Und kurz nach uns landet mit dem Senegal ein heisser Titelkandidat. Ihr erstes Spiel findet 36 Stunden nach der Landung in Franceville (nochmals ein Flug von ca. 80 Minuten) statt. Was würde wohl Vladimir Petkovic über so eine Turniervorbereitung sagen? Ich auf jeden Fall habe das Gefühl, dass einige 3.-Liga-Amateurkicker die Vorbereitung ernster nehmen. Doch wie gesagt: Afrika, da geht irgendwie alles.