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Stürzt dieser Mann Donald Trump?

Der britische Musikjournalist Rob Goldstone bringt mit seinen E-Mails an Donald Trump jr. den Präsidenten in grösste Nöte.
Der britische Musikjournalist Rob Goldstone bringt mit seinen E-Mails an Donald Trump jr. den Präsidenten in grösste Nöte.

Stürzt dieser Mann Donald Trump?

Die E-Mails von Donald Trump jr. sind der Wendepunkt in der Russlandaffäre und möglicherweise der Anfang eines Skandals, der selbst Watergate in den Schatten stellen wird. Ausgelöst wurde er vom britischen Musikjournalisten Rob Goldstone.
12.07.2017, 12:2212.07.2017, 20:50
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Adam Schiff brachte es auf den Punkt. Nachdem Donald Trump jr. seine E-Mails mit dem Musik-Journalisten Rob Goldstone veröffentlicht hatte, erklärte er: «Das grösste Risiko für das Land besteht darin, dass die Russen kompromittierendes Material besitzen, mit dem sie die Politik des Präsidenten beeinflussen können.» Schiff ist demokratischer Abgeordneter aus Kalifornien und stellvertretender Vorsitzender des Untersuchungsausschusses im Repräsentantenhaus, der die Russland-Affäre untersucht.  

In this July 11, 2017, photo, Rep. Adam Schiff, D-Calif., the ranking member of the House Intelligence Committee, speaks to reporters in reaction to news that Donald Trump Jr. revealed emails that sho ...
Hält Trump für erpressbar: Adam Schiff.Bild: J. Scott Applewhite/AP/KEYSTONE

Die Tragweite der Veröffentlichung dieser E-Mails beginnt langsam ins Bewusstsein der Amerikanerinnen und Amerikaner zu sinken. Und die Aussichten sind unerfreulich: «Jeder von uns sollte jetzt tief Luft holen», rät beispielsweise Kathleen Parker in der «Washington Post».  

Die Zeiten von «fake news» sind vorbei

In der Russland-Affäre ist jetzt ein bedeutender Wendepunkt erreicht worden. Die Zeiten von «fake news» sind vorbei. Zu klar sind die Fakten, so klar, dass selbst die «New York Times», die den Skandal enthüllt hat, erstaunt feststellt:

«In Worten, die derart deutlich sind, dass selbst ein Drehbuchautor in Hollywood erröten würde, bestätigen diese E-Mails, was der Präsident, sein Sohn und andere während mehr als einem Jahr mehrfach dementiert haben: Dass führende Mitglieder des Trump-Wahlkampfteams sich mehrmals mit Vertretern der russischen Regierung getroffen haben in der Hoffnung, dass sie von ihnen belastendes Material über Hillary Clinton erhalten und so Donald Trump zum Sieg verhelfen würden.»

Das Verhalten von Trump jr. lässt sich unter keinem Titel rechtfertigen. Seine E-Mails – die er übrigens nur deshalb veröffentlichte, weil er der «New York Times» zuvorkommen wollte – zeigen, dass er mehrfach gelogen hat.  

Ebenso ist klar, dass es nur eine einzige Antwort auf die Anfrage des Boulevardjournalisten Goldstone gegeben hätte: Trump jr. hätte sofort das FBI informieren müssen, denn Wahlkampfhilfe von einem fremden Staat anzunehmen ist ein Verbrechen, besonders wenn es sich um den Erzfeind Russland handelt. Der demokratische Präsidentschaftskandidat Al Gore hat seinerzeit genau dies getan, als ihm in seinem Wahlkampf gegen George W. Bush ähnliche Avancen gemacht wurden.  

Infights im West Wing

Die ersten Schockwellen breiten sich aus: Im West Wing, dem Teil des Weissen Hauses, in dem der Stab des Präsidenten arbeitet, soll blankes Chaos herrschen und es würden heftige Insiderkämpfe toben, wird auf allen Medienkanälen vermeldet. Der Präsident selbst ist mehr oder weniger verstummt und hat einzig via seine Pressesprecherin verkünden lassen, sein Sohn sei eine «High-quality-Persönlichkeit».  

Donald Trump Jr., left, is interviewed by host Sean Hannity on his Fox News Channel television program, in New York Tuesday, July 11, 2017. Donald Trump Jr. eagerly accepted help from what was describ ...
Hilflose Rechtfertigungsversuche: Donald Trump jr. beim Interview mit Fox News.Bild: Richard Drew/AP/KEYSTONE

Derweil wird darüber spekuliert, ob Trump jr. hinter Gitter wandern wird. Das ist unwahrscheinlich. Sein Vater kann ihn begnadigen. Ebenso wird gerätselt, ob der Präsident über das Treffen informiert war. Trump jr. bestreitet dies, doch niemand glaubt ihm. Die meisten Kommentatoren halten es für sehr wahrscheinlich, wenn auch noch für nicht bewiesen. Allgemein wird über die unglaubliche Naivität von Trump jr. gelacht. Stephen Colbert, Trevor Noah & Co haben für Tage ausgesorgt.  

Der Vize geht auf Distanz

Das sind jedoch Nebenschauplätze. Die entscheidende Frage ist, was die politischen Konsequenzen sein werden. Innenpolitisch ist klar, dass der Präsident wohl den letzten Rest an Glaubwürdigkeit verspielt hat und dass die «dunkle Wolke» der Russland-Affäre noch lange über dem Weissen Haus wabern wird. Selbst Vize-Präsident Mike Pence geht vorsichtig auf Distanz, genauso wie einzelne Vertreter der Republikaner. Ob es gar zu einem Impeachment-Verfahren kommen wird, hängt davon ab, was der Sonderermittler Robert Mueller herausfinden wird.  

Gravierend sind vor allem die aussenpolitischen Konsequenzen. Beim Treffen mit der russischen Anwältin waren bekanntlich auch Jared Kushner und Paul Manafort anwesend. Beide haben dieses Treffen bei der Sicherheitskontrolle verschwiegen. Im Fall von Trumps Schwiegersohn ist dies verheerend. Hat es noch mehr solche Treffen gegeben? Wenn die Antwort Ja lautet, dann wissen die Russen darüber Bescheid und können nun ein Mitglied des innersten Kreises im Weissen Haus damit unter Druck setzen.  

Genau darauf spielt Adam Schiff im eingangs erwähnten Zitat an, und sollte dieser Verdacht zutreffen, dann heisst dies: Putin kann Trump erpressen und seine Politik beeinflussen. So gesehen sollten nicht nur die Amerikaner, sondern wir alle tief Luft holen.

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54 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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neutrino
12.07.2017 13:38registriert Mai 2017
Es wird wieder der Eindruck erweckt, Donald Trump stehe nahe am politischen Abgrund (wie schon in diversen anderen Artikeln).

Fakt wird sein, dass auch die jetzige Affäre um Trump jr. vorüberziehen wird, und Trump weiterhin im Amt sein wird.

Darum: ich verstehe, dass man Trump weghaben will (das möchte ich auch) - aber als Journalist alles auf Wunschdenken aufbauen geht nicht. Lieber wäre mir eine klare und realistische Analyse, warum Trump nach wie vor ziemlich fest im Sattel sitzt - trotz aller Verfehlungen und Skandale.
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Scaros_2
12.07.2017 13:49registriert Juni 2015
Wie lächerlich das ganze ist.

Erst sagen die meisten Trump Leute sie hätten nie kontakte mit russland gehabt
Danach leugnen sie es auch noch vor diesen Gremien
Danach wird es publik und sie geben es zu oder aber können sich nicht errinnern wenn man sie danach fragt unter Eid

Es kommen einfach fortzu immer mehr infos an den Tag und dabei ist es eigentlich scheiss egal ob russland effektiv was getan hat oder hatte an Informationen.

Wie 1 typ nach dem andern so langsam zugibt während des wahlkampf in kontakt gestanden zu haben zeigt deutlich wie verlogen der sumpf ist.
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Linus Luchs
12.07.2017 13:37registriert Juli 2014
Wenn sich die Russen kompromittierendes Material gegen Hillary Clinton besorgt haben, wofür ja einiges spricht, dann haben sie sich mit grösster Wahrscheinlichkeit auch Material besorgt, mit dem Donald Trump erpresst werden kann. Bei Trump dürfte das noch einiges einfacher sein, als bei Clinton. Die Russen sind nicht pro Trump oder kontra Clinton, sondern ihnen ist alles Recht, womit sie die westlichen Mächte manipulieren und destabilisieren können, egal, wer an der Macht ist. Ich vermute, dass Trump längst am Gängelband von Putin zappelt.
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