Die Illusion ist geplatzt: Das Inlandsgeschäft der Credit Suisse wird nicht als eigenständige Tochter der UBS weitergeführt. Entsprechende Forderungen aus der Politik – vor allem aus den Reihen der FDP – hatten nie eine echte Chance. Zu ramponiert ist der Ruf der gescheiterten Grossbank, zu gross waren die Abflüsse auch auf dem heimischen Markt.
Damit dürften Name und Logo der einstigen Kreditanstalt verschwinden. Das mag Nostalgiker betrüben, ist aber konsequent. Und die 3000 Entlassungen in der Schweiz sind weniger als befürchtet, doch das liegt vor allem daran, dass seit Jahresbeginn bereits 8000 Mitarbeitende die CS verlassen haben. Ein weiterer Abbau ist nicht ausgeschlossen.
Damit hat die UBS reinen Tisch gemacht, nachdem sie schon vor drei Wochen angekündigt hatte, auf Garantien von Bund und Nationalbank von 209 Milliarden Franken zu verzichten. Ein Darlehen der Nationalbank von 50 Milliarden zahlte sie zurück. Finanzministerin Karin Keller-Sutter (FDP) war an einer Medienkonferenz die Erleichterung darüber anzusehen.
Offensichtlich hatte die UBS beim Aufräumen keine weiteren «Leichen» im Keller der einstigen Konkurrentin gefunden. «Jetzt kann Sergio Ermotti tun und lassen, was er will», kommentierte der «Tages-Anzeiger» dieses Abschütteln der «Staatskrücken». Ganz so einfach wird es für den Chef der letzten verbliebenen Schweizer Grossbank aber nicht.
So hat der Skandalreigen der Credit Suisse Altlasten hinterlassen, mit denen sich die UBS herumschlagen muss. Dazu gehört der Milliardenkredit für eine angebliche Thunfisch-Fangflotte, den Londoner CS-Banker an den afrikanischen Staat Mosambik vergeben und dabei abkassiert hatten. Im September soll der Prozess in London beginnen.
Noch zu reden geben wird auch der «märchenhafte» Halbjahresgewinn von 29 Milliarden Franken. Er bedeutet, dass der Kaufpreis von drei Milliarden für die Credit Suisse mehr als ein Schnäppchen war. Faktisch hat der Bundesrat die angeschlagene Bank mit dem Notrechtsentscheid im März an die UBS verscherbelt, zum Ärger vieler CS-Aktionäre.
Mehrere Gruppen wollen mit Klagen mehr Geld erstreiten, doch die Erfolgschancen dürften gering sein. Denn nicht der Bund oder die UBS haben die CS in den Untergang getrieben, sondern die Misswirtschaft des Managements. Die CS habe im März kein Liquiditätsproblem gehabt, sie habe «allein nicht überleben können», betonte Sergio Ermotti am Donnerstag.
Schwieriger zu beurteilen sind die Aussichten für die Inhaber sogenannter AT1-Obligationen. Diese wurden von der Finanzmarktaufsicht FINMA im März kurzerhand für wertlos erklärt, was bereits zu zahlreichen Klagen geführt hat. Allerdings bestand bei diesen Anleihen explizit ein hohes Ausfallrisiko. Entsprechend hoch war auch der Zins von 9 Prozent.
Einiges aufzuarbeiten gibt es auch beim Bund. Das betrifft vor allem die «Too big to fail»-Gesetzgebung, die nach der UBS-Rettung 2008 erarbeitet wurde und beim ersten Stresstest versagt hat. In der ausserordentlichen Session im April machten einige Parlamentarier ihrem Ärger darüber Luft. Hier wird die PUK zur CS-Pleite gefordert sein.
Das gilt auch für weitere politische Konsequenzen. Im Raum steht die Forderung, die FINMA zu stärken, mit der Kompetenz zur Erteilung von Bussen. Heute kann die Bankenaufsicht nur schimpfen und nicht strafen. Manche Experten glauben, die Credit Suisse habe nicht zuletzt aus diesem Grund unverantwortliche Risiken eingehen können.
Das grösste Problem aber bleibt, dass die UBS mit der Übernahme die Credit Suisse zur letzten, verbliebenen Grossbank der Schweiz geworden ist. Damit ist definitiv «too big to fail». Falls sie einmal in Schieflage geraten sollte, könnte der Bund sie nicht untergehen lassen. Die NZZ bezeichnet die neue UBS deswegen ungeniert als «Staatsbank».
Auf dieses Problem muss die Politik eine Antwort finden. Im Raum stehen ein höheres Eigenkapital oder eine Art Prämie für die faktische Staatsgarantie. Auch dazu erhofft man sich Antworten von der Untersuchungskommission unter Leitung der Freiburger Ständerätin Isabelle Chassot (Mitte). Ihr Bericht wird jedoch erst nächstes Jahr erscheinen.
Weitere Fragen stehen im Raum: Welche Rolle spielte der frühere Finanzminister Ueli Maurer? Hat er die Krise unterschätzt und die Lage der Credit Suisse beschönigt? Und gibt es Konsequenzen für die einstigen Chefs der CS, allen voran den langjährigen Präsidenten Urs Rohner? Das letzte Kapitel des Bankendramas ist noch lange nicht geschrieben.
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Offensichtlich bringt alles nix. Es bleibt nur noch die Drohung der Verstaatlichung der UBS, solange sie ein Risiko für die Schweizer Volkswirtschaft ist. Vielleicht erledigt sich die "too big to fail"-Thematik dann von alleine.
Aus meiner Sicht hat die Bank null Interesse irgendwas an der jetzigen Situation zu ändern. Warum auch? Sie hat eine Staatsgarantie und einen Freipass jedes Risiko einzugehen. Die ganze Bevölkerung bürgt ja schliesslich für die Bank.