«Das können die Amerikaner, Optimismus verbreiten», murmelt die renommierte Kritikerin während der Medienvorführung von Al Gores neuem Film. «An Inconvenient Sequel» ist ein erstaunliches Werk, nicht unbedingt wegen der Fakten, die darin präsentiert werden: Die Gletscher schmelzen, die Unwetter werden bösartiger, die Dürren katastrophaler.
All dies weiss mittlerweile, wer die letzten Jahrzehnte mit zumindest halboffenen Augen und Ohren durch die Welt gegangen ist, einen IQ hat, der grösser ist als seine Schuhnummer – und nicht dafür bezahlt wird, das Gegenteil zu behaupten.
Auch die politische Realität ist deprimierend. Aus mehr als fadenscheinigen Gründen ist Donald Trump aus dem Pariser Abkommen ausgestiegen. Sein Umweltminister Scott Pruitt – in diesem Fall von Umweltminister zu sprechen ist allerdings ein Hohn – war lange ein bezahlter Lakai der Öl- und Gasindustrie. Nach den verheerenden Unwettern in Texas, Florida und der Karibik erklärt er nun, es sei nicht an der Zeit, über die Klimaerwärmung zu diskutieren. Dabei ist genau das eingetreten, was die Wissenschaftler seit Jahren prophezeien.
Al Gore hätte alle Gründe der Welt, sich in eine selbstgerechte «Ich habe euch ja gewarnt»-Pose zu werfen. Vor mehr als zehn Jahren hat er im Film «An Inconvenient Truth» aufgezeigt, weshalb die Klimaerwärmung zur grössten Herausforderung der Menschen im 21. Jahrhundert wird. Wie die Meeresspiegel steigen und Städte wie Miami, New York oder Mumbai überfluten werden. Er hat dafür Hohn und Spott der Klimaleugner geerntet.
In «An Inconvenient Sequel» gibt es zwar auch die Bilder von Überflutungen und deren verheerenden Folgen. Doch primär geht es Gore darum, zu zeigen, wie die Menschen auch gelernt haben. Sorgfältig zeichnet er nach, wie das Pariser Umweltabkommen Ende 2015 zu einem guten Ende gekommen ist. Im letzten Moment ist es gelungen, einen Kredit für Solaranlagen in Indien zu organisieren und die Inder so mit ins Boot zu holen.
Ebenso wird im Film deutlich, dass nachhaltige Energie längst ein gutes Geschäft geworden ist. In den sonnenreichen US-Bundesstaaten montieren inzwischen auch erzkonservative Hausbesitzer im grossen Stil Solarpanels auf die Dächer, weil sie damit Geld sparen. Die texanische Kleinstadt Georgetown ist auf Geheiss des republikanischen Bürgermeisters vollständig auf nachhaltige Energie umgestiegen.
Es gibt nach wie vor mächtige Interessen, die buchstäblich um jeden Preis eine Energiewende verhindern wollen. Doch weder Exxon, die Koch-Brüder noch Trump verhindern letztlich, dass sich die Vernunft durchsetzen wird.
«Du kannst immer wieder Nein sagen», führt Al Gore am Schluss des Filmes aus, «aber irgendwann wirst du Ja sagen müssen. Und dieses Ja wird entscheidend sein.»