Arnold Gjergjaj, Sie sind ein Unikum: Ein Kosovo-Albaner, der dreinschlägt und trotzdem beliebt ist!
Arnold Gjergjaj: Dreinschlagen gibt es für mich nur im Boxring. Und auch da geschieht es nach strikten Regeln. Und wenn der Kampfrichter «Stop» ruft, dann ist fertig.
Trotzdem, in der Schweiz als Kosovo-Albaner beliebt zu sein, ist nicht ganz einfach!
Ich habe selber diesbezüglich nie negative Erfahrungen gemacht. Auch nicht, als ich noch zu 100 Prozent auf dem Bau arbeitete. Meine Eltern sind in dieses Land gekommen, um zu arbeiten. Und es war ihnen wichtig, dass auch ich etwas lerne und leiste.
Ist man als erfolgreicher Spitzensportler hierzulande der bessere Immigrant?
Das denke ich schon, aber das ist wohl in jedem Land so. Bist du Olympia-Teilnehmer oder Weltmeister, hast du natürlich einen anderen Status als ein normaler Mensch.
Das ist aber gegenüber den «normalen» Einwanderern auch ein wenig ungerecht?
Das stimmt. Der Arbeiter auf dem Bau geniesst diese Anerkennung nicht. Schlicht, weil man ihn nicht kennt. Für ihn ist es schwieriger, beliebt zu sein. Dabei ist er vielleicht ein ganz feiner Kerl.
Sie sind ungeschlagener Profi-Boxer im Schwergewicht. Wie viele Millionen haben Sie mit Boxen bis zum heutigen Tag verdient?
Null, null, null, null Komma eins Millionen Franken (lacht). Ich habe bisher mit Boxen kein Geld verdient, es hat nur gekostet. Es ging darum, an meiner Karriere zu arbeiten. Es brauchte die Hilfe von Freunden und Familie, um meine Karriere zu finanzieren.
Was bedeutet Ihnen Boxen?
Man muss definitiv Freude daran haben. Hätte ich vor 15 Jahren mit dem Ziel angefangen, Geld verdienen zu wollen – wer wartet schon 15 Jahre auf einen Lohn …?
Sie sind seit einem Monat Schweizer. Sind Sie stolz auf den neuen Pass?
Ich bin sehr stolz. Ich lebe hier, habe hier die Schule beendet, die Lehre gemacht und meine Existenz aufgebaut. Deshalb bin ich stolz, jetzt auch den Schweizer Pass zu besitzen.
Erkennt man Sie eigentlich in Basel, wenn Sie durch die Stadt spazieren?
Ja, immer mehr Leute sprechen mich an oder sagen «Hallo». Es sind ausschliesslich positive Reaktionen.
Sie gelten als hochanständiger, stets freundlicher Mensch. Nicht gerade Eigenschaften, die im Ring helfen?
Nicht nur Boxer, auch Fussballer sind anders auf als neben dem Platz. Im Wettkampf geht es darum, zu gewinnen. Dafür braucht es eine gewisse Aggressivität.
Wie schwierig ist für Sie diese Wandlung?
Man konzentriert sich bereits Wochen vor dem Kampf auf den Gegner. Im Ring gibt es dann nur ein Ziel: Sieg! Auch ich selber erkenne mich in dieser Rolle als Kämpfer nicht wieder.
Wie lange brauchen Sie nach einem Kampf, bis die Emotionen wieder runtergefahren sind?
Nach einem Kampf schlafe ich nie gut. Das Adrenalin im Körper verhindert das. Erst am nächsten Tag geht es jeweils besser.
Wie verändert sich Ihr Alltag durch diesen Kampf gegen David Haye?
Stark! Es ist für mich immer noch nicht ganz zu fassen, was jetzt gerade passiert. Auch viele meiner Freunde sagen: «Was, der Arnold aus Pratteln reist nach London, um gegen David Haye zu kämpfen!»
Also chancenlos?
Ich gehe nicht nach London, um zu verlieren.
Hat man als Boxer vor einem Kampf eigentlich Angst?
Jeder Mensch kennt Angst. Ich habe Angst, dass ich verlieren könnte. Nicht Angst vor dem Gegner. Angst habe ich nicht vor Menschen, höchstens vor Schlangen.
Wie bitte, die Kobra hat Angst vor Schlangen?
Ja, so richtig fest. Wenn ich eine Kobra sehen würde, dann wäre ich sofort weg.