Für den diesjährigen Wirtschaftsnobelpreis sind nach Einschätzung deutscher Top-Ökonomen vor allem US-Forscher die Favoriten. Das ergab eine Umfrage der Deutschen Presse-Agentur. Amerikaner dominieren schon die Historie der erstmals 1969 verliehenen Auszeichnung, die im vergangenen Jahr Richard Thaler erhielt, ebenfalls Amerikaner. An diesem Montag (8. Oktober) gibt die Schwedische Reichsbank den Gewinner in Stockholm bekannt.
Achim Wambach, Präsident des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW), favorisiert die US-Forscher Paul Milgrom und Robert Wilson. Sie hatten das Design der ersten Spektrumsauktion in den USA mitentwickelt, die dort 1993 von der Telekommunikationsregulierungsbehörde durchgeführt wurde. «Sie haben massgeblich die Theorie von Auktionen und deren Anwendung geprägt.»
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Henning Vöpel, Direktor des Hamburgischen Weltwirtschaftsinstituts (HWWI), hält die US-Amerikaner Michael Woodford und Ben Bernanke für preiswürdig. «Ihre Arbeiten zur Geldtheorie und Geldpolitik haben das Verständnis der Rolle von Zentralbanken vertieft und erweitert.» Gerade die Wirkungen der Geldpolitik in Krisen wie der Grossen Depression ab 1929 oder der globalen Finanzkrise stützten sich wesentlich auf ihre Forschung. Bernanke leitete von 2006 bis 2014 die US-Notenbank Fed und stützte die amerikanische Wirtschaft in der Finanzkrise, indem er die Leitzinsen drastisch senkte.
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Christoph Schmidt, Präsident des Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung (RWI), sieht indes die gebürtige Französin Esther Duflo vorne. Sie forsche sehr erfolgreich über Armutsbekämpfung und habe randomisierte Feldexperimente zur Beurteilung politischer Massnahmen weiterentwickelt. Dabei werden Menschen per Zufallsprinzip in Gruppen eingeteilt und leicht veränderten verschiedenen Bedingungen ausgesetzt. Nach einiger Zeit liesse sich erkennen, welche Politik welche Folgen habe.
Prof. Dr. Gustav Horn sprach sich dafür aus, die "Früchte des Welthandels gerecht zu verteilen": faire Lohnzahlungen, gerechte Steuergesetze pic.twitter.com/kXbXIOVpIc
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Ebenfalls einen Franzosen favorisiert Gustav Horn, Direktor des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der Hans-Böckler-Stiftung. Olivier Blanchard habe nach der Finanzkrise die nötige Reform des makroökonomischen Denkens durch viele Studien vorangebracht – etwa zur Wirkung der Sparpolitik in Griechenland. «Er hat herausgefunden, dass die Sparpolitik dort wesentlich stärkere negative Produktionswirkungen gezeigt hat als erwartet.»
Der mit umgerechnet neun Millionen schwedischen Kronen (rund 870'000 Euro) dotierte Wirtschaftsnobelpreis geht nicht auf das Testament des Erfinders Alfred Nobel zurück und gilt daher nicht als klassischer Nobelpreis. Die schwedische Reichsbank stiftete den Preis nachträglich. Der Sieger 2017, Richard Thaler, wurde für seine Beiträge zum Einfluss der menschlichen Psychologie auf wirtschaftliche Entscheidungen ausgezeichnet. Auch aus Deutschland wurde bereits ein Ökonom geehrt: der Bonner Spieltheoretiker Reinhard Selten im Jahr 1994. (awp/sda/dpa)