Jeder Sport hat diese Duelle, welche die Herzen der Fans höher schlagen lassen. Weil es sie schon ewig gibt, weil sie besondere Geschichten haben oder schlicht, weil die grössten Teams daran beteiligt sind. Boston Celtics gegen die Los Angeles Lakers ist so eines. Real Madrid gegen den FC Barcelona. England gegen Deutschland. Oder im Kleineren die ZSC Lions gegen den HC Davos.
Ein solches Traumduell ist auch jenes der New York Yankees und der Los Angeles Dodgers. Und genau diese beiden Teams treffen nun im Final der Baseball-Liga MLB aufeinander. Das erste Spiel der «World Series», die im Best-of-7-Format ausgetragen wird, findet in der Nacht auf Samstag (2.08 Uhr Schweizer Zeit) statt. Es ist, als würde im Clásico der Champions-League-Titel ausgespielt werden. Als würde sich England als Mutterland des Fussballs mit Rekordsieger Brasilien um den Weltmeistertitel duellieren.
Die Yankees und die Dodgers sind über ihren Sport hinaus bekannt. Es sind zwei der grössten Namen und Marken im Sport – aus zwei der grössten Städte, die sich ausserdem nicht besonders ausstehen können. Mit einem Wert von 7,1 Milliarden Dollar sind die Yankees nach den Dallas Cowboys gar das wertvollste Sportteam der Welt. Die Dodgers hinken mit 4,8 Milliarden Dollar auf Platz 25 zwar etwas hinterher, sind aber trotzdem die Nummer 2 im Baseball.
Doch es sind nicht nur diese Werte, die zeigen, wie speziell dieses Duell ist. Viele der grössten Legenden in diesem Sport spielten für eines der beiden Teams. Jackie Robinson trug das Trikot der Dodgers (damals spielten sie noch in Brooklyn), Sandy Koufax ebenfalls. Das weltberühmte Logo der New York Yankees trugen schon Spieler wie Babe Ruth, Mickey Mantle oder Derek Jeter auf ihrer Brust und ihren Mützen.
Aufgrund ihrer reichen Geschichten verzichten die beiden Teams auch auf, aus ihrer Sicht unnötige, Dinge wie Maskottchen. Dazu gehört, dass sich die Trikots der beiden Teams eigentlich nie verändert haben. Und dass bei den New Yorkern weder lange Haare noch Bärte erlaubt sind. Die Dodgers und die Yankees sind Baseball durch und durch – und ihr Duell ist in diesem Sport das höchste der Gefühle.
Doch obwohl es sich um die reichsten Teams in der besten Baseball-Liga der Welt handelt, trafen sie letztmals 1981 in der Finalserie aufeinander. Damals gewann Los Angeles 4:2. Insgesamt setzten sich die Yankees aber in acht von elf «World Series» gegen den Rivalen durch. Mit 27 MLB-Titeln ist das Team aus der Bronx auch mit Abstand Rekordsieger, die Dodgers kommen auf sieben und damit die sechstmeisten.
Dass es nach 43 Jahren endlich zu einer Neuauflage des legendären Duells kommt, liegt vor allem an zwei Spielern: Shohei Ohtani und Aaron Judge.
Der 30-jährige Japaner ist wohl der talentierteste Baseball-Spieler der Geschichte. Ohtani spielt sowohl als Batter als auch als Pitcher, ist also Schlagmann und Werfer – wobei er diese Saison wegen einer Ellbogenverletzung auf das Werfen verzichtet. Dank seiner verrückten Leistungen und Rekorde ist er selbst Sport-Muffeln in den USA ein Begriff.
Im letzten Dezember wechselte Ohtani von den Los Angeles Angels innerhalb der Stadt zu den Dodgers, wo er einen Zehnjahresvertrag über 700 Millionen Dollar unterschrieb. Auch in dieser Saison begeisterte er mit seinen wahnsinnigen Leistungen. Und er qualifizierte sich in seiner siebten MLB-Saison endlich erstmals für die Playoffs. Judge bezeichnete ihn vor dem ersten Finalspiel als «besten Spieler unseres Sports».
Judge selbst ist eine echte Homerun-Maschine. 2022 schlug der 32-Jährige den Ball 62 Mal über die Abgrenzung des Felds und wurde zum «wahren Homerun-König». Der Wert wurde in der Geschichte der MLB lediglich von drei Spielern übertroffen, denen später die Verwendung leistungssteigernder Substanzen nachgewiesen wurde. Auch in dieser Saison kam Aaron Judge auf 58 Homeruns – selbstverständlich Saisonbestwert in der MLB. Hinter ihm folgte Ohtani mit 54.
Two of the game's biggest stars on the biggest stage
— MLB (@MLB) October 25, 2024
Aaron Judge. Shohei Ohtani. #WorldSeries pic.twitter.com/GWCFlUQ03b
Wenig überraschend wurden Ohtani und Judge zum jeweils besten Spieler ihrer Conference gewählt, was der Finalserie zusätzliches historisches Gewicht verleiht. Seit es die Playoffs in heutiger Form gibt, trafen erst einmal zwei MVPs in der «World Series» aufeinander. Dass die beiden auch noch die jeweils meisten Homeruns ihrer Conference erzielten, gab es noch nie. Es ist zudem das erste Mal, dass zwei Spieler mit mindestens 50 Homeruns im Final aufeinander treffen. Dieses Duell ist in jeder Hinsicht ein Muss für Baseball-Fans, aber in gewisser Weise auch für Sport-Fans allgemein.
Zumal die Yankees und die Dodgers die besten Teams der Regular Season waren und mit unter anderem New Yorks Juan Soto oder Mookie Betts und Freddie Freeman von Los Angeles weitere Stars beteiligt sind. Die beiden Hauptattraktionen sind aber natürlich Judge und Ohtani, die beide ihre ohnehin grossartige Karriere mit dem Titel krönen wollen.
Kein Wunder also, ist das Interesse in den USA riesig – und zwar nicht nur bei Baseball-Fans. Sowohl in New York als auch in Los Angeles dürften im Stadion viele Stars anwesend sein. Insgeheim hoffen die Baseball-Verantwortlichen auf einen ähnlichen Effekt wie in den 1980er-Jahren in der NBA, als Magic Johnson von den Lakers und Larry Bird von den Celtics ihren Sport in neue Sphären brachten, oder wie beim Golf, das Tiger Woods populär machte.
Ganz unberechtigt ist diese Hoffnung nicht. Bei der Zweitmarkt-Plattform «StubHub» wird im Schnitt 1667 Dollar für ein Ticket bezahlt. Selbst für die Parkplätze am Stadion kursieren Preise von mehreren Tausend Dollar. Bei «StubHub» geht man davon aus, dass die Yankees und die Dodgers jegliche Verkaufsrekorde für eine «World Series» brechen werden.
Alle wollen sie dieses Traumduell sehen.