In Europa wird die Klub-Weltmeisterschaft kritisch beäugt. Noch ein Wettbewerb, der dazu dient, die nimmersatten Mäuler der FIFA und der Vereinsbesitzer zu stopfen, und der die reichen Klubs noch reicher und die nationalen Ligen wohl noch langweiliger macht. Diese Befürchtungen sind wohl gerechtfertigt.
Auf anderen Kontinenten ist die Sicht auf die in neuem Format stattfindende WM hingegen eine andere. Für die südamerikanischen, afrikanischen oder asiatischen Klubs und ihre Fans ist es eine Möglichkeit, endlich mal aus dem Schatten der europäischen Klubs zu treten und sich einem grösseren internationalen Publikum zu präsentieren. Am besten wird dieser Kontrast am Auckland City FC sichtbar.
Der neuseeländische Klub ist der einzige an der Klub-WM aus dem Amateurfussball. Seine Spieler sind Lehrer, Coiffeure oder Immobilienmakler, die nach Feierabend trainieren. Der Stürmer Angus Kilkolly, ein Verkaufsleiter für Elektrowerkzeuge, musste gar vier Wochen unbezahlten Urlaub nehmen, um für das Turnier in die USA reisen zu können. Der 29-Jährige arbeitet von 7.30 bis 21 Uhr, mit dem Fussball verdient er lediglich eine Aufwandsentschädigung von rund 90 Euro die Woche. Nun die Bühne mit Superstars wie Harry Kane, Lionel Messi oder Kylian Mbappé zu teilen, bezeichnet er gegenüber der Nachrichtenagentur AFP als «Traum».
Dass der ACFC beim Herzensprojekt von FIFA-Präsident Gianni Infantino mitwirken darf, liegt an seinem Erfolg in der ozeanischen Champions League. Im Qualifikationszeitraum gewannen die Neuseeländer drei der vier Ausgaben, zuletzt folgte der vierte Titel in Serie. Am Morgen mussten sie noch in der Liga antreten, die Reservemannschaft verlor das Spiel 0:1. Am Nachmittag gewann Auckland City dann den Champions-League-Final auf den Salomon-Inseln gegen Hekari United aus Papua-Neuguinea 2:0. Zum 13. Mal holte sich der Klub diesen Pokal und ist damit Rekordteilnehmer an der Klub-WM, an der bisher die sieben Sieger des jeweils wichtigsten Kontinentalwettbewerbs dabei waren. 2014 wurde er tatsächlich einmal Dritter.
Kurios ist es aber trotzdem, dass der Amateurverein an der Weltmeisterschaft vertreten ist. Weil Australiens Verband seit 2006 dem asiatischen angehört, spielen die Klubs aus der professionellen A-League nicht mehr in der ozeanischen Champions League. In dieser Liga sind zudem auch die einzigen Profiklubs Neuseelands vertreten: Wellington Phoenix und Auckland FC.
Letzterer ist nicht mit dem Auckland City FC zu verwechseln. So wurde dieser erst im letzten Jahr gegründet und gilt bei den Fans des 2004 aus der Taufe gehobenen ACFC als «Plastikklub», wie Allesfahrer Blair Shaw gegenüber 11 Freunde sagt. Dennoch schauen bei den Spielen des Auckland FC regelmässig über 20'000 Fans zu, während es bei den Amateuren vom Auckland City FC jeweils zwischen 200 und 2000 sind. Stürmer Kilkolly spricht von einem «Familienverein, in dem jeder willkommen ist und in dem man jeden kennt».
Einen grossen finanziellen Segen darf dieser Familienverein nun aber nicht erwarten. Denn der neuseeländische Verband streicht einen Grossteil der 3,58 Millionen US-Dollar Antrittsgage von der FIFA ein. Kaum mehr als 250'000 US-Dollar kämen beim Verein an, berichtet das deutsche Fachmagazin. Der Grund des Verbands ist ein nobler: Das Geld soll unter den Vereinen der Liga verteilt werden, um sportliche Fairness zu bewahren. Ein grosser Unterschied zu den Topklubs in Europa, die angeblich über 90 Prozent der Einnahmen behalten werden.
Für den Auckland City FC ist das aber auch ein grosses Ärgernis. Geschäftsführer Gordon Watson sagt: «Wenn wir Glück haben, landen wir bei plus/minus null.» Dies liegt auch an den Vorgaben der FIFA. Jeder Teilnehmer der Klub-WM muss ein Sicherheits- sowie ein Medien-Team stellen und Vorbereitungsspiele in den USA bestreiten.
Die Kosten dafür müssen selbst getragen werden. Für einen Klub, für den schon das Schicken von drei kompletten Trikot-Sätzen ins FIFA-Hauptquartier nach Zürich ein Problem darstellt, ist das Erfüllen dieser Vorgaben eine grosse Herausforderung.
Trotzdem ist die Vorfreude auf die Gruppenspiele natürlich riesig. Watson stellt klar: «Es ist ein Traum, der wahr wird.» Dieser Klub, bei dem kein Spieler gemäss Transfermarkt einen höheren Marktwert hat als 275'000 Euro, trifft nun auf Bayern München, Benfica und die Boca Juniors.
Für Stürmer Kilkolly wäre es bereits ein Traum, aus seinem unbezahlten Urlaub das Trikot von Bayern-Star Harry Kane mitzubringen. Heute Abend (18 Uhr) hat er dazu die Möglichkeit. Dann treffen die Amateure vom Auckland City FC in Cincinnati auf den grossen FC Bayern.