Letzte Woche war am 18. September zum ersten Mal der internationale weltweite Tag der Entgeltgleichheit (Equal Pay Day). Damit soll auf die globale Ungleichheit bei Löhnen aufmerksam gemacht werden, weltweit schätzt die UN diese «Gender Pay Gap» auf 23%. In der Schweiz fand der nationale Tag der Entgeltleichheit am 22. Februar 2020 statt und markiert den Tag im Jahr, an dem die Frauen erstmals Lohn für die geleistete Arbeit erhalten. Gemäss BfS (2018) beträgt der Lohnunterschied gesamtwirtschaftlich 11,5%. Als Vergleich: 2014 lag er noch bei 12,5% und 2006 bei 16,3%.
Beim Lohnunterschied spielen viele strukturelle und nicht erklärbare Faktoren eine Rolle, aber einer der Gründe, der auch immer wieder kursiert, ist, dass wir Frauen scheinbar unseren Lohn weniger erfolgreich verhandeln. Mich hat interessiert, wie viel an dieser Aussage wirklich dran ist und ich habe hier einige Fakten und Tipps zusammengetragen, die euch bei eurer Lohnverhandlung helfen können.
Verschiedene Studien zeigen, dass Frauen und Männer nicht nur unterschiedlich verhandeln, sondern bei Verhandlungen auch unterschiedlich wahrgenommen werden:
Dazu meint Sabine Kohler, Founder & Managing Partner, Board Boutique GmbH:
Dies belegen auch verschiedene Studien und zeigen, dass Frauen oft schon zum Beginn ihrer Berufstätigkeit vorausschauend planen, um Beruf und Familie zu vereinbaren, und für flexible Arbeitszeiten, Teilzeitarbeitsmöglichkeiten, aber auch zusätzliche Vorteile wie Kinderbetreuungsplätze bereit sind, Kompromisse beim Gehalt in Kauf zu nehmen.
Allerdings liegt der Erfolg bei der Verhandlung nicht nur an der Verhandlungstaktik selbst, sondern auch an geschlechterspezifischen Rollenunterschieden. So hat man festgestellt, dass die Anwendung von gleichen Verhandlungsstrategien bei Frauen und Männern nicht zum gleichen Erfolg führt und Frauen, die mit der gleichen Strategie wie Männer verhandelt haben, auch negativ wahrgenommen werden können.
Aus all diesen Daten geht hervor, dass es nicht nur an uns Frauen liegt, sondern auch Arbeitgeber gefordert sind, Rahmenbedingungen zu schaffen, welche die geschlechterspezifischen Unterschiede bei Lohnverhandlungen berücksichtigen und ein Umfeld schaffen, in dem Frauen offen über Lohnvorstellungen sprechen können.
Bevor du anfängst, sammle Daten: einerseits zur Unternehmung selbst, aber auch zum Wert deiner Kenntnisse und Arbeit. Dazu gehören z.B.:
Wenn z.B. beim Einstellungsgespräch die Frage aufkommt, welches Gehalt du dir vorstellst, dann sind klare Antworten, gestützt auf Fakten, hilfreich. Gegenfragen wie: «Was haben Sie sich vorgestellt?» oder «In meinem letzten Job hatte ich…» verschaffen dem Gegenüber leichtes Spiel, weil sie zeigen, dass du deinen Marktwert nicht kennst, und was du im letzten Job verdient hast, ist nicht so wesentlich, du bewirbst dich ja für einen neuen Job.
Was enorm Sicherheit verschafft, ist, verschiedene Gesprächsszenarien aufzuschreiben oder sogar mit Freunden oder Partner zu üben.
Neben der Vorbereitung für den Einstieg hilft es auch, den eigenen Lohn regelmässig zu überprüfen und Leistungen auch unter dem Jahr festzuhalten, z.B. in einem Erfolgstagebuch. Proaktiv und auch mal unter dem Jahr nach einer Erhöhung zu fragen, ist nicht unverschämt. Vor allem dann nicht, wenn du die eigene Leistung mit einem Mehrwert für das Unternehmen gut begründen kannst. Hast du ein Projekt erfolgreich abgeschlossen? Wechselst du intern die Stelle? Hast du dich weitergebildet? Eine Nebentätigkeit gemacht, die dem Unternehmen weiterhilft? Neben den Vergleichsplattformen sind auch Informationen aus dem Netzwerk wichtig, von Kollegen oder auch Mentoren.
Wenn dein Anliegen nicht sofort auf offene Ohren stossen sollte, nicht entmutigen lassen, nachhaken. «Wir haben dafür im Moment kein Budget.» Vielleicht erfordert deine Leistung eine Budgetanpassung? «Das können wir in der nächsten Lohnrunde nochmals anschauen.» OK, wann ist die und wer ist dafür zuständig? Dabei ist es wichtig zu verstehen, ob du nur mit Floskeln abgespeist wirst oder dein(e) Vorgesetzte(r) es wirklich ernst meint, aber vielleicht im Moment wirklich nichts für dich tun kann. Wenn du nur hingehalten wirst, dann lohnt es sich, häufiger nachzufragen oder die Angelegenheit eine Stufe weiter zu ziehen. Wenn sich jemand aber wirklich für dich einsetzt und vielleicht gerade jetzt keine Chance hat, dann kann es besser sein, sich konstruktiv zusammen auf einen Zeitrahmen zu einigen.
Wie die Daten gezeigt haben, tendieren wir Frauen dazu, viel mehr Kompromisse einzugehen. Für sich selbst klare Grenzen zu setzen und festzuhalten, welche Eingeständnisse man bereit ist zu machen und welche nicht, kann dir zusätzliche Sicherheit geben.
Sabine Kohler rät:
Ein Allgemeinrezept gibt es nicht, aber ausgerüstet mit Fakten und dem Wissen, was dir wichtig ist und wo deine Grenzen sind, kannst du mit Selbstbewusstsein und einer Portion natürlicher Gelassenheit dein Lohngespräch angehen. Wie ist es euch bei der Lohnverhandlung ergangen und welche Tipps habt ihr?