Sie sorgten am Sonntagnachmittag bei vielen Fans im Oltner Kleinholz für Kopfschütteln: EHC-Biel-Fans kreierten für das einmalige Cupspiel zwischen dem einstigen Erzfeind Olten und dem A-klassigen Biel (3:4 n.V.) schwarze T-Shirts und Pullover mit der Aufschrift «Scheiss Olten». Beinahe der gesamte Gästesektor der Bieler trug die extra angefertigten Kleidungsstücke. Auch der brandneue Kloten-Trainer und ehemalige Biel-Headcoach Kevin Schläpfer zeigt sich mit einigen johlenden Biel-Fans in einem solchen angefertigten Shirt.
Er habe nicht bemerkt, was draufstand, wehrte sich Schläpfer danach. Wie kann es sein, dass man sich ein T-Shirt anziehen lässt und minutenlang nicht bemerkt, was draufsteht und sich sogar noch damit ablichten lässt – Arm in Arm mit Vertretern der Bieler Hardcore-Fanszene, die allesamt einen Pullover mit demselben, unmissverständlichen Aufdruck («Scheiss Olten») tragen?
Schläpfers Erklärungen, wonach er nicht mitbekommen habe, welche Message er da auf seiner Brust verbreitete, klingen auf den ersten Blick unglaubwürdig. Und doch gibt es keinen Grund, an der Glaubwürdigkeit des neu ernannten Kloten-Trainers zu zweifeln. Ein Erklärungsversuch.
Ganz zuerst dies: Was in dieser Affäre völlig fehlt, ist ein Motiv. Kevin Schläpfer war selber Spieler beim EHC Olten – ein beliebter dazu. Auch während seiner Amtszeit beim EHC Biel als Spieler, Sportchef oder Trainer gab es keinerlei Animositäten oder gar Streit mit Olten. Von beiden Seiten heisst es ganz klar, dass man immer ein gutes Verhältnis untereinander hatte. Es gibt also keinen Grund für Schläpfer, dem EHCO irgendetwas heimzuzahlen – schon gar nicht auf so eine primitive Art und Weise.
Den Kern der Sache trifft wohl eher ein Charakterzug von Kevin Schläpfer: Er ist extrovertiert, geht auf die Menschen zu und sucht lieber einmal zu viel als einmal zu wenig das Gespräch. Schläpfer ist, wie man so schön sagt, «volksnah».
Das bringt es mit sich, dass er sich auch gerne mal in die Fanmeute begibt und mit dem «Fussvolk» kommuniziert. Dabei kann es durchaus vorkommen, dass er für einen Moment die Übersicht verliert. Hier ein «Hallo», da ein Selfie, dort ein kurzer «Schwatz».
Deshalb – auch wenn es vielen Olten-Fans vermutlich sehr schwerfällt, das zu glauben – ist es nachvollziehbar, dass Kevin Schläpfer gar nicht realisierte, was da im Bieler-Fangetümmel mit ihm geschah.
Dass er sich ein Shirt anziehen lässt und sich damit einfach so fotografieren lässt, zeugt natürlich von einer grossen Portion Naivität – was er selber auch eingestand. Aber Kevin Schläpfer hat schlicht nicht damit gerechnet, dass er für die Bieler «Scheiss»-Aktion missbraucht wird.
Selbst wenn das Foto für den EHCO schwer verdaulich ist, so darf man dem «Hockeygott» aus diesem unabsichtlichen Fehler keinen Strick drehen und sollte die Sache auf sich beruhen lassen. Viel eher sollte man seinen Unmut gegen die Bieler Fans richten, die mit ihren primitiven Anfeindungen nicht nur im Stadion ein schlechtes Bild abgaben, sondern nun auch noch ihre eigene Kultfigur, den «Hockeygott» Schläpfer, in den Dreck gezogen haben.