Schon wieder verlässt Union Berlin den Platz als Verlierer. Das 0:3 gegen Eintracht Frankfurt ist die zwölfte Niederlage in Serie. Erneut lassen die «Eisernen» alles vermissen, was sie unter Urs Fischer so erfolgreich gemacht hat. In nur 14 Minuten lässt sich die Defensive der Berliner gleich zwei Mal aushebeln. Es sind zwei Gegentore, die sinnbildlich für den Absturz von Union Berlin stehen.
Dem ersten Treffer durch Omar Marmoush geht ein Standard voran. Noch in der letzten Saison wäre der Ball kompromisslos geklärt worden, nun prallt er von einem Unioner an den nächsten und fällt vor die Füsse des Ägypters, der souverän abschliesst. Der zweite Streich von Marmoush ist dann ein gut ausgeführter Konter. Was bisher immer die Stärke von Union Berlins Offensive war, bricht ihnen defensiv mittlerweile regelmässig das Genick. Am Ende macht Frankfurt aus vier Schüssen drei Tore – eigentlich eine Spezialität von Union.
Doch machte der Klub aus Köpenick in den ersten fünf Jahren unter Urs Fischer immer sehr viel aus sehr wenig, verliert er in der sechsten Saison des Schweizers teilweise gar trotz Überlegenheit. Die Verunsicherung ist den Spielern deutlich anzusehen – kein Wunder, nach zwölf Niederlagen – und es scheint alles schiefzulaufen, was schieflaufen kann. Selbst Fischer scheint mit seinem Latein am Ende.
Dabei ist der 57-Jährige sicherlich nicht über Nacht zu einem schlechten Trainer geworden, doch er hat Union Berlin bereits alles gegeben. Kapitän Christopher Trimmel bringt dies ungewollt auf den Punkt, als er dem Trainer den Rücken stärken will: «Er gibt alles, er tut alles, er versucht alles. Er redet viel mit uns, ist sehr direkt, sehr klar. Mehr kann er einfach nicht machen.»
Der Österreicher bestätigt damit, was die letzten Spiele gezeigt haben: Bei Union Berlin braucht es neue Ideen. Ob Fischer diese bringen kann, scheint fraglich. Denn fünf Jahre bei einem Klub sind im modernen Fussball eine extrem lange Zeit – in den europäischen Topligen sind nur acht Trainer länger im Amt als Fischer.
Dieser geniesst jedoch auch nach der längsten Niederlagenserie der Klubgeschichte die ungebrochene Unterstützung der gestandenen Spieler, der Führungsetage und vor allem der Fans. Und die hat er sich mit der grossartigen Arbeit der letzten Jahre auch verdient. Er hat den Klub aus dem Mittelfeld der 2. Bundesliga bis in die Champions League geführt und gilt als Vereins-Legende, egal was noch kommen mag.
Doch mit den Erfolgen hat sich auch das Selbstverständnis des Klubs geändert. Das haben die Transfers im Sommer gezeigt: Leonardo Bonucci, Robin Gosens und Co. wurden nicht für den Abstiegskampf geholt. Mit sechs Punkten und Platz 16 befindet sich Union Berlin nun aber genau dort. Für die Neuverpflichtungen ist es in dieser Situation möglicherweise auch schwer zu verstehen, dass Fischer nach wie vor nicht zur Diskussion steht und Präsident Dirk Zingler ihm weiterhin den Rücken stärkt.
Deshalb müsste der Impuls wohl von Fischer selbst kommen. Er müsste selbst einsehen, dass manchmal nur eine Veränderung auf dem Trainerposten hilft, um einen Negativlauf zu stoppen. Wenn er seinen Posten freiwillig räumt, könnte das die beste Lösung für ihn und den Verein sein.
Wie es gehen kann, zeigte zuletzt Mainz. Obwohl Bo Svensson einen sehr guten Job machte und Mainz erst noch in der Rückrunde sehr erfolgreichen Fussball spielte, trat der Däne nach neun sieglosen Spielen zum Start dieser Saison von seinem Amt zurück. Kurz darauf gewannen die Mainzer überraschend gegen RB Leipzig.
Ein ähnlicher Effekt war bereits in der Vergangenheit bei Borussia Dortmund und Borussia Mönchengladbach zu erkennen, als Jürgen Klopp und Lucien Favre ihre Trainerjobs trotz zuvor grosser Erfolge freiwillig aufgaben. Darauf könnte jetzt auch Union Berlin hoffen.
Und für Urs Fischer könnte ein Abschied ebenfalls Sinn machen. Bei den «Eisernen» hat er alles erreicht, was möglich war, nun hat er den Zenit aber überschritten. Sollte er sich dazu entscheiden, seinen Posten freiwillig zu räumen, könnte er entweder eine Pause einlegen oder auch in Kürze bei einem anderen Klub einsteigen. An Angeboten wird es ihm nicht mangeln. Gerade in Deutschland geniesst er einen hohen Stellenwert, nicht zuletzt, weil er in der letzten Saison zum «Trainer des Jahres» gewählt wurde.
Und sonst wäre da ja noch der Posten des Nationaltrainers in Fischers Heimat, der spätestens nach der Europameisterschaft im nächsten Sommer frei werden könnte.
Und genau da liegt der Hund begraben. Union ist Kampf, Leidenschaft und Demut. Daran ändert auch die CL-Teilnahme und bessere finanzielle Möglichkeiten nichts.
Mal zwei Siege aneinander und man ist schon wieder tief im hinteren Mittelfeld drin.
Und sollte es tatsächlich nicht besser werden, dann könnte man auch noch vor der Winterpause reagieren...
Aber man muss auch sehen, dass Union mit den Kaderumbauten immer viel Risiko einging. Jetzt ging der Schuss mal nach hinten los. Vor Üse sollte aber Bonucci gefeuert werden. Der ist Gift für diese Abwehr.