Athletic aus Bilbao und Real Sociedad aus San Sebastian sind die beiden grossen Fussballklubs des Baskenlands, einer Region ganz im Nordosten Spaniens.
Athletic und Real Sociedad sind die Klubs der beiden Torschützen im EM-Final beim 2:1 gegen England: Nico Williams, der beste Spieler des Endspiels im Berliner Olympiastadion, und Mikel Oyarzabal.
🦁 Tres leones del @AthleticClub, formados en Lezama, conquistan la @EURO2024 con la @SEFutbol
— Athletic Club (@AthleticClub) July 15, 2024
Segunda Copa que levantan esta temporada. ¡Y ahora queremos más! Os esperamos en casa.
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Athletic und Real Sociedad stellten gemeinsam acht Akteure des EM-Kaders und damit einen mehr als Real Madrid und Barça zusammen. Sechs davon spielten im Final: Nebst den Torschützen der Goalie Unai Simon (Athletic), der Innenverteidiger Robin Le Normand und der nach der Pause für den angeschlagenen Spielmacher Rodri eingewechselte Martin Zubimendi (beide Real Sociedad).
🏆 Nuestros 𝗖𝗔𝗠𝗣𝗘𝗢𝗡𝗘𝗦 💙
— Real Sociedad Fútbol (@RealSociedad) July 14, 2024
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Mit Mikel Merino, dem Helden des Viertelfinals gegen Deutschland, kam kurz vor Schluss ein weiterer Spieler San Sebastians aufs Feld. Ausserdem ist Aymeric Laporte bei Athletic gross geworden, ehe er zu Manchester City und danach nach Saudi-Arabien wechselte.
Und: Trainer Luis de la Fuente reifte als Junior bei Athletic zum Profi, spielte dann für den Klub und war später dort Nachwuchstrainer, ehe er 2013 zum spanischen Verband wechselte.
Die Liebe zu den eigenen Klubs und deren Spielern ist sehr gross im Baskenland. Die Zuneigung zu Spanien? Mässig. «El Correo», die grösste Zeitung der Region, zeigte Bilder der Jubelfeier in Bilbao nach dem EM-Triumph. Zu sehen: bloss etwa 200 Fans.
Dass man im Baskenland überhaupt Menschen in einem Trikot der «Selección» gesehen hat, sei unerwartet geschehen, schrieb der Journalist und Buchautor Pablo Martinez Zarracina. Denn lieber als eine spanische Auswahl würden viele Basken eine eigene Nationalmannschaft spielen sehen.
Der Wunsch nach Unabhängigkeit ist in der autonomen Region gross, wenngleich die Zeit der Anschläge durch die separatistische Untergrundorganisation ETA glücklicherweise vorbei ist. Tatsächlich existiert eine baskische Fussballauswahl, vom Weltverband FIFA wird sie nicht anerkannt.
Wie Siegesfeiern im Baskenland aussehen, wenn ein eigenes Team etwas gewinnt, konnte man erst kürzlich erleben. Athletic gewann im April den spanischen Cup und damit nach 40 Jahren wieder einen Titel. Dass diese lange Wartezeit endete, war Anlass für ein riesiges Fest in der Stadt, die auf Baskisch Bilbo heisst.
Wenige Wochen zuvor besuchte ich das Baskenland, war bei je einer Partie von Real Sociedad und von Athletic. Was sofort auffiel: Wie präsent die Klubs in den beiden Städten sind.
Besonders, wie vernarrt Bilbao in seinen rot-weissen Klub ist, hat mich tief beeindruckt. Vielleicht war es die Vorfreude auf den Cupfinal, vielleicht der wunderbar warme, sonnige Samstag, aber wie überall in der Innenstadt Fahnen, Schals und Transparente hingen, war wirklich ausserordentlich. Von den zwei Millionen Basken hätte eine Million gerne ein Ticket für den Final in Sevilla ergattert, behauptete mein Sitznachbar im San Mamés und ich glaube ihm.
Nico Williams wurde wie nun im EM-Final schon beim Cupsieg zum Mann des Spiels gewählt. Der 22-jährige Sohn ghanaischer Einwanderer ist gemeinsam mit seinem älteren Bruder Iñaki Williams das Aushängeschild dieses ganz besonderen Fussballklubs. Denn bei Athletic spielen seit über hundert Jahren nur Fussballer, die im spanischen oder französischen Baskenland geboren oder in einem dortigen Klub ausgebildet worden sind. Trotz dieser Politik ist Athletic neben den Titanen Real Madrid und FC Barcelona der einzige Klub, der noch nie aus der höchsten Liga abgestiegen ist.
Dank Spielern wie Williams, einem der Shootingstars dieses Turniers, sammelte das spanische Nationalteam dieser Tage viele Pluspunkte im Baskenland. Die TV-Marktanteile bei Spaniens Partien waren, obwohl tiefer als im Rest des Landes, hervorragend. Im Final lag er im Baskenland bei durchschnittlich 70 Prozent. «Jenseits jeglicher Ideologie, die jeder von uns haben mag, ist das, was wir alle gemeinsam haben, die Leidenschaft für den Fussball», sagte Athletic-Verteidiger Dani Vivian, der an der EM zu zwei Einsätzen kam.
Dem Sport, dem Fussball im Besonderen, wird oft zu viel Bedeutung beigemessen. Seine Ergebnisse können den Lauf der Dinge indes teilweise durchaus mit beeinflussen. Wer weiss, ob dieser EM-Titel Spaniens mit dem markanten Anteil des Baskenlands rückblickend einmal als ein wichtiger Meilenstein betrachtet wird bei der Annäherung zwischen einem Land und einer freiheitsliebenden Region.