«Gesetze sind wie Würste, man sollte besser nicht dabei sein, wenn sie gemacht werden», soll Reichskanzler Otto von Bismarck einst gesagt haben. Wie auch immer: Gesetze, ob es uns nun gefällt oder nicht, sind notwendig. Und manchmal sorgen sie sogar für Unterhaltung:
Franzosen sind Romantiker, so will es das Klischee. Wie kann es da sein, dass es ausgerechnet in unserem westlichen Nachbarland seit 1910 verboten sein soll, sich auf Bahnsteigen zu küssen? Die Antwort ist einfach: Gerade weil die Franzosen so romantisch sind! Das Gesetz soll nämlich Zugsverspätungen verhindern, die aufgrund nicht enden wollender Umarmungen entstehen.
«In the long run, we're all dead», sagte der Ökonom John Maynard Keynes. Wem das zu schnell gehen könnte, der sollte ins Städtchen Le Lavandou an der französischen Mittelmeerküste umziehen. Nicht nur wegen der höheren Lebenserwartung in Frankreich (Französisches Paradox), sondern weil es in dem Ort seit September 2000 gesetzlich verboten ist, ohne vorherige Reservierung eines Grabes zu sterben. Der Bürgermeister erliess das lebensbejahende Verbot, weil es auf dem Friedhof keinen Platz mehr gab.
Châteauneuf-du-Pape in Département Vaucluse ist weltbekannt für seinen Wein. Weniger bekannt ist, dass die Gemeinde verbotenes Terrain für ausserirdische Flugobjekte ist. 1954, als es in Frankreich zu einer Welle von UFO-Sichtungen kam, sorgte sich der Bürgermeister um Wein und Leute und erliess ein totales Lande- und Startverbot für UFOs. Es ist nicht bekannt, ob das Gesetz seither jemals zur Anwendung gelangte.
Paragraf 27 Absatz 6 der deutschen StVO verbietet das Marschieren im Gleichschritt auf Brücken. Grund dafür ist nicht etwa eine durch frühere Exzesse verursachte Abneigung gegen militärisches Gehabe, wie man sie bei unseren nördlichen Nachbarn sympathischerweise nicht selten antrifft. Es wäre dann ja auch nicht einzusehen, warum das Verbot sich auf Brücken beschränkt. Sinn und Zweck des Gesetzes ist es vielmehr, eine sogenannte Resonanzkatastrophe zu verhindern – wenn der Marschtritt die Brücke derart in Schwingung versetzt, bis sie einstürzt. Das Gesetz klingt nur bizarr, ist aber völlig rational.
Am 1. Dezember 1946 wurde die Verfassung des damals noch blutjungen Landes Hessen erlassen. Sie ist die älteste heute noch geltende Verfassung eines deutschen Bundeslandes. Und das merkt man: Artikel 21, Absatz 1 sieht als mögliche Sanktion für besonders schwere Verbrechen die Todesstrafe vor. Freilich bricht auch in der Bundesrepublik Deutschland Bundesrecht Landesrecht, und so muss in Hessen niemand fürchten, von Staates wegen ins Jenseits befördert zu werden.
Gastfreundliches Schottland! Das geht sogar so weit, dass es den Schotten per Gesetz vorgeschrieben ist, jedem die Benützung der Toilette zu erlauben, der hilfesuchend an die Tür klopft. Wenn das nicht menschenfreundlich ist!
In Siena, Perle der Toskana, dürfen Prostituierte sich nicht unter dem Namen Maria anpreisen. Aber auch Lucia dürfte problematisch sein, denn das Gesetz verbietet den «donne facile», Werbung mit den Namen von Heiligen zu machen.
Für die einen ist es eine kulinarische Katastrophe, die anderen kleckern es auf fast alles Essbare: Ketchup. Christophe Hébert, Präsident des französischen Nationalverbands der Direktoren der städtischen Verpflegung, sieht in der omnipräsenten Tomatensauce die «Inkarnation des Amerikanismus». Seit 2011 ist Ketchup daher per Gesetz aus den Kantinen der französischen Primarschulen verbannt.
Das britische Parlament ist eine altehrwürdige Institution – in der mitunter heftig gestritten wird. Möglicherweise ist es deshalb verboten, «the Houses of Parliament» in einer Rüstung zu betreten. Das Gesetz ist seit 1313 in Kraft und besteht heute noch, während Rüstungen inzwischen etwas aus der Mode gekommen sind.
Kein Schwein in Frankreich heisst Napoléon, zumindest nicht offiziell. Denn dies wäre strafbar. Das entsprechende Gesetz dürfte in der Zeit des ersten Kaisers mit diesem Namen erlassen worden sein – Napoléon Bonaparte wollte es damit wohl seinen Kritikern verunmöglichen, Majestätsbeleidigung auf Umwegen zu pflegen. Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass Napoleon, der despotische Eber in George Orwells Dystopie Farm der Tiere, in den ersten französischen Ausgaben «César» genannt wurde.
Die Niederlande sind das Land ohne Vorhänge. Die calvinistisch geprägte Kultur gebietet, dass man so lebt, dass jedermann jederzeit durchs Fenster gucken kann, ohne Anstössiges zu sehen. Allerdings gehört es zum guten Ton, nur aus den Augenwinkeln in fremde Wohnungen zu schielen – direktes Hineinstarren gilt als höchst unfein. In den Gemeinden Meppel und Zoetermeer hat die Gemeindeverordnung dies in Regeln gefasst: Das sogenannte «Gluurverbod» gilt für das Ausspähen von Personen in Gebäuden, Wohnwagen und Hausbooten, und zwar mit oder ohne «Feldstecher oder jegliches andere optische Gerät».
Grossbritannien, Land der seltsamen Gesetze. Hier sind Bussbescheide wegen Falschparkens nur dann gültig, wenn die ausstellende Person – in der Regel eine Politesse, die im englischen Sprachraum «Meter Maid» (Parkuhrjungfer) genannt wird – bei der Strafzettel-Verteilung eine Mütze trägt. Selbstredend muss es sich bei der Kopfbedeckung um eine Uniformmütze handeln.
Kinder tun es, manchmal auch Strassenkünstler: mit Kreide auf den Boden malen. Dies unschuldige Tun unterlässt man in der niederländischen Provinz Flevoland besser. Dort steht in jeder Gemeindeverordnung ein Passus, der unter anderem Kreidezeichnungen auf öffentlichem Grund untersagt. Als Schulkinder in Almere Giraffen auf den Boden zeichneten, musste das Kunstwerk unverzüglich wieder entfernt werden.
Wie schön ist es doch in Bella Italia! Touristen finden da Sehenswürdigkeiten zuhauf, und gleich daneben gibt es Stände mit Esswaren gegen den kleinen Hunger. Dumm nur, dass man die oft nicht ganz billige Zwischenverpflegung gefälligst an einem anderen Ort zu sich nehmen soll. Im historischen Stadtkern von Rom ist es neuerdings gemäss einer Verordnung der Stadtverwaltung verboten, «zu lagern oder Notunterkünfte zu errichten oder anzuhalten, um zu essen oder trinken». Auch in vielen anderen italienischen Städten, so in Florenz und Venedig, gilt das Essverbot. Schon länger besteht das Verbot, auf Kirchentreppen zu essen.
In Schottland ist es gegen das Gesetz, betrunken zu sein, wenn man für eine Kuh verantwortlich ist. Das Verbot geht zurück auf den Licensing Act von 1872, der jeden mit Strafe bedrohte, der betrunken eine Dampfmaschine bediente, oder ein Pferd oder eine Kuh führte. Auf Zuwiderhandlung stand eine Busse von 200 Pfund oder bis zu 51 Wochen Haft.
Was gibt es Verführerischeres als eine unbekleidete Schaufensterpuppe? Das muss sich der schottische Gesetzgeber gedacht haben, als er es unter Strafe stellte, dass Jungen unter zehn Jahren nackte Schaufensterpuppen betrachten. Nicht ganz klar ist, wer genau bestraft würde, wenn das Delikt denn zur Anzeige gebracht würde: der Ladenbesitzer, der Junge – oder die Puppe.
Schottische Männer, die nach Italien reisen, sollten eine Hose im Gepäck haben. Sollten sie nämlich in ihrem traditionellen Kilt durch die Strassen flanieren, müssten sie damit rechnen, verhaftet zu werden. Männern ist es in unserem südlichen Nachbarland nicht gestattet, in der Öffentlichkeit einen Rock zu tragen.
Wer in Deutschland unterwegs ist, sollte keine Atombombe zünden. Das deutsche Strafgesetzbuch – 29. Abschnitt – Straftaten gegen die Umwelt (§§ 324 - 330d) – sieht für solches Tun nämlich eine Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren oder eine Geldstrafe vor. Gut zu wissen!
Sark ist eine der Kanalinseln und befindet sich im Besitz der britischen Krone. Wohl aus diesem Grund gibt es auf dem Eiland, das im Übrigen wie die anderen Kanalinseln eine Steueroase ist, noch etwelche antiquierte Gesetze. Eines davon bestimmt, dass eine Ehe nur geschieden werden kann, wenn einer der Ehepartner die Insel für ein Jahr verlässt. Immerhin gibt es auf Sark, das als «letztes Bollwerk des Feudalismus» gilt, kein Ius primae noctis mehr. (dhr)