«Ich hätte mir den Startplatz verdient»: Michel Aebischer meldet in der Nati Ansprüche an
Am Samstag könnte im Nationalteam wieder einmal die Stunde von Michel Aebischer schlagen. Lange blieb er auf dieser Bühne unscheinbar, flog trotz mehrfacher Meisterehren mit den Young Boys unter dem Radar. Als der Schweizer bei Bologna Fuss gefasst hatte, erfand ihn Nationalcoach Murat Yakin an der EM 2024 in Deutschland für die Fünferkette als Schienenspieler der linken Seite neu.
Plötzlich war der eigentliche Zentrumsspieler in aller Munde, weil er überzeugend auftrat, und für den Gegner überraschend mit seinem Zug aufs Tor. Es war schwierig, Aebischer zu verteidigen, wenngleich sich Fehler einschlichen, zum Beispiel im verlorenen EM-Viertelfinal gegen England. Und doch, Aebischer war der heimliche Schweizer Held des Turniers: ein Leisetreter war er ja schon immer.
Seither ist viel passiert, und der zweisprachig aufgewachsene Freiburger heute leihweise bei Pisa engagiert, dem Serie-A-Aufsteiger. Die Schambeinverletzung, die er an der EM mit Schmerzmitteln und Therapien überlistete, warf den einstigen Captain Bolognas in der vergangenen Saison zurück. Im Oktober letzten Jahres musste er gar operiert werden. Auch nach dem Eingriff spielte Aebischer wenig, sowohl im Klub als auch nach der Umstellung auf die Viererkette in der Nati.
Das Kandidatenkarussell hat schon einige abgeworfen
«Es war keine einfache Zeit», sagt Aebischer. Also suchte er eine Lösung, die wieder regelmässige Einsätze und mehr Verantwortung auf wie neben dem Platz bringen sollte. Der 28-Jährige fand das alles in der Stadt mit dem schiefen Turm, was im Vergleich der beiden Vereine wie ein Rückwärtsschritt wirkte. «Aber deswegen fühle ich mich jetzt nicht schlechter», sagt er.
In der Toskana läuft es Aebischer alles andere als schief, und heute gilt er als Kandidat Nummer eins, um den verletzten Remo Freuler im Mittelfeld in den entscheidenden WM-Qualifikationsspielen gegen Schweden und Kosovo zu ersetzen. Dabei hat das Karussell schon einige Kandidaten abgeworfen.
Den verletzten Vincent Sierro zum Beispiel. Auch die erst kürzlich genesenen Denis Zakaria und Ardon Jashari, den man gerne neben Xhaka sehen würde und bei dem es nur eine Frage der Zeit ist, bis er das tun darf – sofern der Captain dann noch dabei ist. Johan Manzambi ist gerade perfekt aufgehoben in der Jokerrolle als Offensivkraft, und Djibril Sow spielte zuletzt in Slowenien wenig überzeugend.
Aebischer erwartet nicht, dass sich Yakin für ihn entscheidet, und doch sagt er: «Meine Leistungen mit Pisa sind gut. Das gilt auch in der Nati, wenn ich gespielt habe. Ich hätte mir den Startplatz verdient. Doch falls ein anderer beginnen sollte, wird er seine Sache gewiss gut machen und ich werde ihn voll unterstützen.» Yakin wird sich über die offene Position mit Xhaka austauschen, der Nati-Captain sagte schon einmal im «Blick»: «Remo ist ein extrem wichtiger Spieler. Er arbeitet in der Box, er arbeitet in der Defensive, er spielt einen ganz einfachen Fussball und hält vielen anderen Spielern den Rücken frei. Das zu kompensieren, wird keine einfache Aufgabe. Ich bin gespannt, für wen sich Muri entscheidet.»
Aebischer ist in Italien «der Ausgleicher»
Vielleicht hilft es ja, dass Aebischer in Italien den Übernahmen «L'equilibratore» hat, was übersetzt «der Ausgleicher» heisst. Womit taktisch kluge Fussballer bezeichnet werden, die Spielverständnis und die Fähigkeit haben, ein Team zu ordnen. Um auch mit ihrer Passgenauigkeit für die Balance zwischen Defensive und Offensive zu sorgen. Die kapitalen WM-Qualifikationsspiele, ein Fall für Aebischer also?
Nur, bei Yakin weiss man selten, was er hervorzaubert, für Überraschungen ist er immer gut. Doch müsste der Nationaltrainer seinen Spieler dieses Mal für die Schweiz nicht wieder neu erfinden. Denn Aebischer fühlt sich im defensiven Mittelfeldzentrum am wohlsten. «Exakt auf der gerade freien Position», lächelt der Italien-Legionär etwas schelmisch und sagt, dass es nun vor allem darum gehe, den Sack schnell zuzumachen. Ehe er sich mit diesen Worten verabschiedet: «Die WM ist das Grösste. Zuerst war es ein Bubentraum, der für mich in Katar in Erfüllung gegangen ist. Jetzt ist mein erklärtes Ziel, wieder dabeizusein.» Und am Samstag in Genf gegen die Schweden zu beginnen.
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