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Du willst nur das Beste? Voilà:
Der römische Dichter Publius Ovidius Naso verfasste seine «Liebeskunst» («Ars Amatoria») unter der Regentschaft von Augustus. Das war gefährlich, weil dieser erste Kaiser unheimlich sittenstreng war und ihm deshalb Ovids Seitensprung-Huldigung gewaltig gegen den Strich gehen musste. Wahrscheinlich war dies auch einer der Gründe, weshalb der Dichter mitsamt seiner riesigen Nase aus Rom verbannt wurde.
Was ihr hier jetzt zu lesen bekommt, war also mal unheimlich verboten. Und Frauen – das wissen wir spätestens seit Eva – stehen voll auf verbotene Sachen.
Weil Ovid den Männern sagte, sie könnten jede Frau erobern, muss er natürlich den Frauen raten, sich auch möglichst erobern zu lassen:
Gut zu wissen.
Ja, unsere Vorzüge fliehen rettungslos dahin, deshalb sollte man nicht zögern, sich der Liebe hurtigst hinzugeben. Und merk dir: Geburten verkürzen die Jugend leider auch – oder in Ovids Worten gesagt: «Erntet man dauernd auf einem Acker, so wird er kraftlos.»
Dafür gibt es Pflege! Aber bei Jupiter, übertreiben dürfen wir es damit nicht. Die Öhrchen sollen nicht mit teuren Steinen behängt werden und das Kleid muss auch überhaupt nicht golddurchwirkt sein, denn:
Für Männer wie Frauen gilt nach Ovid also die Faustregel: Sei sauber, aber nicht aufgedonnert.
Darum kaufe bei H&M. Ovid versteht nicht, warum Frauen so blödsinnig viel Geld ausgeben für Kleidung. Viel wichtiger sei nämlich, dass die Farbe zur Trägerin passt. Eine Schneeweisse sollte sich eher an die dunklen halten, während sich die Dunkelhäutige in Weiss hüllen sollte.
Du darfst keinerlei Schminktöpflein auf dem Tisch rumstehen lassen, wenn dein Liebster bei dir weilt. Auch Zähneputzen liegt nicht drin. Und wehe du verwendet vor seinen Augen Hirschmark. Moment. Hirschmark? Siehe Infobox.
Soll also heissen: Lass dich erst sehen, wenn du zurecht gemacht bist, denn es schicke sich, dass Männer vieles nicht wissen.
Übrigens müssen wir Ovid unbedingt vertrauen, denn er weiss wirklich, wovon er spricht:
Die Fehler müssen natürlich tunlichst versteckt werden in Ovids Welt.
Für die kleinen Frauen: Du musst sooft du kannst sitzen, damit du grösser wirkst, wenn du stehst. Und wenn du auf dem Bett liegst, musst du deine Füsse unter dem Laken verbergen, damit dein Liebhaber deine Grösse nicht messen kann.
Für die mageren Frauen: Du musst dicke Stoffe tragen und der Mantel soll dir weit von den Schultern herabfallen.
Für die mit hässlichen Füssen: Verberge sie stets in schneeweissem Leder.
Für die mit dicken Fingern und spröden Nägeln: Mit sparsamen Gesten sollst du deine Reden untermalen.
Für die mit lästigem Mundgeruch: Rede nicht, bevor du gegessen hast und halte immer Abstand zum Munde deines Mannes.
Für die mit schwarzen oder schiefen Zähnen: Lach nicht.
Es kommt natürlich auch hier abermals darauf an, deine Vorzüge richtig ins Szene zu setzen: So soll die Frau mit dem schönen Gesicht zurückgelehnt daliegen, die Unhübsche hingegen sollte dem Liebhaber eher den Rücken zeigen. Und die Kleine muss reiten.
Bist du allerdings schon sehr runzlig, dann rät dir Ovid, umgekehrt zu reiten («Reverse Cowgirl») – wie der schnelle Parther, der verkehrt herum auf dem Pferd sitzt.
Die Damen mit jugendlichen Schenkeln und untadeligen Brüsten sollen schräg auf das Lager hingegossen liegen, während der Mann steht.
Und falls du gezwungen bist, deine Lust vorzutäuschen (weil deine Genussstelle «dumpf» ist oder der Mann eine schlechte Performance liefert), dann verrate dich nicht! Deine Laute und deine Blicke müssen glaubwürdig sein.
Und für alle Langhaarigen gilt: Zögert nicht, eure Mähnen wild über den Rücken schweifen zu lassen und dabei den Hals zurückzubiegen!
Dabei sollst du fröhlich und weiblich klingen und eben nicht «wie die hässliche Eselin vom rauen Mühlstein her brüllt.»
Du solltest dich zusätzlich dümmlicher stellen als du bist, sag manche Wörter falsch, denn Ovid meint, im Fehler liege unheimlich viel Anmut.
Wenn ihr zusammen esst, dann darfst du keinesfalls gierig in in dich hineinschaufeln, denn:
Halte dich also mehr ans Trinken, du darfst auch gerne tanzen und singen, aber wehe dir, du siehst plötzlich doppelt und kannst dich nicht mehr auf den Beinen halten. Ovid findet eine Frau nämlich geradezu abstossend, wenn sie «von reichlichem Weingenuss triefend daliegt».
Denn erstens geht es überhaupt nicht, wenn ein Kerl die glattere Haut hat als seine Geliebte. Und zweitens machen solche Männer tüchtig Versprechungen, halten diese aber nicht ein (auch weil Ovid ihnen dazu rät). Darum müssen wir Damen einfach ebenso viel versprechen, und erst wenn die Herren uns das Versprochene wirklich gegeben haben, sollen wir ihnen «die vereinbarten Freuden» schenken.
Kriegst du eine Nachricht von ihm, schreib keinesfalls sofort zurück, denn Verzug stachelt die Liebe an.
Du darfst aber auch nicht allzu lange trödeln, denn dann verliert er das Interesse. Lass ihn fürchten und zugleich hoffen!
Masslose Sprödigkeit verachten die Männer. Wir müssen also unsere rasenden Temperamente stets zu zügeln wissen.
Immer freundlich dreinschauen und ein Lächeln zärtlich erwidern. Und niemals Trübsal blasen, das ist total unsexy.
Nutze all deine Waffen, um ihn von deiner Liebe zu überzeugen: Zerfliesse vor Schmerz über seine Abwesenheit und scheue dich nicht, falsche Tränen fliessen zu lassen.
In den Anfängen musst du ihn unbedingt hoffen lassen, dass er alleiniger Inhaber deines Gemachs ist. Später aber lass ihn spüren, dass er einen Nebenbuhler hat. Das muss nicht mal stimmen. Selbst wenn du keinen zweiten Liebhaber hast, solltest du deinen Einen bei seinem Besuch nicht bequem durch die Tür eintreten lassen. Durchs Fenster soll er steigen! Und du, mach ein verängstigendes Gesicht dabei, als würdest du fürchten, ihr könntet jeden Moment ertappt werden.
So wird ihm klar werden, dass er um deine Gunst kämpfen muss. Und damit verhinderst du wirkungsvoll, dass die Liebe dahinwelkt.