Die Schweiz ist ein Top-Exportland. Nicht nur bei Waren wie Käse, Schokolade und Uhren. Sondern auch bei Waffen. Vor allem bei Waffen an Entwicklungsländer.
Zu diesem Schluss kommt eine neue Studie des US-amerikanischen Congressional Research Service (CRS). Demnach war die Schweiz 2015 der weltweit siebentgrösste Rüstungslieferant an Entwicklungsländer: Sie lieferte Rüstungsgüter im Wert von 700 Millionen Dollar an sogenannte «developing nations».
Pro Kopf umgerechnet, belegt die neutrale Schweiz unter den besagten grössten Waffenexporteuren sogar den zweiten Platz im weltweiten Ranking: Konkret exportierte sie 2015 Rüstungsgüter im Wert von 87.5 Dollar pro Einwohner.
Das waren mehr als doppelt so viel wie die Amerikaner oder die Russen. Nur Frankreich lieferte pro Kopf mehr Rüstungsgüter an Entwicklungsländer als wir.
Die der Studie zugrunde liegende Definition «Entwicklungsländer» ist jedoch etwas speziell. Sie zählt alle Staaten ausser die USA, Russland, Europa, Kanada, Japan, Australien und Neuseeland zu den «developing nations». Allerdings belegt die Schweiz auch einen Spitzenplatz, wenn alle Empfängerstaaten weltweit berücksichtigt werden: Mit 800 Millionen Dollar lag die Schweiz 2015 gemäss US-Studie an achter Stelle.
Die Studie untersuchte auch die Periode 2008 bis 2015. Bezüglich Exportwert liegt die Schweiz hier mit 4.2 Milliarden Dollar an elfter Stelle weltweit. Rechnet man die Pro-Kopf-Summe aus, sind es 520 Dollar. Das ist der dritthöchste Pro-Kopf-Betrag: hinter Israel (1266) und Schweden (990).
Die Zahlen der US-Studie, die sich auf Daten der US-Regierung beruft, unterscheiden sich von den Zahlen des Staatssekretariats für Wirtschaft (Seco). Gemäss Seco lieferte die Schweiz 2015 Kriegsmaterial für 446 Millionen Franken. Und nicht 700 Millionen Dollar wie in der US-Studie. «Die publizierten Exportzahlen über die Ausfuhr von Kriegsmaterial des Seco berücksichtigen nur Rüstungsgüter, welche als Kriegsmaterial gelten», so Seco-Sprecher Fabian Maienfisch.
Die US-Studie dagegen umfasst «alle konventionellen Rüstungsgüter». Dazu gehören alle Waffenkategorien und deren Munition, militärische Ersatzteile, Bauten, Assistenz- und Trainingsprogramme. Die Studie zählt unter anderem auch Trainingsflugzeuge wie die Pilatus PC-7 zu den Rüstungsgütern. Zudem berücksichtigt die US-Studie nur staatliche Empfänger von Rüstungsgütern, das Seco aber auch die Ausfuhren an private Endempfänger, wie Maienfisch betont.
Aber wie man es auch dreht und wendet, im Pro-Kopf-Vergleich ist die Schweiz spitze: Denn Top-Drei-Platzierungen lassen sich auch aus den jährlichen Exportzahlen des schwedischen Friedensforschungsinstituts Sipri errechnen.
Und auch gemäss den Sipri-Zahlen gehen die Schweizer Waffenexporte zunehmend an Länder, die gemäss US-Studie als Entwicklungsländer gelten: Saudi-Arabien, Katar, Indien, Indonesien, China sind laut Sipri in den letzten Jahren Grossabnehmer der Schweiz geworden. Die gelockerte Exportpraxis der Schweiz dürfte diesen Trend nicht bremsen: 2014 beschloss das Parlament, dass die Schweiz auch in Länder liefern darf, in denen Menschenrechte verletzt werden.