Um 18.37 Uhr hat Xherdan Shaqiri am Montagabend den Balkon im zweiten Stockwerk des Joggeli-Turms betreten und sich erstmals seit seiner am Freitag verkündeten Rückkehr zum FC Basel den Fans gezeigt. Es war ein lang anhaltender Applaus, mit dem er von einer grossen Menschenmenge auf der Plattform hinter dem St. Jakob-Park begrüsst wurde, und Shaqiri rief ihr entgegen: «Hallo zämme! Hallo Basel!»
Eine solche Szenerie hat Basel noch nicht erlebt. Nicht für die Begrüssung einer öffentlichen Person. Eine Bühne, die sonst nur Olympiasiegern oder Weltmeistern in ihren Heimatgemeinden geboten wird. Im Fall von Xherdan Shaqiri sind 4471 Tage verstrichen, seit er am 23. Mai 2012 das letzte Mal das FCB-Trikot getragen hatte.
❤️💙 Dr Shaq isch zrugg 🤩#FCBasel1893 #AlliZämme #BrennefürdrFCB #rotblaulive pic.twitter.com/tXXe9WfAew
— FC Basel 1893 (@FCBasel1893) August 19, 2024
Es mögen gut und gerne 3000 Fans gewesen sein, die sich für den besonderen Moment dieser Heimkehr auf den Weg zum Stadion gemacht hatten, vielleicht waren es auch ein paar mehr. Das war schwer zu schätzen in dem Gewusel in und um den Fanshop, wo die Shaqiri-Trikots mit der Rückennummer 10 reissenden Absatz fanden, und in einer langen Schlange, die sich kurz nach 18 Uhr gebildet hatte, um ein Autogramm oder ein Selfie mit einem der grossen Stars des Schweizer Fussballs zu ergattern.
Shaqiri trat in legerer Hose und einem FCB-Shirt auf den Balkon der Geschäftsstelle, und man hatte ihm ein Podest vorbereitet, so dass er mit seinen 1,69 Metern kommod über die gläserne Balustrade zu den Fans sprechen konnte.
Das tat er wie ein Routinier mit Sinn dafür, was das Volk hören möchte. «Es ist immer schön, daheim zu sein», sagte er einleitend, um gleich einmal ein Ausrufezeichen zu setzen und Spekulationen den Wind aus den Segeln zu nehmen: «Es gab immer nur die eine Option – den FC Basel – und keine andere.»
Einige Zeit lange hatte Panathinaikos Athen als mögliche nächste Station gegolten. Sechsmal hat Shaqiri in den letzten zwölf Jahren den Klub gewechselt. Über 70 Millionen Euro zusammengerechnet liessen sich der FC Bayern München, Inter Mailand, Stoke City, der FC Liverpool, Olympique Lyon und zuletzt der Chicago Fire FC die Transferrechte und somit Shaqiris fussballerische Dienste kosten.
Nach zwölf Jahren im Ausland, einem ganzen Strauss an Titeln, darunter zwei Champions-League-Siege, ist der einstige FCB-Junior Shaqiri nun zurück, und er bedankte sich bei David Degen, Daniel Stucki und allen Beteiligten, die diese Rückholaktion ermöglicht hätten.
«Es ist sehr speziell, hier oben zu stehen und ich hoffe, dass wir baldmöglichst nicht hier, sondern auf dem Barfi stehen.» Mit diesem Satz brachte Shaqiri die Fangemeinde gleich zu Beginn in Wallung. Seine Botschaft ist klar, einfach und ohne falsche Bescheidenheit formuliert: «Wir wollen zurück in die glorreiche Zeit. Wir wissen, wo der FC Basel hingehört, und wir werden alles geben, ich speziell werde alles geben, damit wir den Kübel wieder nach Basel bringen.» Das geht den Fans runter wie Öl. Der Applaus war ihm für diese Ansage sicher.
Der Stolz der Fans, eine grosse Figur des Schweizer Fussballs und noch dazu einen «von uns» wieder in der Mannschaft zu haben, ist spürbar, die Vorfreude riesig. Nach sieben mageren Jahren soll Shaqiri so etwas wie den Wendepunkt zum Guten markieren, und so stand er – um im biblischen Bild zu bleiben – wie ein Heiland da oben auf dem Balkon des Joggeli-Turms, winkte hinunter und sprach, nun ja, durchaus salbungsvoll.
Der FCB sei immer in seinem Herzen gewesen, die Erinnerung an die magischen Nächte seiner ersten drei Jahre als Profi mit drei Meistertiteln und zwei Cupsiegen ist wach in ihm, und mit der Rückkehr ist bei ihm nicht weniger als «ein Traum in Erfüllung gegangen».
«Ich bin zwar keine zwanzig mehr», sagte der 32-jährige Shaqiri, «aber meinen linken Fuss habe ich noch. Mich darf man nie abschreiben.» Will ja auch niemand tun, nun, nach dem er nach 125 Länderspielen aus der Nationalmannschaft zurückgetreten ist und sich ganz und gar der Mission mit dem FCB widmen kann.
Beifall erntete Montag auch Daniel Stucki. Der Sportdirektor des FCB schilderte, wie der Verwaltungsrat des FC Basel unmittelbar nach der Europameisterschaft sich zu dem Vorstoss entschlossen hatte, Xherdan Shaqiri anzugehen. «Wir mussten uns das Paket finanziell anschauen. Und es war überraschend, wie gross Xherdans Wille war, zurückzukommen und worauf er bereit war, zu verzichten, vor allem finanziell.»
Applaus für Stucki. Den für David Degen muss sich der Klubchef denken.
«Wir waren bereit, einen Effort für Shaqiri zu machen, aber der war tatsächlich nicht in dem Rahmen nötig, an den wir ursprünglich geglaubt haben», erzählt Stucki, «weil Xherdan unbedingt zurückkommen wollte.» Applaus.
Dem Vernehmen nach soll es ein Grundgehalt von jährlich 1,2 Millionen Franken sein, mit dem sich Shaqiri bei seiner vermutlich letzten Karrierestation zufriedengibt. Bei einem Gespräch in Zürich nach der Europameisterschaft, so Stucki, «haben wir gespürt: Basel und Shaq – das passt einfach. Und es ist der richtige Zeitpunkt.»
Und was sich der FCB verspricht von Shaqiris Rückkehr, formulierte Stucki so: «Man muss es nicht betonen: Er ist einer der besten, wenn nicht der beste Offensivspieler, den die Schweiz je gehabt hat. Er ist erst 32 Jahre, was noch nicht alt ist. Er hat einen begnadeten linken Fuss und wird uns mit Sicherheit helfen. Vor allem ist er ein super Typ, immer positiv und aufgestellt. Das hilft uns, im Team und in der ganzen Region, womit wir den eingeschlagenen Weg Schritt für Schritt weitergehen können.»
Auch dafür gab es Beifall. Der nächste Schritt heisst: Heimspiel gegen Yverdon am Sonntag. Mit Xherdan Shaqiri. Nach langer Wettkampfpause sei er nicht bei hundert Prozent, «aber ich bin fit».
Bin ich der einzige, den das ärgert?
Aber ist sicherlich ein Gewinn für den Schweizer Klubfussball!