Wissen
Natur

Tiefsee: Forscher entdecken bei Unterwasserberg über 100 neue Tierarten

A Chaunacops (a genus of bony fish in the sea toad family Chaunacidae) is seen at a depth of 1388.65 meters on Seamount SF2 inside the Nazca-Desventuradas Marine Park.

Credit: Schmidt Ocean Institu ...
Eine leuchtend rote Meereskröte beobachtet in einer Tiefe von 1389 Metern die Kamera der Forscher.bild: schmidt ocean institute

Tiefsee-Expedition erforscht Unterwasserberge – und entdeckt über 100 neue Tierarten

Die Tiefsee galt lange als ähnlich lebensfeindlich wie das Weltall. Vor der chilenischen Küste untersuchten Forscher nun jedoch bisher unbekannte Unterwasserberge und stiessen auf eine extreme Artenvielfalt sowie über 100 neue Tierarten.
26.02.2024, 20:04
Mehr «Wissen»

Unsere Meere bedecken 71 Prozent der Erdoberfläche. Von den etwa 300 Millionen Quadratkilometern Meeresboden – ungefähr zehnmal die Fläche von Afrika – sind bislang gerade mal fünf Prozent erforscht. Denn ab einer Wassertiefe von 200 Metern ist es so dunkel und kalt, und der Druck ist so hoch, dass die Tiefsee lange als ähnlich lebensfeindlich galt wie das Weltall.

Licht in dieses Dunkel bringen nun aber Forscher des Schmidt-Ocean-Instituts in Kalifornien. Während mehrerer Tauchfahrten vor der chilenischen Pazifikküste kartierte das Team im Januar und Februar 2024 mehr als 50'000 Quadratkilometer Tiefsee und entdeckte dabei über 100 bislang unbekannte Tierarten.

Video: watson/lucas zollinger

Untersucht wurden zwei Unterwasser-Gebirgsketten aus mindestens 200 Bergen über 2900 Kilometer hinweg – der Nazca- und der Salas-y-Gómez-Rücken. Besonders die Berge, die teils mehr als 3500 Meter vom Meeresboden aufragen, erwiesen sich als überraschend artenreich. In den Weiten der Tiefsee bilden solche Erhebungen Oasen für das Leben, weil sich hier Wassermassen verschiedener Meerestiefen vermischen und Nährstoffe aufsteigen. Zudem bilden die Berge mit ihren felsigen Hängen einen guten Untergrund für Kaltwasserriffe aus Korallen und Schwämmen.

Die Lage des Nazca- und des Salas-y-Gómez-Rückens.
Die Lage des Nazca- und des Salas-y-Gómez-Rückens.bild: wikipedia
The largest of the four seamounts recently discovered by Schmidt Ocean Institute experts is 2,681 meters tall, covers 450 square kilometers, and sits 1,150 meters below the surface.
Zwei der neu entdeckten Unterwasserberge.bild: schmidt ocean institute

Ausgestattet mit einer 4K-Kamera erkundete ein ferngesteuertes Fahrzeug den Meeresboden in einer Tiefe von fast fünf Kilometern unter der Wasseroberfläche. Neben der Aufnahme von Videos und Bildern sammelte der Roboter auch Proben. Zu den wissenschaftlich noch nicht beschriebenen Spezies der Expedition gehören unter anderem Tiefseekorallen, Glasschwämme, Seeigel und verschiedene Krebstiere.

A rarely-seen whiplash squid (Mastigoteuthis) documented at 1105 meters depth after inking at Seamount 17 (Ikhtiandr) in the Nazca Ridge. 

Credit: ROV SuBastian / Schmidt Ocean Institute

All vis ...
Ein ca. 15 Zentimeter langer Peitschenkalmar auf der Jagd nach Krebstieren.Bild: schmidt Ocean Institute
Oblong Dermechinus urchins documented at a depth of 516 meters on Seamount JF2. An international group of scientists aboard a recent Schmidt Ocean Institute expedition believe they have discovered mor ...
Eine sehr spezielle Seeigel-Art.bild: schmidt ocean institute

Die Forscher zeigten sich begeistert. «Die Expedition hat unsere Erwartungen bei Weitem übertroffen. Man geht immer davon aus, dass man in diesen abgelegenen und wenig erforschten Gebieten neue Arten findet, aber die Menge, die wir gefunden haben, ist überwältigend», sagte Expeditionsleiter Javier Sellanes von der Universidad Católica del Norte. «Diese blühenden und gesunden Ökosysteme zeigen, dass zumindest die Meeresparks Nazca-Desventuradas und Juan Fernández empfindliche marine Lebensräume effektiv schützen.»

A squat lobster documented in coral at a depth of 669 meters on Seamount JF2. An international group of scientists aboard a recent Schmidt Ocean Institute expedition believe they have discovered more  ...
Eine neu entdeckte Langusten-Art versteckt sich in einer Tiefe von 669 Metern in einer Koralle.bild: schmidt ocean institute
A squat lobster is documented on sediment at 1392 meters deep on Seamount SF2 inside the Nazca-Desventuradas Marine Park. An international group of scientists aboard a recent Schmidt Ocean Institute e ...
Eine ähnliche, zuvor unbekannte Art in 1392 Metern Tiefe.bild: schmidt ocean institute

Doch der grössere Bereich der beiden untersuchten Bergrücken befindet sich in internationalen Gewässern und ist damit potenziell durch Fischerei und Tiefseebergbau gefährdet. Grundschleppnetze zum Beispiel mähen komplette Riffe ab, die sich in der kalten Tiefsee nur über Jahre oder Jahrzehnte hinweg regenerieren können.

A spiraling coral documented at 1419 meters deep on Seamount JF1, within the bounds of the Mar de Juan Fernández Multiple Uses Marine Protected Area off the coast of central Chile. 

Credit: ROV SuB ...
Sieht faszinierend aus: Diese spiralförmige Koralle fanden die Forscher in einer Tiefe von 1419 Metern.bild: schmidt ocean institute
Detail of a sponge documented at 1238.67 meters depth at Seamout 10, also known as Guyot Baral.

Credit: ROV SuBastian / Schmidt Ocean Institute

All visual assets (Images, videos, etc) can only b ...
Ein Schwamm in Zylinder-Form.bild: schmidt ocean institute

Die Forscher hoffen, dass die Vielfalt des Gebiets dazu beitragen wird, es komplett als Meeresschutzgebiet auszuweisen. Das soll helfen, das einzigartige Ökosystem zu erhalten. «Stellt euch vor, dass dies der einzige Ort auf der Welt ist, an dem solche Arten vorkommen», sagte Jyotika Virmani, Geschäftsführerin des Schmidt-Ocean-Instituts gegenüber Business Insider. «Dann würdet ihr das auch schützen wollen.»

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Ausgestorbene Tiere, die wiederentdeckt wurden
1 / 31
Ausgestorbene Tiere, die wiederentdeckt wurden
Vom Taiwanischen Nebelparder gibt es (noch) keine aktuellen Bilder. Dies ist ein Präparat im Nationalmuseum in Taipeh. Seit 1983 war kein Exemplar der Katze mehr gesichtet worden – jetzt soll es zwei Sichtungen gegeben haben. (bild: wikimedia/ssr2000) ... Mehr lesen
quelle: wikimedia
Auf Facebook teilenAuf X teilen
Forscherteam entdeckt grösste Schlangenart der Welt im Amazonas
Video: watson
Das könnte dich auch noch interessieren:
22 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
Thanatos
26.02.2024 21:11registriert Dezember 2014
Genau darum ist es eine sehr dumm Idee, Unterwasserbergbau zu betreiben bzw. Lizenzen dafür zu erteilen. Aber leider wird wohl auch hier die Profitgier überwiegen.
983
Melden
Zum Kommentar
avatar
Sabrina Zett
26.02.2024 20:37registriert Januar 2014
Wundervoll 😍
843
Melden
Zum Kommentar
avatar
sowhat
26.02.2024 21:42registriert Dezember 2014
Diese Entdeckungen lösen bei mir gleichzeitig die Befürchtung ihrer Zerstörung aus.
Von wegen "das willst du schützen " eher wohl, das willst du zu Geld machen 🤔😥
386
Melden
Zum Kommentar
22
    Der Prinz, der die Abkürzung nahm
    Prinz Philip, der Ehemann der Queen und der Vater des heutigen Königs von England, war immer mal wieder in der Schweiz, viel häufiger als seine Frau. 1981 zum Beispiel nahm er an der Vierspänner-Europameisterschaft in Zug teil. Dabei brachte er die Jury in eine heikle Situation.

    Prinz Philip, der Duke of Edinburgh, wurde weltbekannt als der Gatte von Queen Elizabeth II. und als Vater des heutigen Königs Charles III. Er hielt in seiner Rolle 5496 Ansprachen, nahm 22'219 Termine wahr und unternahm 637 Auslandsreisen, wie man im englischen Königshaus peinlich genau mitgezählt hat.

    Zur Story