Am Mittwoch hielt der Präsident vor laufenden Kameras eine Kabinettssitzung ab. Eingeladen waren auch Vertreter der Opposition, denn Donald Trump wollte sich der Welt als Staatsmann präsentieren. Das ging gründlich daneben. Trump versprach, er würde auch ein Daca-Gesetz ohne Bedingungen unterschreiben, sollte es ihm vorgelegt werden. Will heissen: Er würde den rund 800’000 Dreamers – Kinder von illegal in die USA eingereisten Immigranten – einen permanenten Aufenthalt ermöglichen. Er nannte es gar ein «Gesetz der Liebe» (kein Witz).
Die Reaktion der rechtskonservativen Basis war rasch und heftig: Laura Ingram, Talkshow-Moderatorin bei «Fox News», sprach vom «bisher schlimmsten Tag in der Präsidentschaft» und wurde dabei sekundiert von Anne Coulter, der ebenfalls weit rechts stehenden Kolumnistin und Autorin eines euphorischen Buchs über Trump. Kein Wunder: Die Dreamers auszuschaffen – und zwar am Tag seiner Amtsübernahme – war ein zentrales Wahlkampfversprechen von Trump.
Zuvor hatte die nationalistische Basis schon weitere Tiefschläge verkraften müssen. Trump hatte endgültig mit Steve Bannon gebrochen, seinem ehemaligen Chefstrategen und Wahlkampfmanager. Bannon ist Nationalist aus Überzeugung und hat in seiner kurzen Zeit im Weissen Haus versucht, Trump gegen Globalisten wie den Wirtschaftsberater Gary Cohn, den Sicherheitsberater H.R. McMaster, seine Tochter Ivanka und seinen Schwiegersohn Jared Kushner zu beschützen.
Offenbar hatte er nie wirklich eine Chance: «Bannon muss ungläubig zugesehen haben, wie der Kandidat, der sich im Wahlkampf als entschlossener Outsider und Kämpfer gegen das republikanische Establishment präsentiert hatte, jetzt de facto die Macht in die Hände des Sprechers des Hauses Paul Ryan und Mehrheitsführer des Senats, Mitch McConnell, legte», stellt Fareed Zakaria im der «Washington Post» fest.
Seinen Frust weinte Bannon an der Schulter von Michael Wolff aus und lieferte dem Skandaljournalisten den grössten Teil für sein Buch «Fire and Fury». Es schildert den Präsidenten als kindischen und verantwortungslosen Idioten und hat das Weisse Haus in seinen Grundfesten erschüttert. Das Band zwischen Trump und Bannon ist daher wohl endgültig zerschnitten.
Das Tüpfchen auf dem i war schliesslich Trumps Ankündigung, ans WEF zu reisen. Die Veranstaltung in den Bündner Alpen gilt als Klassentreffen der globalen Elite. «Davos Man» ist zu einem Synonym für alles geworden, was die Nationalisten hassen und verachten. Jetzt müssen sie bald zusehen, wie sich ihr Idol dort bei internationalen Managern und Bankern anbiedert.
Vor Tisch hatte alles ganz anders getönt. Im Wahlkampf hatte Trump vor dem «Davos Man» gewarnt. Er sprach von einer globalen Machtstruktur, «die für die wirtschaftlichen Entscheidungen verantwortlich ist, die unsere Arbeiter ausgeraubt haben, unserem Land seinen Wohlstand genommen und das Geld in die Taschen einer Handvoll grosser Konzerne und politischer Einheiten geleitet haben.»
Als Präsident hat Trump inzwischen eine Steuerreform verabschiedet, die dafür sorgt, dass noch viel mehr Geld in die Taschen der Reichen fliessen wird. Seine Basis muss derweil damit rechnen, dass die ohnehin schon kümmerlichen Sozialleistungen noch weiter gekürzt werden. So hat es der Kongress bisher nicht geschafft, Gelder für ein Programm zu bewilligen, dass die Krankenkassenprämien für rund neun Millionen Kinder aus armen Verhältnissen subventioniert.
Auch sonst ist wenig von den Versprechen an die Basis übrig geblieben. Es gibt keine Strafzölle gegen China, und der bei der unteren Mittelschicht verhasste Freihandelsvertrag mit Mexiko und Kanada, NAFTA, ist nach wie vor unangetastet.
Die US-Wirtschaft boomt zwar, doch Trump hat wenig damit zu tun. «Er hat ganz einfach Glück», stellt der «Economist» fest. «Die Weltwirtschaft befindet sich im stärksten Aufschwung seit 2010. Aber er hat es geschafft, die amerikanische Wirtschaftselite davon zu überzeugen, dass er auf ihrer Seite ist.»
Die nationalistische Basis guckt derweil in die Röhre. Vom massiven Infrastrukturprogramm, das Trump ebenfalls versprochen hat, sind noch nicht einmal die Umrisse zu erkennen. «Stattdessen scheinen wir in die 1920er Jahre zurückgekehrt zu sein», so Zakaria. «In eine Zeit des ungezügelten Kapitalismus von schwindligen Märkten, eines geschrumpften Staates und rasch steigender Ungleichheit. Ist es das, was die Stahlarbeiter in Ohio gewählt haben?»