Bringt Kitzbühel die Wende? Das hoffen sie in Österreich, denn die ersten fünf Abfahrten des Winters waren alles andere als ein Erfolg. Nicht einen einzigen Podestplatz holten die Österreicher, das gab es noch nie.
Während es im Super-G läuft (ein Sieg durch Vincent Kriechmayr und zwei zweite Plätze von Daniel Hemetsberger und Raphael Haaser) ist die Ausbeute in der Königsdisziplin nur sehr mässig. Bei Marco Odermatts Triumph in der Lauberhorn-Abfahrt am vergangenen Samstag war Kriechmayr auf Platz 5 der beste Österreicher – zweieinhalb Sekunden hinter dem Schweizer.
In diesem Winter war in einer Abfahrt noch kein Mitglied des einst so stolzen «Austria Power Teams», das zu Hermann Maiers Zeiten einen glorreichen Neunfach-Sieg in einem Super-G feierte, besser klassiert. Nun sind die einstigen Ski-Helden natürlich in den Medien gefragte Experten, wenn es darum geht, nach Ursachen für die Krise zu forschen.
Armin Assinger, Co-Kommentator im ORF, sprach in der «Kronen Zeitung» von einem «Armutszeugnis für Österreichs Ski-Verband» und meinte damit die Tatsache, dass in Wengen überhaupt bloss vier österreichische Fahrer zum Rennen antraten. Das mache ihm wirklich Sorgen, meinte Assinger, der in den 90er-Jahren drei Weltcup-Rennen gewonnen hat. «Klar waren welche krank und ist das blöd gelaufen. Aber ich kann mich an Zeiten erinnern, wo in Wengen 16 ÖSV-Läufer am Start waren und nur zehn fahren durften.»
Hannes Reichelt – Super-G-Weltmeister, 13 Weltcupsiege, Hahnenkamm-Sieger 2014 – vermisst einen wie Matthias Mayer, der im vergangenen Winter vom einen auf den anderen Tag zurücktrat. «Der geht uns schon ab, der hat in den letzten Jahren einfach viel überdeckt», so Reichelt bei «heute.at». Er wisse nicht, ob der österreichische Ski-Verband etwas versäumt habe. «Aber ich habe das Gefühl, dass die jungen Läufer, die nachkommen, in einer Komfortzone sind. Sie müssen sich intern nicht konkurrieren, weil ohnehin genügend Startplätze da sind.»
Gewisse Trainer hätten ausserdem ihre Lieblinge und teils werde gar keine Qualifikation mehr gefahren, stellt Reichelt fest. «Aber nur durch internen Kampf wird man besser. Momentan haben wir die Dichte nicht.» Dass die Österreicher am Lauberhorn bloss zu viert antraten, gehe aber in Ordnung. Die zweite Garde habe eine Europacup-Abfahrt in Saalbach bestritten. «Das war strategisch gut.» Im nächsten Winter findet dort die WM statt – vielleicht ja mit einem Senkrechtstarter von Rot-Weiss-Rot.
Fehlenden Biss und schlechte Arbeitsmoral ortet Michael Walchhofer als Grund für die Misere. Der Abfahrts-Weltmeister von 2001 und dreifache Sieger der Disziplinenwertung, sieht konditionelle Schwächen bei seinen potenziellen Nachfolgern. «Im Konditionstraining geht es ums Abarbeiten. Wenn ich da nicht bereit bin, und den Eindruck hat man, dass sie das nicht sind, dann werde ich ohne die gemachten Hausaufgaben bei der Prüfung nicht performen», betonte Walchhofer.
Diesen Eindruck teilt sein Kollege Hannes Reichelt nicht. Vielmehr vermutet er einen «Fehler im System» als Ursache der Krise, die damit hausgemacht wäre.
«Wenn man schaut, wer in der Abfahrt vorne mitfährt, sind das Athleten, die auch im Riesenslalom gut sind. Das hast du in unserem Team nicht. Es ist keiner dabei, der im Weltcup auch konstant Riesenslalom fährt.» Zu seiner Zeit habe man Abfahrt, Super-G und Riesenslalom beherrschen müssen, um in die Mannschaft zu kommen. «Ich sage nicht, dass es das ultimative Rezept ist, aber vielleicht ist es ein Lösungsansatz.»
Selbst wenn dieser Weg eingeschlagen wird, kommt die Veränderung für die beiden Hahnenkamm-Abfahrten auf der Streif am Freitag und Samstag (Start jeweils 11.30 Uhr) zu spät. TV-Experte Armin Assinger hofft, dass der Heimvorteil in Kitzbühel die österreichischen Fahrer beflügelt und es endlich einer aufs Podest schafft. Doch er weiss auch: «Wenn der Hund drinnen sitzt, dann bekommt man ihn auch schwer raus.»
Wird schon wieder Zeiten geben in denen die Österreicher den Ton angeben.
Kein König regiert für immer. 😉