Die Hausdurchsuchung bei seinem Hausanwalt Michael Cohen hat bei Donald Trump einen Wutanfall ausgelöst, der selbst für seine Massstäbe ungewöhnlich ist. Offensichtlich will er diese Schmach nicht auf sich sitzen lassen. «Wir sind in der Ansicht bestärkt worden, dass der Präsident sicherlich die Macht hat, den Entscheid zu fällen, Mueller zu entlassen», erklärte Sarah Huckabee Sanders auf eine entsprechende Frage am Pressebriefing.
Das Weisse Haus stützt sich dabei auf Neal Katyl, einen ehemaligen Obersten Anwalt der Vereinigten Staaten unter Präsident Barack Obama. Dieser war 1999 an der Ausarbeitung der Regeln beteiligt, die für einen Sonderermittler gelten. In einer Kolumne in der «Washington Post» hatte Katyl letztes Jahr aufgezeigt, wie der Präsident diese Regeln ausser Kraft setzen und Mueller feuern kann.
Dass Trump Mueller loswerden will, ist ein offenes Geheimnis. Schon im vergangenen Sommer hat er einen dementsprechenden Versuch unternommen, wurde jedoch vom Anwalt des Weissen Hauses, Don McGahn, daran gehindert. Nun meldet die «New York Times», dass im vergangenen Dezember ein zweiter Versuch ebenfalls gescheitert ist.
Mueller ist nicht der einzige, der entlassen werden soll. Auf Trumps Wunschliste stehen auch Justizminister Jeff Sessions, dessen Stellvertreter Rod Rosenstein und FBI-Chef Christopher Wray – alle sind von Trump eingesetzt worden.
Das gilt auch für Geoffrey Berman. Der Staatsanwalt im Southern District von New York ist zuständig für das Verfahren gegen Cohen. Er ersetzt den gefeuerten und allseits geachteten Preet Bharara. Trump hatte Berman, einen ehemaligen Partner seines Kumpels Rudolph Giuliani, eigenhändig ausgewählt. Ob Berman den Untersuchungsbefehl unterschrieben hat oder in den Ausstand getreten ist, ist noch unklar.
Die Untersuchung der Wohnung und des Büros von Michael Cohen ist auf jeden Fall ein Meilenstein im aktuellen Politstreit. Trump ist ausser sich vor Wut und zu allem fähig. Er muss allerdings mit heftigen politischen Reaktionen rechnen. Eine Entlassung des Sonderermittlers würde selbst bei seinen Parteifreunden auf wenig Gegenliebe stossen.
Newt Gingrich, ein glühender Trump-Fan, warnt im «Wall Street Journal»: «Mueller zu feuern wäre eine Katastrophe. Es würde mit Sicherheit die republikanische Partei spalten.» Auch Senator Charles Grassley, ebenfalls ein konservativer Hardliner, spricht von «politischem Selbstmord», sollte Trump tatsächlich den Versuch unternehmen, Mueller loszuwerden.
Doch der Präsident ist nicht nur wütend, er verliert auch zunehmend den Bezug zur Realität. So hat er die FBI-Untersuchung ernsthaft als «Angriff auf unser Land» bezeichnet.
Trump sieht sich von Feinden umzingelt. «Sein langjähriger Anwalt wird in Manhatten untersucht», schreibt Frank Bruni in der «New York Times». «Sein Schwiegersohn Jared Kushner wird von Untersuchungsbehörden in Brooklyn unter die Lupe genommen; sein ehemaliger Wahlkampfmanager ist angeklagt; sein ehemaliger Sicherheitsberater hat sich schuldig bekannt; und zwei ehemalige Wahlkampfhelfer kooperieren mit Mueller.»
Die Paranoia des Präsidenten, die aufgeheizte Stimmung in der Russlandaffäre, das zweigeteilte Land und die Krise in Syrien: Hier braut sich etwas zusammen, das uns allen Angst machen muss.