Noch sind die Umstände unklar, weshalb Gino Mäder, aber auch der Amerikaner Magnus Sheffield am Donnerstag in der Königsetappe der Tour de Suisse bei der Abfahrt vom Albulapass an der exakt gleichen Stelle von der Strasse abgekommen waren. Während Sheffield mit Prellungen und einer Gehirnerschütterung verhältnismässig glimpflich davon kam, nahm der Sturz von Gino Mäder den schlimmstmöglichen Ausgang.
Der Unfall passierte am Ausgang einer Linkskurve. Danach stürzten die beiden Fahrer einen Abhang hinunter. Mäder landete in einem Bachbett, wurde danach reanimiert und per Rega-Helikopter ins Kantonsspital Chur geflogen. Nach ersten Ermittlungen geht man davon aus, dass sich die Stürze bei Rennkilometer 197 unabhängig voneinander ereignet haben.
Gemäss dem SRF-Radexperten Sven Montgomery handelt es sich bei der Unfallstelle um die schwierigste Kurve der Abfahrt. Zusätzlicher Rückenwind sorgte dafür, dass sich die Fahrer mit hohen Tempi von bis zu 100 km/h in Richtung Etappenziel in La Punt bewegten.
Nach ersten Ermittlungen geht man davon aus, dass sich die Stürze bei Rennkilometer 197 unabhängig voneinander ereignet haben. Laut Tour-Direktor hat vom Tour-Tross (die Fahrer ausgenommen) niemand den Unfall beobachtet. «Ob es Fahrer gibt, die den Unfall gesehen haben, wissen wir nicht. Wenn, dann weiss das die Polizei. Die Ermittlungen laufen.»
Die Staatsanwaltschaft hat noch am Donnerstagabend die Spuren am Unfallort gesichert. Dazu hat die Kantonspolizei Graubünden einen Zeugenaufruf gestartet. Es werden Personen gesucht, die den Unfall beobachtet oder gefilmt haben.
Der tödliche Unfall wirft in der Radsport-Welt nicht zum ersten Mal die Frage nach der Sicherheit auf. Nach Rennschluss äusserten sich vereinzelt Fahrer kritisch zum Etappenfinale. Strassenweltmeister Remco Evenepoel vertrat die Meinung, dass es «keine schlaue Idee» war, das Ziel einer so langen und intensiven Etappe nach einer Abfahrt zu platzieren. Man brauche offenbar immer noch mehr Spektakel, der Vorwurf des Belgiers an die Organisatoren.
Doch Etappenfinale solcher Sorte sind keine Seltenheit. Auch bei den ganz grossen Rundfahrten wie der Tour de France oder dem Giro d'Italia kommt es regelmässig vor, dass sich das Ziel nicht auf dem Gipfel, sondern unten im Tal befindet.
Ausserdem gehört der Albula zum bewährten Programm der Tour de Suisse. Zum 90-jährigen Bestehen der Landesrundfahrt wurde der Pass, der das Albulatal mit dem Oberengadin verbindet, zum 14. Mal befahren. (nih/sda)