Im nächsten Frühjahr kehrt Ludovic Waeber zu Gottéron zurück. Auf einen Konkurrenzkampf gegen den neun Jahre jüngeren neuen Torhüter mag sich Reto Berra verständlicherweise nicht einlassen und wird deshalb Gottéron nach der nächsten Saison verlassen. Sportdirektor Gerd Zenhäusern hat sowieso schon verkündet, er werde Reto Berra keinen neuen Vertrag mehr offerieren. Die kommende Saison wird also definitiv Reto Berras letzte bei Gottéron sein.
Wäre Reto Berra zehn Jahre jünger, dann könnte er die hereinflatternden Offerten sortieren und wer ihn verpflichten möchte, müsste mindestens 700'000 Franken pro Saison plus Prämien offerieren, um überhaupt angehört zu werden. Aber eben: Er wird beim Auslaufen des Vertrages im nächsten Frühjahr 39 sein. Zu alt, um eine charismatische Nummer 1 in der Saison 2026/27 zu sein?
Nein. An ihm lag es nicht, dass Gottéron den Final nicht erreicht hat: Im Viertelfinal gegen den SCB parierte er 93,45 Prozent der Pucks und im Halbfinal gegen Lausanne 93,15 Prozent. Oder auf den Punkt gebracht: Mit Reto Berra im Tor wäre der SCB bis in den Final vorgerückt.
Bereits in der Qualifikation hatte er von allen Schweizer Goalies am meisten Partien bestritten (42) und mit 90,69 Prozent ordentlich gehalten. Seine Belastbarkeit steht also nicht zur Debatte und das wird noch mindestens zwei bis drei Jahre so bleiben. Wer sagt, Reto Berra sei letzte Saison besser gewesen als der gleichaltrige dreifache WM-Silberheld und WM-MVP 2025 Leonardo Genoni bei Zug, kann die Statistik als Beweis vorlegen.
Noch Fragen zu Reto Berras Tauglichkeit? Na also.
Seit 2018 ist der WM-Silberheld von 2013 und 2018 Gottérons letzter Mann. Der sanfte Riese steht nach erfolgreicher Rückenoperation schon vor dem dritten Jahr eines goldenen Karriere-Herbstes: ein ruhiger, belastbarer Blocker mit schlauem Winkelspiel, guten Reflexen und Fangquoten. Das Alter ist kein Grund zur Sorge. Er wird unter normalen Umständen seine letztjährige Form noch zwei bis drei Jahre halten können.
Sieben Varianten sind für Reto Berra realistisch. Er kann mindestens über sieben Brücken gehen.
Er kehrt in seine Heimat ins Züribiet zurück und ersetzt bei Kloten ab der Saison 2026/27 Ludovic Waeber mit einem Zweijahresvertrag und er hilft, das Supertalent Ewan Huet (20) an die Liga heranzuführen.
Er wechselt zum SC Bern und wird mindestens für die Saison 2026/27 die Nummer 1 bis sich für den SCB auf dem helvetischen Torhütermarkt neue Möglichkeiten eröffnen. Einen spektakuläreren letzten Ritt ins Abendrot seiner Karriere gibt es nicht. Der Unterhaltungswert und das Polemik-Potenzial wären immens.
Kloten holt als Ersatz für Ludovic Waeber Langnaus Luca Boltshauser und Reto Berra wechselt für ein Jahr nach Langnau und bildet zusammen mit Robin Meier in der Saison 2026/27 das Goalie-Duo. Martin Gerber lebt ja in Langnau und gehört bei den SCL Tigers zu den Nachwuchstrainern. Bei der wundersamen Silber-WM von 2013 bildete er zusammen mit Reto Berra das Torhüter-Duo. Beide hätten nun reichlich Zeit, zwischen Training und Spielen in wunderbaren Erinnerungen zu schwelgen. Wahre Nostalgie.
Was, wenn Stéphane Charlin vor dem NHL-Draft 2026 eine Offerte aus der NHL bekommt und Genf verlässt? Für mindestens eine Saison könnte Reto Berra Servette aushelfen. Also pokern und mit einem neuen Vertrag warten, bis klar ist, ob Stéphane Charlin bleibt.
Keinen Vertrag unterschreiben und ohne neuen Klub in die Saison 2026/27 gehen. Er wird Möglichkeiten finden, um sich fit zu halten. Die Erfahrung lehrt, dass spätestens im November ein Klub in Goalie-Not gerät – und dann ist Reto Berra mit seiner immensen Erfahrung der bestmögliche Nothelfer. Wenn letzte Saison Dominic Nyffeler (bei Lugano) sogar nach einem offiziellen Rücktritt und einer mässigen Saison in der Swiss League noch einmal in der höchsten Liga zum Einsatz gekommen ist, dann wird sich wohl auch für Reto Berra für die Saison 2026/27 eine Möglichkeit eröffnen.
Bei Ajoie laufen am Ende der nächsten Saison die Verträge der beiden Torhüter Benjamin Conz und Damiano Ciaccio aus. Warum nicht eine oder gar zwei Spielzeiten oben im Jura eine der grossen Herausforderungen unseres Hockeys annehmen und Ajoie vom Tabellenende weghexen?
Warum nicht 2026/27 ein Superstar in der Swiss League werden? Bei Basel laufen im nächsten Frühjahr die Verträge der beiden Torhüter Andri Henauer und Fabio Haller sowieso aus. Ein charismatischer Saurier wie Reto Berra könnte der «grauen Maus der Stadtbasler Sportkultur» – die bekanntesten Persönlichkeiten sind keine Spieler, sondern Sportchef Kevin Schläpfer und Trainer-Assistent Heinz Ehlers – endlich ein wenig Glanz & Gloria bescheren. Kommt dazu, dass Reto Berra unter Trainer Kevin Schläpfer einst 2013 von Biel aus den Sprung in die NHL geschafft hat.
Und da Eishockey ja ein unberechenbares Spiel auf rutschiger Unterlage ist, kann es sein, dass Reto Berra noch eine andere Variante zur Fortsetzung seiner Karriere finden wird.